Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis) – Einleitung

Eine Thyreoiditis ist eine Entzündung der Schilddrüse (Thyroidea), die unterschiedliche Ursachen und Verlaufsformen haben kann [ICD-10-GM E06.-].

Formen der Thyreoiditis

Nach dem ICD-10-GM 

  • Akute Thyreoiditis (ICD-10-GM E06.0) ‒ durch Bakterien, Viren, Pilze etc. ausgelöste Infektion der Schilddrüse; vor allem Staphylokokken, Streptokokken; Aspergillus, Candida
  • Subakute Thyreoiditis (ICD-10-GM E06.1)
    • Thyreoiditis de Quervain (subakute granulomatöse Thyreoiditis) ‒ relativ seltene Form der Schilddrüsenentzündung, die oft nach einem Atemwegsinfekt auftritt; circa fünf Prozent aller Thyreoiditiden
    • Granulomatöse Thyreoiditis
    • Nichteitrige Thyreoiditis
    • Riesenzell-Thyreoiditis
  • Chronische Thyreoiditis mit transitorischer Hyperthyreose (ICD-10-GM E06.2) ‒ mit vorübergehender Schilddrüsenüberfunktion
  • Autoimmunthyreoiditis (AIT) (ICD-10-GM E06.3)
    • Hashimoto-Thyreoiditis (hypertroph) ‒ stellt sich als chronisch lymphzytäre Schilddrüsenentzündung mit einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) dar [s. u. Hashimoto-Thyreoiditis]
    • Hashitoxikose (transitorisch) ‒ kurzfristige Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion), häufig zu Beginn der Hashimoto-Thyreoiditis auftretend
    • Lymphozytäre Thyreoiditis
    • Struma lymphomatosa (Hashimoto)
  • Arzneimittelinduzierte Thyreoiditis (Synonym: medikamenteninduzierte Thyreoiditis; ICD-10-GM E06.4) 
  • Sonstige chronische Thyreoiditis (ICD-10-GM E06.5)
    • Chronisch fibröse Thyreoiditis
    • Thyreoiditis, eisenhart
    • Riedel-Struma (chronisch fibrosierende Thyreoiditis) ‒ extrem seltene Form der Thyreoiditis
  • Thyreoiditis, nicht näher bezeichnet (ICD-10-GM E06.9)

Sonderformen

  • Silent Thyreoiditis (stumme Schilddrüsenentzündung) ‒ zu den Autoimmunthyreoiditiden zählende Schilddrüsenentzündung mit mildem Verlauf
  • Postpartum-Thyreoiditis (PPT; postpartale Thyreoiditis) – erstmaliges Auftreten einer Autoimmunthyreoiditis (AIT) bis 12 Monate nach Entbindung mit Antikörpernachweis bei bestehender Euthyreose (normaler Schilddrüsenfunktion); bei ca. vier Prozent der Schwangeren
  • Strahlenthyreoiditis ‒ nach Bestrahlung mit radioaktivem Jod; selbstlimitierend
  • Karzinomassoziierte Thyreoiditis ‒ Schilddrüsenentzündung, die im Rahmen einer bösartigen Neubildung auftritt
  • Parasitäre Thyreoiditis ‒ durch Parasiten wie Echinokokkus (Bandwürmer) oder Strongylidae (Palisadenwürmer)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis

  • Thyreoiditis de Quervain: Frauen bis zu 7-mal häufiger betroffen als Männer.
  • Hashimoto-Thyreoiditis: Männer zu Frauen 1:9.

Häufigkeitsgipfel

  • Thyreoiditis de Quervain: Zwischen dem vierten und fünften Lebensjahrzehnt.
  • Hashimoto-Thyreoiditis: Vorwiegend im dritten bis fünften Lebensjahrzehnt.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)

  • Hashimoto-Thyreoiditis: 5-10 % (in Deutschland).
  • Postpartum-Thyreoiditis: 0,9-11,7 %.
  • Akute (infektiöse) Thyreoiditiden: Selten.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)

  • Thyreoiditis de Quervain: Ca. 5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Akute Thyreoiditis

  • Beginnt plötzlich mit starken Schmerzen und einer empfindlichen Schwellung der Schilddrüse.
  • Begleitet von systemischen Symptomen wie Fieber und allgemeinem Krankheitsgefühl.
  • Bei erfolgreicher antibiotischer Behandlung heilt die Erkrankung in der Regel innerhalb weniger Wochen vollständig aus.
  • Ohne Behandlung können Komplikationen wie Abszessbildung oder eine Ausbreitung der Infektion auftreten.

Subakute Thyreoiditis (de Quervain)

  • Beginnt häufig nach einem viralen Infekt der oberen Atemwege.
  • Verursacht Schmerzen und Empfindlichkeit der Schilddrüse, die häufig in den Kiefer oder die Ohren ausstrahlen.
  • Verläuft typischerweise in Phasen: Initiale hyperthyreote Phase (Schilddrüsenüberfunktion wg. Freisetzung von Schilddrüsenhormonen aus zerstörten Follikeln), gefolgt von einer hypothyreoten Phase (Schilddrüsenfunktion), bevor schließlich eine Normalisierung (Euthyreose) eintritt.
  • In 2-5 % der Fälle kann eine dauerhafte Hypothyreose resultieren.

Chronische Thyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis)

  • Entwickelt sich schleichend über Monate bis Jahre.
  • Initial oft symptomlos, später Zeichen der Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) wie Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kälteintoleranz, trockene Haut und Haarausfall.
  • Die Schilddrüse kann vergrößert (Struma) oder verkleinert und verhärtet sein.
  • Typischerweise persistiert eine Hypothyreose, die eine lebenslange Hormonersatztherapie erfordert.

Postpartum-Thyreoiditis

  • Tritt innerhalb von 12 Monaten nach der Geburt auf.
  • Verläuft in Phasen: Initiale Hyperthyreose (Schilddrüsenunterfunktion), gefolgt von einer Hypothyreose, die schließlich in eine Euthyreose (Normalisierung) übergehen kann.
  • Etwa 20-64 % der Betroffenen entwickeln eine dauerhafte Hypothyreose, die eine Substitutionstherapie erfordert [1].

Prognose

Akute Thyreoiditis

  • Gute Prognose bei rechtzeitiger und adäquater Behandlung mit Antibiotika.
  • Komplikationen sind selten, aber ohne Behandlung können schwerwiegende Komplikationen wie Abszesse (Eiterhöhle) oder Mediastinitis (Entzündung des Mediastinums (der Brusthöhle)) auftreten.

Subakute Thyreoiditis (de Quervain)

  • Meist selbstlimitierend, mit einer vollständigen Erholung innerhalb weniger Monate.
  • Geringes Risiko für dauerhafte Hypothyreose (2-5 % der Fälle).
  • Wiederholungen sind selten, aber möglich.

Chronische Thyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis)

  • Langfristig führt die Erkrankung in den meisten Fällen zu einer persistierenden Hypothyreose.
  • Eine adäquate Hormonersatztherapie verbessert die Lebensqualität und die Prognose erheblich.
  • Risiko für die Entwicklung von Lymphomen der Schilddrüse ist leicht erhöht.

Postpartum-Thyreoiditis

  • Die meisten Frauen erholen sich vollständig und erreichen eine Euthyreose innerhalb eines Jahres nach der Geburt.
  • Ein signifikanter Anteil der Betroffenen entwickelt jedoch eine dauerhafte Hypothyreose, die eine lebenslange Substitutionstherapie erfordert.
  • Wiederholungen bei nachfolgenden Schwangerschaften sind häufig.

Leitlinien

  1. Alexander EK, Pearce EN, Brent GA, Brown RS, Chen H, Dosiou C, Grobman W, Laurberg P, Lazarus JH, Mandel SJ, Peeters R, Sullivan S: 2016 Guidelines of the American Thyroid Association for the Diagnosis and Management of Thyroid Disease during Pregnancy and the Postpartum. Thyroid 2017 Jan 6. doi: 10.1089/thy.2016.0457