Digitale Volumentomographie (DVT) des Kiefergelenks
Die Digitale Volumentomographie (DVT; auch Cone Beam Computed Tomography, CBCT) ist ein hochauflösendes, dreidimensionales Röntgenverfahren mit besonderer Eignung zur Darstellung knöcherner Strukturen im Bereich des Kiefergelenks (Articulatio temporomandibularis – Kiefergelenk). Im Vergleich zur konventionellen Computertomographie (CT – computergestützte Schnittbildtechnik) bietet die DVT eine deutlich reduzierte Strahlenexposition bei gleichzeitig hoher Detailerkennbarkeit des temporomandibulären Gelenks. Die Untersuchung findet vor allem in der zahnärztlichen, kieferorthopädischen, kieferchirurgischen und HNO-ärztlichen Diagnostik Anwendung.
Synonyme
- DVT des Kiefergelenks
- Digitale Volumentomographie der Articulatio temporomandibularis
- 3D-Röntgen des Kiefergelenks
- Cone-Beam-CT des Kiefergelenks
Beurteilbare Strukturen
- Kondylus mandibulae (Unterkieferköpfchen – Gelenkkopf des Unterkiefers)
- Fossa mandibularis und Tuberculum articulare (Gelenkgrube und Gelenkfortsatz des Schläfenbeins)
- Gelenkspalt und artikuläre Passung (Abstand und Form der Gelenkflächen)
- Kiefergelenkfläche, insbesondere bei arthrotischen Umbauten (Gelenkverschleiß)
- Kortikale Begrenzungen und subkortikale Knochenstruktur (äußere und innere Knochenschichten)
- Verlauf des Kieferhalses bei Traumata oder Deformitäten (Verletzungen oder Fehlbildungen)
- Beziehung zu angrenzenden Strukturen, z. B. äußeren Gehörgang, Mittelohr oder parapharyngealen Raum
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Kiefergelenkarthropathien – z. B. Arthrose, Arthritis, Osteoarthrose, ankylosierende Veränderungen (entzündlich-degenerative Gelenkerkrankungen)
- Kiefergelenksdysfunktionen – zur Beurteilung struktureller Ursachen bei craniomandibulären Dysfunktionen (CMD – Funktionsstörungen im Kausystem)
- Diskusverlagerungen mit ossären Veränderungen – insbesondere bei chronisch degenerativen Prozessen (Verlagerung der Gelenkscheibe mit Knochenumbau)
- Traumatische Veränderungen – z. B. Frakturen des Kieferköpfchens oder Kieferhalses (Brüche)
- Angeborene oder erworbene Fehlstellungen – z. B. Asymmetrien, Hypoplasien, Hyperplasien (Fehlbildungen oder Größenveränderungen)
- Verlaufskontrolle nach operativen Eingriffen – z. B. nach Diskektomie oder Kondylektomie (Entfernung der Gelenkscheibe oder des Gelenkkopfes)
- Differentialdiagnostik von Tumoren oder Zysten – bei fraglichen osteolytischen oder osteosklerotischen Läsionen im Gelenkbereich (abgegrenzte Knochenveränderungen)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwangerschaft (relative Kontraindikation; Nutzen-Risiko-Abwägung erforderlich)
- Kinder und Jugendliche – nur bei strengster Indikationsstellung wegen Strahlenexposition
Das Verfahren
Technik
- Verwendung eines DVT-Geräts mit hoher Auflösung (mindestens 0,2 mm Voxelgröße – kleinste Bildpunkte)
- Aufnahmevolumen je nach Fragestellung (FOV: Field of View – Aufnahmebereich) zwischen 4 × 4 cm und 10 × 10 cm
- Sitzende oder stehende Lagerung mit ruhiger Okklusion (Zähne in Kontakt)
- Aufnahmezeit: 10-20 Sekunden
Ablauf der Untersuchung
- Positionierung des Patienten mit korrekter Ausrichtung des Kiefergelenks
- Keine Kontrastmittelgabe erforderlich
- Strahlenarme 360°-Rotation des Röhrenstrahlers um den Schädel
- Rekonstruktion der Bilder in allen Raumebenen (axial, sagittal, koronar – quer, seitlich, frontal) sowie 3D-Darstellung
- Auswertung durch Zahnarzt, MKG-Chirurg oder Radiologe mittels spezialisierter Software
Mögliche Befunde
- Arthrotische Gelenkveränderungen – z. B. Gelenkflächenabflachungen, subchondrale Sklerosierung, Osteophytenbildung (typische Zeichen von Gelenkverschleiß)
- Osteolysen oder -sklerosen – Hinweise auf entzündliche, degenerative oder tumoröse Prozesse (Auflösung oder Verdichtung von Knochen)
- Diskusverlagerung mit sekundärer Knochenreaktion – indirekte Beurteilung über degenerative Umbauten
- Frakturen oder Kontinuitätsunterbrechungen – insbesondere bei Kieferköpfchenfrakturen
- Asymmetrien oder Hyperplasien – z. B. bei kondylärer Hyperplasie (übermäßiges Knochenwachstum)
- Ankylosen (Gelenkversteifungen) – knöchern oder fibrös
- Fehlstellungen der Gelenkflächen – bei Dysgnathien oder Okklusionsstörungen (Kieferfehlstellungen oder Bissprobleme)
Vorteile der DVT gegenüber anderen Verfahren
- Deutlich geringere Strahlenbelastung als CT
- Überlegene Detailgenauigkeit im Vergleich zur Panoramaaufnahme (Orthopantomogramm – Übersichtsröntgen)
- 3D-Darstellung ohne Überlagerungen
- Kurze Untersuchungszeit und gute Patientenakzeptanz
- Hohe diagnostische Wertigkeit bei knöchernen Fragestellungen
Grenzen der Methode
- Keine direkte Darstellung der Weichteilstrukturen (Diskus, Bandapparat)
- Keine funktionelle Analyse (z. B. bei Bewegung)
- Keine dynamische Bildgebung wie bei der Magnetresonanztomographie (MRT – Schnittbildverfahren mit Magnetfeldern)