Leistenschmerzen – Labordiagnostik
Die Labordiagnostik hat bei Leistenschmerzen vor allem ausschlussdiagnostische Bedeutung. Sie dient zur Erkennung entzündlicher, infektiöser, metabolischer (stoffwechselbedingter) oder neoplastischer (tumorbedingter) Ursachen, während bei muskuloskelettalen (Muskel- und Sehnen-) oder hernialen (Bruch-) Befunden primär klinische und bildgebende Verfahren entscheidend sind. Eine gezielte, indikationsbezogene Auswahl der Laborparameter ist erforderlich, um Überdiagnostik zu vermeiden.
Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen
- Kleines Blutbild – zur Erfassung einer Anämie (Blutarmut) oder Leukozytose (Erhöhung der weißen Blutkörperchen) bei entzündlicher oder infektiöser Genese (Ursache)
- Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [↑ bei Adnexitis (Eileiterentzündung), Epididymitis (Nebenhodenentzündung), Osteitis pubis (Schambeinentzündung) oder systemischer Entzündung]
- Creatinkinase (CK) – ↑ bei muskulären Läsionen (Verletzungen) wie Adduktorenzerrung, Muskelruptur oder Myopathie (Muskelerkrankung)
- Elektrolyte – Natrium, Kalium, Calcium – zur Erfassung von Elektrolytstörungen (z. B. bei Muskelkrämpfen, Myopathien)
- Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm) – bei Verdacht auf urologische (Harnwege betreffende) oder gynäkologische (weibliche Geschlechtsorgane betreffende) Ursachen wie Harnwegsinfekt, Epididymitis (Nebenhodenentzündung), Adnexitis (Eileiterentzündung)
Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung
- Procalcitonin (PCT) – bei Verdacht auf systemische bakterielle Infektion oder Sepsis (Blutvergiftung)
- PSA (prostataspezifisches Antigen) – bei Männern > 50 Jahren oder bei gleichzeitigen urologischen Beschwerden (z. B. Dysurie – erschwertes Wasserlassen, chronisches Druckgefühl)
- HCG (humanes Choriongonadotropin) – bei Verdacht auf Keimzelltumor (Hodentumor) bzw. Schwangerschaft (bei Frauen im fertilen Alter)
- Rheumadiagnostik – CRP (C-reaktives Protein), BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit), Rheumafaktor (RF), CCP-Antikörper (cyclische Citrullin-Peptid-Antikörper), ANA (antinukleäre Antikörper), ggf. HLA-B27 – bei chronischen oder wiederkehrenden Leistenschmerzen ohne mechanische Ursache
- 25-Hydroxy-Vitamin D, Parathormon – bei Verdacht auf Stressfraktur, Osteitis pubis (Schambeinentzündung) oder metabolische (stoffwechselbedingte) Knochenerkrankung
- TSH, fT3, fT4 – bei klinischem Verdacht auf Schilddrüsenfunktionsstörung (z. B. Muskelschwäche, Kälteintoleranz)
Red Flags (Warnzeichen) bei Leistenschmerzen
- Fieber, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit – Hinweis auf systemische Infektion oder Abszessbildung (Eiteransammlung)
- Nachtschmerz, ungewollter Gewichtsverlust – Verdacht auf Malignität (bösartige Erkrankung) oder ossäre Metastasen (Knochenmetastasen)
- Plötzlicher, stechender Schmerz mit tastbarer Schwellung – mögliche Leisten- oder Schenkelhernie (Bruch) mit Inkarzeration (Einklemmung)
- Ausstrahlende Schmerzen in Bein oder Hoden – Hinweis auf Nervenkompression (z. B. N. ilioinguinalis, N. genitofemoralis) oder urologische Ursache
- Blut im Urin, Dysurie (erschwertes Wasserlassen) – urologische Infektion, Urolithiasis (Harnsteinleiden) oder Tumorerkrankung
- Persistierende Schmerzen trotz adäquater Therapie > 6 Wochen – abklärungsbedürftige chronische oder tumoröse Prozesse
- Systemische Entzündungszeichen (CRP ↑, BSG ↑, PCT ↑) – mögliche bakterielle oder rheumatologische Grunderkrankung