Latente Schilddrüsenunterfunktion (latente Hypothyreose) – Einleitung
Die latente (subklinische) Hypothyreose (SCH) bezeichnet eine "milde" Schilddrüsenunterfunktion, die sich meist nur an einer Veränderung des Schilddrüsenparameters TSH zeigt: TSH > 4 mU/l, bei gleichzeitig normalem fT4-Spiegel.
Synonyme und ICD-10: kompensierte Schilddrüsenunterfunktion; latente Hypothyreose; latenter Hypothyreoidismus; latente Schilddrüsenunterfunktion; subklinische Hypothyreose; Subclinical hypothyroidism (SCH); ICD-10-GM E03.9: Hypothyreose, nicht näher bezeichnet
Charakteristische Laborbefunde
Die charakteristischen Laborbefunde bei einer latenten (subklinischen) Hypothyreose sind:
- TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon): Erhöht (leicht erhöht, häufig zwischen 4,5 und 10 mIU/L)
- fT4 (freies Thyroxin): Normal (im Normbereich)
- fT3 (freies Trijodthyronin): Normal (im Normbereich)
- Gesamt-T4 und Gesamt-T3: Normal (optional bestimmt)
- Anti-TPO-Antikörper (Thyreoperoxidase-Antikörper): Erhöht (bei autoimmuner Genese, z. B. Hashimoto-Thyreoiditis)
Diese Laborwerte deuten auf eine subklinische Hypothyreose hin, bei der die Schilddrüsenhormone noch im Normbereich liegen, aber der TSH-Spiegel erhöht ist, was auf eine beginnende Schilddrüsenunterfunktion hinweist.
Inzwischen wird ein TSH-Schwellenwert von 2,5 mIU/l empfohlen, um eine niedrig-normale Schilddrüsenfunktion nachzuweisen [4, 5].
Bei einem TSH-Wert höher als 10 mU/L und normwertigem fT4 wird die Störung als „schwere“ latente Hypothyreose (Grad-2-Hypothyreose) bewertet [2].
Epidemiologie
Die Erkrankung ist abhängig von der Jodversorgung. In schlecht mit Jod versorgten Regionen ist der Anteil relativ gering.
Geschlechterverhältnis: Frauen häufiger als Männer
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend ab dem 60. Lebensjahr auf.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz variiert je nach geografischer Lage und Jodversorgung:
- In Deutschland liegt die Prävalenz bei 3-16 %.
- Besonders hoch ist die Prävalenz bei Frauen über 60 Jahre.
- Bei Schwangeren liegt die geschätzte Prävalenz bei 2,5 - 5 %; diese Patientinnen müssen auf jeden Fall therapiert werden.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Latente Hypothyreose: Die subklinische oder latente Hypothyreose zeigt sich meist nur durch eine Erhöhung des TSH-Werts (> 4 mU/l) bei gleichzeitig normalem fT4-Spiegel. Ein TSH-Schwellenwert von 2,5 mIU/l wird empfohlen, um eine niedrig-normale Schilddrüsenfunktion nachzuweisen [4, 5].
- Schwere latente Hypothyreose: Bei einem TSH-Wert höher als 10 mU/l und normwertigem fT4 spricht man von einer schweren latenten Hypothyreose (Grad-2-Hypothyreose) [2].
- Symptomatik: Die meisten Patienten sind asymptomatisch oder haben nur milde Symptome, wie allgemeine Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit und leichte Gewichtszunahme.
Prognose
- Spontane Normalisierung: Bei gering erhöhten TSH-Werten ohne Antikörper gegen die Thyreoperoxidase (TPO) gibt es eine hohe Rate an spontanen Normalisierungen der TSH-Werte [2].
- Progression zur manifesten Hypothyreose: In etwa 5 % der Fälle pro Jahr entwickelt sich aus der latenten Hypothyreose eine manifeste Hypothyreose [1].
- Schwangerschaft: Bei nahezu 40 % der Frauen, bei denen in der Schwangerschaft eine subklinische Hypothyreose festgestellt wurde, entwickelt sich langfristig eine manifeste Hypothyreose [6].
- Therapie:
- Erwachsene: Die Therapie der latenten Hypothyreose bei Erwachsenen wird derzeit kontrovers diskutiert. In einer größeren randomisierten kontrollierten Studie hat eine L-Thyroxin-Substitution bei Senioren (> 65 Jahre) mit subklinischer Hypothyreose die Symptome nicht verbessert und keinen Einfluss auf den Blutdruck oder das Körpergewicht gezeigt [3].
- Kinder: Bei Kindern wird die latente Hypothyreose aufgrund der möglichen Folgen wie Minderwuchs immer therapiert.
- Schwangere: Schwangere Frauen mit subklinischer Hypothyreose müssen therapiert werden, um mögliche Komplikationen zu vermeiden.
Insgesamt ist eine regelmäßige Überwachung des TSH-Spiegels wichtig, um eine mögliche Progression zu erkennen und rechtzeitig therapeutische Maßnahmen zu ergreifen.
Beachte: Bei nahezu 40 % der Frauen, bei denen sich in der Schwangerschaft eine subklinische Hypothyreose festgestellt worden war, entwickelte langfristig eine manifeste Hypothyreose [6].
Literatur
- Vanderpump MP et al.: The incidence of thyroid disorders in the community: a twenty-year follow-up of the Whickham Survey. Clin Endocrinol (Oxf). 1995 Jul;43(1):55-68. doi: 10.1111/j.1365-2265.1995.tb01894.x
- Pearce S, Brabant G, Duntas L et al.: 2013 ETA-guideline: management of subclinical hypothyroidism. Eur Thyroid J 2013 Dec;2(4):215-28. doi: 10.1159/000356507. Epub 2013 Nov 27.
- Stott DJ et al.: Thyroid Hormone Therapy for Older Adults with Subclinical Hypothyroidism. April 3, 2017, at NEJM doi: 10.1056/NEJMoa1603825
- Brabant G et al.: Is there a need to redefine the upper normal limit of TSH? Eur J Endocrinol 2006;154(5):633–63
- Wartofsky L, Dickey RA: The evidence for a narrower thyrotropin reference range is compelling. J Clin Endocrinol Metab 2005;90(9):5483–5488
- Na Li, Jiaying Yang, Xi Chen, Jingjing Huang, Mengyu Lai, Fang Fang, Liping Gu, Yu-fan Wang, and Yong-de Peng: Postpartum Follow-Up of Patients with Subclinical Hypothyroidism During Pregnancy Thyroid.Nov 2020.1566-1573. http://doi.org/10.1089/thy.2019.0714
Leitlinien
- Pearce S, Brabant G, Duntas L et al.: 2013 ETA-guideline: management of subclinical hypothyroidism. Eur Thyroid J 2013 Dec;2(4):215-28. doi: 10.1159/000356507. Epub 2013 Nov 27.