Hebammen-Nachsorge nach der Geburt: Wie läuft sie ab und wann beginnt sie?
Die Hebammen-Nachsorge ist ein zentraler Bestandteil der postpartalen Betreuung. Sie dient der medizinischen, psychosozialen und praktischen Unterstützung von Mutter und Kind in den ersten Wochen nach der Geburt. Ziel ist es, Komplikationen zu vermeiden, die Rückbildung zu fördern und den Übergang in den Familienalltag zu erleichtern.
Die Hebammen-Nachsorge bzw. die Betreuung der Mutter und des Neugeborenen im Wochenbett erstreckt sich in der Regel über die ersten zwölf Wochen nach der Entbindung. Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf diese Leistung gemäß den Vorgaben des Hebammengesetzes und der Hebammenvergütungsvereinbarung [1].
Die Nachsorge kann zu Hause oder in der Praxis erfolgen. Sie umfasst sowohl medizinische Kontrollen als auch Beratung zur Still- und Säuglingspflege, Ernährung, Wundheilung und psychischen Stabilität.
Wann beginnt die Nachsorge?
Unmittelbare Phase (Tage 1-10)
In den ersten zehn Tagen nach der Geburt kann die Hebamme täglich – bei Bedarf auch zweimal täglich – Hausbesuche durchführen. Diese dienen der engmaschigen Beobachtung von Mutter und Kind.
Im Mittelpunkt stehen die Beurteilung des Wochenflusses, die Kontrolle der Gebärmutterrückbildung, die Beobachtung der Wundheilung (z. B. nach Dammriss oder Kaiserschnitt) sowie Unterstützung beim Stillen [1, 2].
Übergangsphase (Tag 11 bis Woche 12)
Vom elften Tag bis zur zwölften Woche nach der Geburt sind bis zu 16 weitere Hebammenkontakte möglich. Die Besuchsfrequenz richtet sich nach dem individuellen Bedarf. In dieser Phase steht zunehmend die Förderung der Selbstständigkeit im Vordergrund, z. B. durch Beratung zu Rückbildungsgymnastik, Ernährung, Schlaf und Partnerschaft [2, 3].
Nach Woche 12 bis Ende der Stillzeit
Über die zwölfte Woche hinaus besteht Anspruch auf weitere acht Beratungen, sofern Still- oder Ernährungsprobleme auftreten. Auch bei psychischen Belastungen oder Wundheilungsstörungen kann die Hebamme weiter betreuen, ggf. nach ärztlicher Verordnung [1, 3].
Hebammen-Nachsorge – medizinisch-praktische Aspekte
Betreuung der Mutter
- Kontrolle der Rückbildung von Gebärmutter und Wochenfluss (Lochien)
- Beurteilung der Wundheilung (Damm, Kaiserschnitt)
- Beobachtung von Blutungen, Schmerzen und Infektionszeichen
- Beratung zur Körperpflege, Hygiene und Verhütung
- Erkennen von postpartalen Depressionen oder Anpassungsstörungen [2]
Betreuung des Neugeborenen
- Gewichtskontrolle, Überwachung von Gedeihen und Trinkverhalten
- Kontrolle von Haut, Nabel, Temperatur, Ausscheidungen
- Erkennen von Gelbsucht, Trinkschwäche oder Dehydratation (Flüssigkeitsverlust bzw. Volumenmangel)
- Anleitung zur Säuglingspflege, Schlafposition und Eltern-Kind-Bindung [2, 4]
Beratung und Unterstützung im Alltag
- Stillberatung (inkl. Positionierung, Milchmenge, Saugtechnik)
- Flaschenernährung und hygienische Zubereitung
- Anleitung zu Rückbildungsgymnastik
- Beratung bei familiären und emotionalen Belastungen
- Förderung des Bindungsaufbaus und der Elternkompetenz [3, 4]
Herausforderungen in der ersten Zeit nach der Geburt
Stillprobleme
Fehlhaltungen beim Anlegen, unzureichende Milchbildung oder Schmerzen sind häufige Gründe für Stillprobleme. Frühzeitige Korrektur der Stilltechnik und ggf. Stillberatung sind entscheidend [2, 3].
Wundheilungsstörungen
Nach Damm- oder Kaiserschnittnähten sind Rötung, Sekret oder Schmerzen Warnzeichen. Hygiene, Schonung und ärztliche Kontrolle sind essentiell [1, 3].
Postpartale Stimmungstiefs
Etwa 10-15 % der Frauen entwickeln depressive Symptome nach der Geburt. Hebammen können früh Anzeichen erkennen und Betroffene an ärztliche oder psychologische Unterstützung verweisen [2, 4].
Belastung im Alltag
Eine gute Vorbereitung in der Schwangerschaft, die Einbindung familiärer Unterstützung und die Nutzung von Beratungsangeboten (z. B. Familienhebammen, Frühe Hilfen) beugen Überforderung vor [3].
Fazit
Die Hebammen-Nachsorge beginnt unmittelbar nach der Geburt und ist für Mutter und Kind medizinisch wie emotional von hoher Bedeutung. Sie gewährleistet eine umfassende Kontrolle der körperlichen Rückbildung, unterstützt beim Stillen und begleitet den Übergang in den neuen Lebensabschnitt.
Für Ärztinnen und Ärzte ist eine enge Kooperation mit Hebammen zentral, um Risiken früh zu erkennen, Komplikationen vorzubeugen und Familien optimal zu unterstützen.
Literatur
- Knobloch-Maculuve J, Steinhäuser J: Versorgung von Familien im Wochenbett – eine qualitative Studie. Zeitschrift für Allgemeinmedizin. 2024;100(5):237-244. doi: 10.1007/s44266-024-00184-x.
- Peters M, Kolip P, Schäfers R: A questionnaire to measure the quality of midwifery care in the postpartum period from women’s point of view: development and psychometric testing of MMAYpostpartum. BMC Pregnancy and Childbirth. 2021;21:412. doi: 10.1186/s12884-021-03857-8.
- Grylka-Baeschlin S, Iglesias C, Erdin R et al.: Evaluation of a midwifery network to guarantee outpatient postpartum care: a mixed methods study. BMC Health Services Research. 2020;20:565. doi: 10.1186/s12913-020-05359-3.
- Hertle D, Schütze A, Adler S et al.: Digital midwifery care in the pandemic: Rapid implementation and good acceptance. Zentrum für Hebammenwissenschaft (ZHWi). 2023;10:e000026. doi: 10.3205/zhwi000026.