Übernachtung nach der Geburt: Kann die Begleitperson im Krankenhaus bleiben?
Die Frage, ob eine Begleitperson – meist der Partner oder ein naher Angehöriger – nach der Geburt im Krankenhaus übernachten kann, spielt in der heutigen geburtshilflichen Versorgung eine zunehmend wichtige Rolle. Sie betrifft nicht nur die emotionale Unterstützung der Mutter, sondern auch Aspekte der Eltern-Kind-Bindung, des Stillbeginns und der postpartalen Anpassung.
Bedeutung der Anwesenheit der Begleitperson
Die kontinuierliche Anwesenheit einer vertrauten Bezugsperson nach der Entbindung wirkt sich nachweislich positiv auf das Wohlbefinden der Mutter aus. Studien zeigen, dass emotionale Unterstützung nach der Geburt die mütterliche Zufriedenheit, das Sicherheitsgefühl und die psychische Stabilität verbessern kann [1, 2]. Auch die Etablierung des Stillens gelingt in einem stabilen sozialen Umfeld oft leichter. Eine unterstützende Begleitperson kann hier entlastend wirken, insbesondere in den ersten 24-48 Stunden, wenn Müdigkeit, hormonelle Umstellungen und Unsicherheiten zusammenfallen.
Die Einbindung der Begleitperson trägt darüber hinaus zur frühzeitigen Vater-Kind- oder Partner-Kind-Bindung bei. Oxytocin, das sogenannte „Bindungshormon“, wird durch körperlichen Kontakt und emotionale Nähe freigesetzt – bei beiden Elternteilen. Diese frühe Interaktion fördert das Familiengefühl und kann postpartale Anpassungsstörungen vorbeugen [3].
Praktische und organisatorische Regelungen
Ob eine Begleitperson im Krankenhaus übernachten kann, hängt in Deutschland von der jeweiligen Klinikpolitik, den räumlichen Gegebenheiten und den hygienischen Vorgaben ab. Viele Geburtskliniken bieten Familienzimmer an, in denen Mutter, Neugeborenes und Partner gemeinsam untergebracht werden können. Diese Zimmer sind häufig begrenzt verfügbar und mit Zusatzkosten verbunden.
In der Regel gelten folgende Modelle:
- Familienzimmer: Eigenes Zimmer mit Bett oder Schlafcouch für die Begleitperson, zumeist mit zusätzlicher Verpflegung.
- Standardzimmer mit Besuchserlaubnis: Die Begleitperson darf tagsüber anwesend sein, muss die Klinik jedoch nachts verlassen.
- Rooming-in mit Einschränkungen: Nur auf Wochenbettstationen mit entsprechender Infrastruktur möglich, nicht bei medizinischer Indikation für eine Intensivüberwachung von Mutter oder Kind.
Bei einem Kaiserschnitt kann die stationäre Überwachung der Mutter (z. B. durch Infusionen, Katheter, Wunddrainagen) den Aufenthalt einer Begleitperson einschränken. In solchen Fällen hängt die Entscheidung vom Gesundheitszustand der Mutter, dem Versorgungsstandard der Station und der Verfügbarkeit eines Familienzimmers ab [4].
Medizinisch-psychologische Aspekte
Aus ärztlicher Sicht sollte die Anwesenheit einer Begleitperson nach der Geburt unterstützt werden, wenn sie den klinischen Ablauf nicht beeinträchtigt. Psychologisch kann die kontinuierliche Anwesenheit eines Partners das Risiko für postpartale Stimmungseinbrüche oder eine postpartale Depression verringern, da soziale Unterstützung einen protektiven Effekt besitzt [5].
Zudem können begleitende Partner aktiv in die Versorgung des Neugeborenen einbezogen werden – etwa beim Wickeln, Halten oder Hautkontakt („Bonding through skin-to-skin contact“). Diese frühen Interaktionen fördern nicht nur die emotionale Bindung, sondern auch die Selbstwirksamkeit der Väter und Partner.
Hygiene und Sicherheit
In der postpandemischen Zeit haben viele Kliniken ihre Besuchsregelungen angepasst. Die Hygienevorgaben sehen häufig Testnachweise oder symptomfreie Aufenthalte der Begleitpersonen vor. Während der Neonatalzeit ist besondere Vorsicht geboten, um das Infektionsrisiko für das Neugeborene zu minimieren.
Fazit
Die Übernachtung der Begleitperson nach der Geburt stellt ein wichtiges Element familienorientierter Geburtshilfe dar. Sie stärkt die Eltern-Kind-Bindung, fördert den Stillbeginn und kann psychische Belastungen mindern. Ärztliche Aufklärung sollte daher nicht nur medizinische, sondern auch organisatorische Aspekte einschließen. Kliniken profitieren langfristig von einer familienfreundlichen Struktur, die Zufriedenheit und Bindung der Patientinnen stärkt.
Literatur
- Shorey S, Chan SW-C, Chong YS, He HG: Predictors of Maternal Parental Self-Efficacy Among Primiparas in the Early Postnatal Period. West J Nurs Res. 2015;37(12):1604-1622. doi: 10.1177/0193945914537724.
- Hodnett ED, Gates S, Hofmeyr GJ, Sakala C: Continuous support for women during childbirth. Cochrane Database Syst Rev. 2013;7:CD003766. doi: 10.1002/14651858.CD003766.pub5.
- Galbally M, Lewis AJ, van IJzendoorn M, Permezel M: The role of oxytocin in mother-infant relations: A systematic review of human studies. Harv Rev Psychiatry. 2011;19(1):1-14. doi: 10.3109/10673229.2011.549771.
- Betran AP, Ye J, Moller AB, Zhang J, Gulmezoglu AM, Torloni MR: The Increasing Trend in Caesarean Section Rates: Global, Regional and National Estimates: 1990-2014. PLoS One. 2016;11(2):e0148343. doi: 10.1371/journal.pone.0148343.
- Sadler LS, Slade A, Close N, Webb D, Simpson T, Fennie K, Mayes L: Minding the Baby: Enhancing reflectiveness to improve early health and relationship outcomes in an interdisciplinary home visiting program. Infant Ment Health J. 2013;34(5):391-405. doi: 10.1002/imhj.21406.