Schilddrüse

Zentrales Organ des endokrinen Systems mit weitreichender metabolischer Steuerungsfunktion

Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea) ist ein paarig angelegtes, schmetterlingsförmiges Organ im vorderen Halsbereich, das beidseits der Trachea (Luftröhre) liegt und über den Isthmus miteinander verbunden ist. Sie besteht aus zwei Lappen (Lobus dexter und Lobus sinister) und ist durchschnittlich 20-30 g schwer. In seltenen Fällen kann ein dritter Lappen (Lobus pyramidalis) vorhanden sein.

Die Drüse ist reich vaskularisiert ("mit Gefäßen versorgt) und durchläuft ein fein abgestimmtes System hormoneller Rückkopplung (Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse). Die hormonaktive Einheit ist das Follikelepithel, das die Schilddrüsenfollikel umgibt, in denen das Protein Thyreoglobulin gespeichert wird – die Ausgangssubstanz für die Hormonsynthese.

Hormonproduktion und Wirkung
Die Schilddrüse produziert drei wesentliche Hormone:

  • Trijodthyronin (T3) – das biologisch aktive Schilddrüsenhormon
  • Thyroxin (T4) – eine Prohormonform, die in der Peripherie zu T3 konvertiert wird
  • Calcitonin – Hormon der C-Zellen, das den Calciumstoffwechsel antagonistisch zum Parathormon beeinflusst

Physiologische Hauptfunktionen der Schilddrüsenhormone

  • Regulation des Energieverbrauchs
    • Steigerung des Grundumsatzes durch Erhöhung der mitochondrialen Aktivität und Steigerung der Thermogenese
  • Beeinflussung von Herzfrequenz, Temperatur und Kreislauf
    • Verstärkung der β-adrenergen Rezeptorantwort im kardiovaskulären System
  • Wachstum und Reifung
    • Förderung der ossären Reifung und Differenzierung von Muskel- und Nervengewebe, besonders im Kindesalter
  • Zentralnervöse Effekte
    • Unterstützung der neuronalen Myelinisierung, Synapsenbildung und geistigen Entwicklung
  • Beeinflussung anderer Hormonsysteme
    • Wechselwirkungen mit Cortisol, Gonadotropinen und Wachstumshormon (GH), insbesondere in Stress- und Wachstumsphasen

Die wichtigsten Risikofaktoren für Schilddrüsenerkrankungen

Ernährung

  • Jodmangel
    • Häufigste Ursache für Struma (Kropfbildung) und funktionelle Störungen der Schilddrüse in mitteleuropäischen Regionen.
  • Selenmangel
    • Führt zu verminderter Aktivität der Dejodasen, die für die Umwandlung von Thyroxin (T4) in Trijodthyronin (T3) notwendig sind.
  • Goitrogene Substanzen in der Nahrung
    • Übermäßiger Konsum von ungekochtem Kohl, Soja, Hirse oder Cassava (Maniok) kann die Jodaufnahme hemmen.

Genussmittelkonsum

  • Rauchen
    • Steigert signifikant das Risiko für Morbus Basedow und verschärft die endokrine Orbitopathie.
  • Alkoholkonsum
    • Kann die Schilddrüsenfunktion direkt beeinträchtigen und begünstigt Störungen der Hormonregulation, besonders bei gleichzeitiger Mangelernährung.

Drogenkonsum

  • Kokain, Amphetamine
    • Können die Schilddrüsenhormoneffekte verstärken und akute thyreotoxische Symptome auslösen.
  • Langfristiger Substanzabusus
    • Beeinträchtigt die Schilddrüsenfunktion indirekt über Stoffwechsel- und Hormonstörungen.

Körperliche Aktivität

  • Bewegungsmangel
    • Fördert Übergewicht und metabolische Syndrome, die mit subklinischen Schilddrüsenfunktionsstörungen assoziiert sind.
  • Übermäßiges Training
    • Kann über chronischen Stress die Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse dysregulieren.

Psycho-soziale Situation

  • Chronischer psychosozialer Stress
    • Fördert Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis durch anhaltende Aktivierung der Stressachse (HPA-Achse).
  • Psychische Belastungen
    • Depressionen, Angststörungen oder Traumata können über Neurotransmittersysteme auf die Hormonachsen wirken.

Schlafqualität

  • Schlafmangel
    • Beeinträchtigt die circadiane Steuerung der Schilddrüsenhormonproduktion.
  • Gestörter Biorhythmus
    • Nachtarbeit, Jetlag oder unregelmäßige Schlafzeiten beeinflussen neuroendokrine Rückkopplungen negativ.

Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)

  • Adipositas
    • Geht mit einer erhöhten Inzidenz subklinischer Hypothyreosen einher und kann das Volumen der Schilddrüse vergrößern.
  • Zentrale Fettverteilung
    • Im Rahmen des metabolischen Syndroms potenzieller Trigger für hormonelle Dysregulation.

Die häufigsten Schilddrüsenerkrankungen

  • Hypoparathyreoidismus und Hyperparathyreoidismus – eine Unter- bzw. Überfunktion der Nebenschilddrüsen, die den Calcium- und Phosphathaushalt des Körpers regulieren.
  • Hyperthyreose und latente Hyperthyreose – eine Überfunktion der Schilddrüse, bei der zu viele Schilddrüsenhormone produziert werden, was den Stoffwechsel beschleunigt.
  • Hypothyreose und latente Hypothyreose – eine Unterfunktion der Schilddrüse, die zu einem verlangsamten Stoffwechsel führt.
  • Hashimoto-Thyreoiditis – eine autoimmune Erkrankung, bei der das Immunsystem die Schilddrüse angreift und oft zu Hypothyreose führt.
  • Morbus Basedow – eine weitere autoimmune Schilddrüsenerkrankung, die zu Hyperthyreose führt.
  • Thyreoiditis – eine Entzündung der Schilddrüse, die verschiedene Ursachen haben kann.
  • Schilddrüsenkarzinom  Schilddrüsenkrebs, eine ernsthafte, aber oft behandelbare Erkrankung.
  • Struma (Kropf) – eine Vergrößerung der Schilddrüse, die durch Jodmangel oder andere Faktoren verursacht sein kann.

Die wichtigsten diagnostischen Maßnahmen für Schilddrüsenerkrankungen

Labordiagnostik

Medizingerätediagnostik

Welcher Arzt hilft Ihnen?

  • Hausarzt/Internist – Erstdiagnostik bei unspezifischen Beschwerden oder auffälliger TSH-Wert.
  • Endokrinologe – Spezialist für hormonelle Funktionsstörungen, differenzierte Diagnostik und Therapie.
  • Nuklearmediziner – Durchführung und Beurteilung der Schilddrüsenszintigrafie sowie Radiojodtherapie.
  • Chirurg (endokrine Chirurgie) – Indikation und Durchführung von Schilddrüsenoperationen bei Struma oder Karzinom.
  • Onkologe – Betreuung bei Schilddrüsenkarzinomen, insbesondere bei fortgeschrittenen oder metastasierten Befunden.