Extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (ESWL)

Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (Synonyme: ESWL, extrakorporale Lithotripsie; gr. lithos – Stein; tribein – zerreiben) ist ein medizintechnisches Verfahren zur Zertrümmerung und Entfernung von Kalkkonkrementen (z. B. Steine in der Niere, Harnblase, im Harnleiter, in der Gallenblase oder den Gallengängen).

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Cholezystolithiasis (Gallensteine)
  • Choledocholithiasis (Gallengangsteine)
  • Nephrolithiasis (Nierensteine)
  • Pankreatikolithiasis (Steine im Gangsystem der Bauchspeicheldrüse)
  • Urolithiasis (Blasensteine)
  • Uretersteine (Harnleitersteine)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen) bei Nephrolithiasis [5]

  • Antikoagulantien- oder Thrombozytenaggregationshemmer-Therapie (Gerinnungshemmer) oder Gerinnungsstörung (Acetylsalicylsäure (ASS) kann bei sorgfältiger Indikationsprüfung fortgeführt werden)
  • Schwangerschaft (unbekannte Schädigungsrate für den Fötus)
  • Untherapierte Harnwegsinfektionen (HWI)
  • (schwerer) Nephrokalzinose, boxerlose (Cave: Nierenfunktionseinschränkung)
  • Aneurysma in der Fokuszone
  • Abflussstörung distal des Steines (Obstruktion/Verschluss)
  • Neu eingestellter Hypertonus (Bluthochdruck)
  • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)

Vor der Behandlung

  • Vor der Durchführung der ESWL ist die Kenntnis über die Anatomie der jeweiligen Region zur sorgfältigen Planung wesentlich.
  • Während der Behandlung sollte eine adäquate Analgesie (Schmerzausschaltung) gewährleistet sein, exzessive Atemexkursionen zu verhindern und dadurch die Behandlungsergebnisse zu verbessern.
  • Eine routinemäßige Antibiotikaprophylaxe ist bei der Behandlung nicht erforderlich.
  • Betreffend Harnsteinen: bei Infektstein, ein liegendes Fremdmaterial, zum Beispiel Harnleiterschiene) oder Bakteriurie sollte eine Antibiotikaprophylaxe bzw. eine resistenzgerechte Therapie vor Handlung erfolgen [6].

Das Verfahren

Stoßwellen sind energiereiche Wellen, die auf unterschiedliche technische Art und Weise z. B. durch im Wasser erzeugte kurze Druckpulse entstehen. Dies kann mit Hilfe unterschiedlicher physikalischer Prinzipien erfolgen:

  • elektrohydraulisch
  • piezoelektrisch (Schwingungen von Quarzkristallen)
  • elektromagnetisch

Die Schallimpulse können auf einen bestimmten Bereich lokalisiert werden und dort wirken, das heißt sie entfalten ihre Wirkung nur am einprogrammierten Wirkort. Bei der extrakorporalen Stoßwellentherapie werden die Stoßwellen außerhalb des Körpers des Patienten (extrakorporal) erzeugt. Man unterscheidet Stoßwellen nach ihrem Energiegehalt, der je nach Anwendung variiert werden kann.

Beim Einsatz von hochenergetischen Stoßwellen ist im Regelfall eine Anästhesie, die mit einem kurzen stationären Aufenthalt verbunden sein kann, notwendig.

Vor der Behandlung von beispielsweise Nierensteinen muss eine Bildgebung erfolgen. Nierensteine sind im Röntgenbild sichtbar, sie können allerdings auch durch eine Kontrastmitteldarstellung des Nierenbeckenkelchsystems, siehe i. v. (intravenöses) Pyelogramm lokalisiert werden. Der Patient befindet sich in liegender Position. Die Zertrümmerung der Steine erfolgt unter Durchleuchtung (Röntgenfilm in Echtzeit) oder unter Ultraschallkontrolle. Beide Systeme dienen der genauen Ortung der Konkremente, sodass die Stoßwellen optimal fokussiert werden können. Nach der Lokalisation werden die Steine mit bis zu 4.000 Ultraschallimpulsen zertrümmert. Teilweise muss die Behandlung wiederholt werden, falls die Konkremente nicht erfolgreich zerstört wurden. Die zerstörten Nierensteine können anschließend über die Harnwege ausgeschieden werden.

ESWL bei Harnsteinen

  • Die meisten Harnsteine können mittels extrakorporaler Stoßwellenlithotripsie (ESWL) behandelt werden [4, 5].

Faktoren, die den Erfolg einer ESWL-Behandlung bei Harnsteinen limitieren [6]:

  • Harte Steinzusammensetzung (Brushit, Zystin, Calciumoxalatmonohydrat), > 1.000 Hounsfield Units
  • Steiler Unterkelch-­Nierenbeckenwinkel
  • Langer unterer Kelchhals (> 10 mm)
  • Enges Infundibulum (< 5 mm)
  • Anatomische Malformationen (z. B. Skelettdeformitäten)
  • Adipositas (Haut – Stein-Abstand)

Nach einer Behandlung

  • Eine kurzfristige postinterventionelle klinische und sonographische Kontrolle (Ultraschalluntersuchung) sollte nach ESWL durchgeführt werden.
  • Betreffend Harnsteinen: Postinterventionelle Röntgenuntersuchungen bei schattengebenden Konkrementen zur Beurteilung der Desintegration und Steinfreiheit (Harntraktübersicht) sollten nach spätestens 12 Wochen durchgeführt werden [6].

Mögliche Komplikationen bei ESWL von Harnsteinen [6]

  • Durch abgehende Desintegrate kann eine Steinstraße entstehen (4-7 %)
  • Ausscheidung der Desintegrate kann zu Koliken führen (2-­4%), außerdem wird in bis zu 60 % ein progredientes (fortschreitendes) Wachstum von residualen Fragmenten (Resten) beschrieben [7]
  • Sepsis (Blutvergiftung) (1-2,7 %)

Ihr Nutzen

Die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie ist eine erfolgreiche und bewährte Methode zur Zerstörung und Entfernung von Steinen und Konkrementen (z. B. Nieren- oder Gallensteinen). Die Patienten profitieren von dem schonenden Verfahren durch die Vermeidung von Operationen.

Literatur

  1. Heisel J: Physikalische Medizin: Praxiswissen Halte- und Bewegungsorgane. Georg Thieme Verlag 2005
  2. Bachmann CE, Gruber GM, Arnold A, Konermann W, Ueberle F: Extrakorporale Stoßwellentherapie und Sonographie der Stütz- und Bewegungsorgane. Springer Verlag 1998
  3. Fetzner U et al.: Das Zweite – kompakt: Chirurgie, Orthopädie, Urologie – GK2. Springer Verlag 2008 
  4. Wen CC, Nakada SY: Treatment selection and outcomes: renal calculi. Urol Clin North Am, 2007. 34(3): p. 409-­19.
  5. Miller NL, Lingeman JE: Management of kidney stones. BMJ, 2007. 334(7591): p. 468-­72. doi: 10.1136/bmj.39113.480185.80
  6. S2k-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis (043/025), Deutsche Gesellschaft für Urologie, 2015
  7. Skolarikos A, Alivizatos G, de la Rosette J: Extracorporeal shock wave lithotripsy 25 years later: complications and their prevention. Eur Urol, 2006. 50(5): p. 981-­90; discussion 990.
     
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