CRISPR/Cas-Methode

Bitte beachten Sie: Der nachfolgende Artikel ist unter weitere konventionelle Therapien aufgenommen worden, da für experimentelle molekularbiologische Methoden außerhalb der Humanmedizin bislang keine eigene Rubrik zur Verfügung steht. 

Bei der CRISPR/Cas-Methode handelt es sich um eine molekularbiologische Methode zum gezielten Schneiden sowie Verändern von DNA (Genome Editing; Genschere).

Im Jahre 1987 stießen Wissenschaftler auf ein zuvor nicht beobachtetes, adaptives Immunsystem bei E. coli. Dieses beruht auf sog. CRPSPR-Sequenzen (clustered regularly interspaced short palindromic repeats) innerhalb der DNA.

E. coli integriert die DNA von Bakteriophagen (Gruppen von Viren, die auf Bakterien als Wirtszellen spezialisiert sind) die CRSPR-Sequenz der eigenen DNA, um somit eine crRNA zu transkribieren (Umschreiben von DNA in RNA).

Die crRNA besteht sowohl aus Spacer- als auch Repeat-Sequenzen. Bei den Spacer-Sequenzen handelt es sich um die aus den Bakterien „gewonnenen“ Sequenzen.

An benannten Repeat-Sequenzen bindet die sog. trRNA (tracrRNA). Sie rekrutiert das CAS9-Enzym. Es liegt nun ein Komplex vor – der crRNA:tracrRNA:Cas9-Komplex – welcher dazu fähig ist, die zu den Space-Sequenzen der crRNA komplementären Bakteriophagen-DNA zu binden.

Als sog. Endonuklease (DNA-schneidendes Enzym, somit ein Restriktionsenzym) wird seitens CAS9 die Viren-DNA doppelsträngig durchtrennt, was letztlich zur Replikationsunfähigkeit (d. h. keine weitere Vermehrung und konsequent keine weitere Integration) führt.

Seit mehr als einer Dekade wird dieses Verfahren mit Schwerpunkt in der Forschung für das Genome-Editing verwendet.
Beschriebener „crRNA:tracrRNA:Cas9-Komplex“ ist universell auf Pflanzen und Tieren übertragbar und ermöglicht das Entfernen (Deletion) und letztliche Ausschalten von Genen.

Eine Verwendung außerhalb der Forschung ist seit mehr als 5 Jahren in der Land- und Nahrungswirtschaft zur Trockentoleranz- sowie Immunisierungserhöhung gegenüber viralen Krankheitserregern vorzufinden.

Das Verfahren wird später auch in der Humanmedizin ein Routineverfahren werden.

Seit dem Jahre 2020 gibt es erstmalig einen kurativen Therapieansatz bei einer Erkrankung mit einem angeborenen Herzfehler (Vitium) bei Kindern. Das Vitium ist Teil der komplexen Erberkrankung Noonan-Syndrom (autosomal-rezessiver oder autosomal-dominanter Erbgang). Nach Entzifferung der kausalen Varianten des LZTR1-Gens wurde eine entsprechende Genkorrektur der generierten induzierten pluripotenten Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen) aus Stammzellen der Zwillinge vorgenommen. Das Gen reguliert wesentliche Signalwege für die Differenzierung und das Wachstum von Zellen [2].

Ende 2019 wurde weltweit erstmals bei einer Beta-Thalassämie-Patientin die CRISPR/Cas9-Gentherapie erfolgreich angewandt [3].

Vor Einsatz dieser Therapie in der Humanmedizin

Molekulargenetische Untersuchung auf Erberkrankungen bei Eltern inkl. einer umfangreichen genetischen Beratung.

Das Verfahren

Das Verfahren gleicht dem des im Immunsystems beschriebenen Abwehrmechanismus von E. coli. Der Spacer-Anteil der crRNA kann dabei so abgeändert werden, dass sequenzspezifisch doppelsträngige, komplementäre DNA geschnitten wird, wodurch gezielte Deletionen entstehen. Das chemisch veränderte trRNA:crRNA-Molekül wird als guideRNA bezeichnet.

Hierfür müssen zwei verschiedene crRNA:tracrRNA:Cas9-Komplexe an zwei Stellen der DNA ansetzen. Nach Entfernen des DNA-Fragments kommt es zu einer enzymgestützten Verknüpfung der 2. DNA-Fragmente durch Ligasen.

Dieses unterscheidet sich vom bloßen Zerschneiden einer DNA-Sequenz wie im Bakterium.

Im Laufe der Jahre kamen wesentliche Modellierungen hinzu. Diese ermöglichen nicht nur Deletionen innerhalb des DNA-Strangs, sondern auch das Hinzufügen (Insertionen) neuer DNA-Nukleotide.

Die zukunftsträchtigste Modifikation ist das Prime-Editing. Hier folgt nach einer Deletion und somit Entfernung eines DNA-Fragments das Einfügen eines neuen DNA-Fragments. Die sog. pegRNA (engl. prime editing guide RNA) steht hier als Transkript der einzubauenden DNA zur Verfügung. Mithilfe einer reversen Transkriptase wird die pegRNA in DNA umgeschrieben und in die DNA eingebaut, wobei abermals Ligasen verwendet werden.

Das hierbei benötigte CAS9-Protein erzeugt einzelsträngige statt doppelsträngige Schnitte. Dadurch kann dem zerschnittenen DNA-Strang mit ihren überstehenden Enden das neue DNA-Fragment passgenau eingefügt werden.

Die neue Modifikation ist grundlegend, um im Rahmen einer Erbkrankheit zukünftig die „pathologische“ DNA-Sequenz entsprechend der „non-pathologischen“ auszutauschen.

Nach der Therapie

Abermals erfolgt ein Genomscreening, um den Erfolg des Genome Editings zu bestätigen.

Mögliche Komplikationen

Aufgrund möglicher Basenfehlpaarungen der guideRNA können off-Target-Effekte, das heißt ein Binden an der nicht gewünschten Stelle, auftreten.
Diese können Punktmutationen (Basenänderungen), Insertionen (Einbau von zusätzlichen Nukleotiden oder DNA-Sequenzen in eine DNA-Sequenz), Deletionen (Verlust von …), Translokationen (Positionsveränderung der DNA) sowie Inversionen (Vorliegen eines um 180 Grad gewendeten DNA-Abschnitts) hervorrufen.

Das Enzym CAS9 schneidet nicht in jedem Fall an der gewünschten Stelle. Durch die Veränderungen am Proteindesign konnten jedoch bereits Erhöhungen der Spezifität verwirklicht werden [1].

Auch durch die Verknüpfung von CAS9 mit einer ebenfalls aus Bakterien gewonnenen Endonuklease Fokl konnte die Spezifität auf 1 : 10.000 erhöht werden (ohne sonstige Modifikationen nur Spezifität von bis zu 1 : 2).

Literatur

  1. Kleinstiver BP et al.: High-fidelity CRISPR-Cas9 nucleases with no detectable genome-wide off-target effects. In: Nature. Band 529, Nummer 7587, Januar 2016 Jan 28;529(7587):490-5. doi: 10.1038/nature16526. Epub 2016 Jan 6.
  2. Kleinsorge M et al.: Intronic CRISPR Repair in a Preclinical Model of Noonan Syndrome-Associated Cardiomyopathy. 2020 Jul 6. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.119.044794.
  3. Frangoul H et al.: CRISPR-Cas9 Gene Editing for Sickle Cell Disease and β-Thalassemia. New Engl. J Med. December 5, 2020 doi: 10.1056/NEJMoa2031054
     
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