Ursachen
Einnässen (Enuresis)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Enuresis wird nach der Ursache unterteilt in:

  • Nichtorganische (funktionelle) Enuresis:
    • rein nächtliches Einnässen (monosymptomatische Enuresis nocturna, NEM)
    • nächtliches Einnässen mit zusätzlichem Tagessymptomen (nicht monosymptomatische Enuresis nocturna, Non-MEN); vor allem bei:
      • Kindern mit überaktiver Blase (engl. overactive bladder, OAB) und kleiner Blasenkapazität
      • habituellem Miktionsaufschub
    • Blasendysfunktion mit isolierter Tagessymptomatik:
      • überaktive Blase (engl. overactive bladder, OAB) und Dranginkontinenz (imperativer Harndrang/plötzlich auftretender, sehr starker, nicht beherrschbarer Harndrang mit anschließendem unwillkürlichen Harnabgang)
      • Miktionsaufschub (Verweigerungssyndrom, bei dem Harn zurückgehalten und das Wasserlassen hinausgezögert wird (habituelles Hinauszögern der Miktion). Dadurch kommt es trotz Einsatz von Haltemanövern tagsüber zum Einnässen)
      • dyskoordinierte Miktion (Entleerung der Harnblase) – infolge der Anspannung des Beckenbodens ("Verkneifen") (Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination)
      • unteraktive Blase (engl. underactive bladder) – meist als Folge eines chronischen Miktionsaufschubs (häufiger bei Mädchen)
  • Organische Enuresis (Einnässen aufgrund einer anatomischen oder neurologischen Störung oder einer Erkrankung; tritt selten auf) wg. z. B.:
    • anatomische Störungen/Erkrankungen:
      • Nierendoppelanlage und ektoper Mündung des Harnleiters; Symptomatik: ständiges herauströpfeln kleiner Urinmengen (Tag und Nacht)
      • Fehlbildungen der Harnröhre
    • neurologischer Störungen/Erkrankungen:
      • kongenital (angeboren), z. B.:
        • Myelomeningozele/Spina bifida
        • okkulte dysraphische Störungen (z. B. Spina bifida occulta, Sakralagenesie, Tethered Cord-Syndrom) 
      • erworbener tumoröser oder entzündlicher Krankheiten des Nervensystems, die die Blaseninnervation beeinträchtigen 
    • Polyurische Nierenerkrankungen (z. B. Diabetes insipidus, Tubulopathien, chronische Niereninsuffizienz)

Die Enuresis ist multifaktoriell bedingt.
Sie wird durch eine Reihe von Komorbiditäten beeinflusst.

Die Pathogenese der nichtorganischer Enuresis (monosymptomatische Enuresis) ist noch nicht vollständig geklärt. Man geht von einer Entwicklungsverzögerung der Blasenkontrolle in Kombination mit einer Regulationsstörung der Urinproduktion aus.

Die Ursache der MEN ist wahrscheinlich eine Kombination aus Entwicklungverzögerungen der zentralnervösen  Blasenkontrolle und der Regulation der Urinproduktion.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung
    • Genetische Erkrankungen
      • Long-QT-Syndrom Typ II [verlängertes QT-Intervall)
      • Ochoa-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessvivem Erbgang, die durch die Assoziation von schwerer Miktionsstörung (Störungen der Blasenentleerung) und charakteristischem Gesichtsausdruck gekennzeichnet ist; Patienten sind inkontinent (Unvermögen den Herrn zu halten) und haben Harnwegsinfekte (HWI) und eine Hydronephrose (Erweiterung des Nierenbeckens und/oder der Nierenkelche oder auch des Harnleiters durch eine Abflussstörung im Bereich der ableitenden Harnwege, die mittel- und langfristig zu einer Zerstörung des Nierengewebes führt.).
      • Spina bifida ‒ Spaltbildung in der Wirbelsäule, die während der Embroynalentwicklung auftritt (sporadisches, selten auch familiäres Auftreten)

Krankheitsbedingte Ursachen

Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00-Q99)

  • Blasenekstrophie (Verlagerung der gespaltenen Blase im Bereich der vorderen Blasen- (und Bauch-)Wand zwischen das gespaltene Schambein und die Mm. recti abdominis bei gespaltener Bauchdecke, kombiniert mit offener Harnröhre), Epispadie (Fehlbildung der Harnröhre mit oberer Harnröhrenspaltung), Kloakenfehlbildung
  • Ektope Harnleitermündung beim Mädchen (meist Doppelniere mit Dysplasie (Fehlbildung) der oberen Anlage und Mündung des zugehörigen Ureters (Harnleiter) unterhalb der Sphinkterebene/Schließmuskel)
  • Fehlbildungen der Harnröhre
  • Infravesikale Obstruktion (schwere Verengung der Harnröhre) beim Jungen
  • Fehlbildungen des Os sacrum (Kreuzbein) mit spinaler Dysraphie (Fehlbildung beim Verschluss des Neuralrohres)
  • Harnröhrenklappen
  • Myelomeningozele ‒ angeborene Fehlbildung des Rückenmarkes durch mangelnden Verschluss des Neuralrohres mit offenen Wirbelbögen und Ausstülpung des Durasackes
  • Ochoa-Syndrom (s. u. "Biographische Ursachen")
  • Spina bifida (s. u. "Biographische Ursachen")
  • Spina bifida occulta ‒ nicht sichtbare Form der Spina bifida
  • Tethered Cord-Syndrom ‒ neuromuskuläre/orthopädische Funktionsstörung, die durch ein fixiertes Filum terminale (Rückenmarksende) bedingt ist
  • Sakralagenesie ‒ genetische bedingtes Fehlen der Kreuzbeinabschnitte des Rückenmarks

Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)

  • Diabetes insipidus ‒ angeborene oder erworbene Krankheit, die durch eine vermehrte Urinausscheidung (Polyurie) und ein gesteigertes Durstgefühl mit Polydipsie (vermehrtem Trinken) charakterisiert ist

Kreislaufsystem (I00-I99)

  • Herzrhythmusstörungen – arrhythmogene Synkopen (kurzzeitige Bewusstlosigkeit aufgrund einer Rhythmusstörung) können mit nächtlichem Einnässen einhergehen 

Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)

  • Tumoren des Nervensystems, nicht näher bezeichnet (z. B. spinale Tumoren)

Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)

  • Infektionen des Nervensystems, nicht näher bezeichnet (z. B. Enzephalitis (Gehirnentzündung), Poliomyelitis (Kinderlähmung), Neuroborreliose/Komplikation der Lyme-Borreliose bei der Hirn und Nervenbahnen befallen sind)
  • Multiple Sklerose (MS)

Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)

  • Polyurie (krankhaft erhöhte Urinausscheidung)/Polydipsie (krankhaft gesteigerten Durst)

Urogenitalsystem (Nieren, Harnwege – Geschlechtsorgane) (N00-N99)

  • Chronische Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Symptomatische Zystitis (Blasenentzündung)
  • Tubulopathien ‒ Nierenfunktionsstörungen, die durch eine Einschränkung des Tubulusapparates bedingt sind
  • Vaginaler Influx (ICCS: vaginal reflux) – dieser führt bei Miktion (Wasserlassen) zum Harnträufeln bis zu 10 Minuten nach dem Verlassen der Toilette; Ursache kann eine gering ausgeprägte Form einer weiblichen Hypospadie (angeborene Entwicklungsstörung der Harnröhre (Urethra); die Mündung der Harnröhre (Meatus urethrae externus) ist dabei weiter ventral/proximal (d. h. auf der Unterseite) gelegen)) oder auch eine Labiensynechie (die kleinen Schamlippen haften aneinander) sein

Weitere Ursachen

  • Syndrom der nicht neurogenen neurogenen Blase (Hinman-Syndrom; Synonyme: „nicht-neurogene neurogene Blase“ (NNNB), engl. auch lazy bladder syndrome und infrequent voider syndrome) ‒ seltene Erkrankung, deren Symptome denen der neurogenen Blase gleichen; eine neurologische Ursache ist jedoch nicht nachweisbar
     
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