Einleitung
Nebenschilddrüsenüberfunktion (Hyperparathyreoidismus)

Der Hyperparathyreoidismus (HPT) – umgangssprachlich Nebenschilddrüsenüberfunktion genannt – (Synonyme: Hyperparathyreose; HPT; Parathormonüberschuss; Parathormonüberproduktion; reaktiver Hyperparathyreoidismus; ICD-10-GM E21.-: Hyperparathyreoidismus und sonstige Krankheiten der Nebenschilddrüse) beschreibt eine inadäquat hohe Produktion und Sekretion (Ausschüttung) des Botenstoffs Parathormon (PTH) aus einer oder mehrerer Nebenschilddrüsen. Die Nebenschilddrüsen (lat.: Glandulae parathyroideae) bestehen bei den meisten Menschen aus vier ungefähr linsengroßen Organen und befinden sich im Hals hinter der Schilddrüse (lat. Glandula thyreoidea oder Glandula thyroidea), unterhalb des Larynx (Kehlkopf). Man bezeichnet sie auch als Epithelkörperchen.

Das Parathormon ist vor allem im Rahmen des Calciumstoffwechsels von Bedeutung. Ist der Calciumspiegel im Serum zu niedrig, bewirkt das Parathormon eine Aktivierung der Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) und mobilisiert dadurch Calcium und Phosphat aus dem Knochen. Die Knochen sind der Hauptspeicher für den Mineralstoff Calcium.
In Gegenwart von Vitamin D steigert das Parathormon die Calciumresorption (Calciumaufnahme) im Dünndarm sowie die Calciumreabsorption (Calciumwiederaufnahme) in der Niere. Durch diese Prozesse steigt der Calciumspiegel im Serum (Hypercalcämie (Calciumüberschuss)) an. Eine weitere Wirkung des Parathormons ist die Stimulierung der Phosphatausscheidung in der Niere. Folglich nimmt die Phosphatkonzentration im Serum (Hypophosphatämie (Phosphatmangel)) ab.
Der physiologische Antagonist (Gegenspieler) des Parathormons ist das in den C-Zellen der Schilddrüse gebildete Calcitonin.

Folgende Formen des Hyperparathyreoidismus werden unterschieden:

  • Primärer Hyperparathyreoidismus (pHPT; ICD-10-GM E21.0) – primäre Erkrankung der Nebenschilddrüsen mit vermehrter Bildung von Parathormon und daraus resultierender Hypercalcämie (Calciumüberschuss)
  • Sekundärer Hyperparathyreoidismus, andernorts nicht klassifiziert (sHPT; ICD-10-GM E21.1); die Ursache liegt außerhalb der Nebenschilddrüsen und regt diese an, mehr Parathormon zu produzieren
    • Renaler sekundärer Hyperparathyreoidismus – eine Störung der Nierenfunktion liegt zugrunde (chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche))
    • Sekundärer Hyperparathyreoidismus – bei normaler Nierenfunktion
  • Sonstiger Hyperparathyreoidismus: Tertiärer Hyperparathyreoidismus (tHPT; ICD-10-GM E21.2) – entwickelt sich aus einem langjährig bestehenden sekundären Hyperparathyreoidismus, wenn es zu einer Autonomie der ursprünglich reaktiv hyperplastischen Epithelkörperchen gekommen ist
  • Hyperparathyreoidismus, nicht näher bezeichnet (ICD-10-GM E21.3 )

Der primäre Hyperparathyreoidismus ist:

  • nach der Osteoporose (Knochenschwund) die am häufigsten vorkommende Stoffwechselerkrankung des Knochens,
  • nach der Struma (Schilddrüsenvergrößerung) und dem Diabetes mellitus die dritthäufigste endokrinologische Erkrankung,
  • nach der tumorassoziierten Hypercalcämie (Calciumüberschuss) die häufigste Ursache für eine Hypercalcämie (Calciumüberschuss).

Ausgelöst wird der primäre Hyperparathyreoidismus in der Mehrheit der Fälle durch ein Adenom (gutartige Geschwulst). Des Weiteren kann eine Hyperplasie (Vergrößerung) einer oder mehrerer Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen) Ursache sein.

Der sekundäre Hyperparathyreoidismus ist:

  • eine der häufigsten Folgen einer langjährigen, aufgrund einer Niereninsuffizienz erforderlichen, Dialysebehandlung. Je länger die Dialyse andauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung eines sekundären Hyperparathyreoidismus.

Der tertiäre Hyperparathyreoidismus beschreibt eine Hypercalcämie (Calciumüberschuss), die sich im Verlauf eines über lange Zeit (Jahre/Jahrzehnte) bestehenden sekundären Hyperparathyreoidismus entwickelt. Die Regulation der Sekretion des Parathormons durch die Höhe des Serum-Calciums entfällt. Die Nebenschilddrüsen produzieren autonom (selbstständig) das Parathormon.

Geschlechterverhältnis – primärer Hyperparathyreoidismus: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2-3.

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens des primären Hyperparathyreoidismus liegt nach dem 50. Lebensjahr.

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) für den primären Hyperparathyreoidismus liegt bei 0,3 % (in Deutschland).

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) für den primären Hyperparathyreoidismus beträgt ca. 1 Erkrankung pro 500-1.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland).

Verlauf und Prognose: Der Hyperparathyreoidismus führt zu einem gesteigerten Knochenabbau und damit zu einer Hypercalcämie (Calciumüberschuss). In den meisten Fällen wird die Erkrankung zufällig im Rahmen einer routinemäßigen Blutuntersuchung diagnostiziert. Die Erkrankung wird, je nach Form, Ursache und Beschwerden, durch die Einnahme von Medikamenten und/oder einer Operation behandelt.
Der primäre Hyperparathyreoidismus ist heilbar, wenn die vergrößerten Epithelkörperchen rechtzeitig operativ entfernt werden. Eventuell bestehende Organsymptome bilden sich nach erfolgreicher Parathyreoidektomie (Entfernung pathologisch (krankhaft) veränderter Nebenschilddrüsen) zurück. Auch die Knochendichte nimmt wieder zu.
Verlauf und Prognose des sekundären Hyperparathyreoidismus sind abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Liegt eine chronische Niereninsuffizienz vor, sind kardiovaskuläre Morbidität (Krankheitshäufigkeit) und Mortalität (Anzahl der Todesfälle in einem bestimmten Zeitraum, bezogen auf die Anzahl der betreffenden Population) erhöht.
Die Therapie des tertiären Hyperparathyreoidismus ist analog der primären Form die Parathyreoidektomie.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Primärer Hyperparathyreoidismus. (AWMF-Registernummer: 174 - 006), März 2016 Langfassung

     
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