Digitale Volumentomographie (DVT) der oberen Halswirbelsäule
Die digitale Volumentomographie (DVT, dreidimensionale Röntgenschichtaufnahme), auch bekannt als Cone Beam Computed Tomography (CBCT, kegelförmige Computertomographie), ist ein hochauflösendes dreidimensionales bildgebendes Verfahren, das sich durch eine besonders detailreiche Darstellung knöcherner Strukturen (Knochenaufbau) bei vergleichsweise geringer Strahlenexposition (Strahlenbelastung) auszeichnet. Für die obere Halswirbelsäule (HWS, oberer Nackenbereich) – insbesondere den kraniozervikalen Übergang (Übergang zwischen Schädelbasis und oberster Halswirbelsäule: Os occipitale, Atlas, Axis) – ermöglicht die DVT eine exakte Darstellung komplexer Gelenkverhältnisse, knöcherner Fehlstellungen und degenerativer Veränderungen (Abnutzungserscheinungen). Die Methode wird zunehmend in der Orthopädie, Neurochirurgie, Schmerzmedizin und manualtherapeutischen Diagnostik eingesetzt.
Synonyme
- CBCT der HWS
- Digitale Volumentomographie der oberen HWS
- Cone-Beam-CT der HWS
- 3D-DVT der Halswirbelsäule
Beurteilbare Strukturen
- Kraniozervikaler Übergang (Übergang von Schädel zur oberen Wirbelsäule: Os occipitale, Atlas (C1), Axis (C2), Dens axis)
- Facettengelenke (kleine Wirbelgelenke zwischen benachbarten Wirbeln: Articulationes zygapophysiales C0/C1, C1/C2, C2/C3)
- Foramina vertebralia und transversaria (Wirbellöcher für Rückenmark und Gefäße)
- Wirbelkörper C1–C3 (erste drei Halswirbel)
- Odontoidprozess (Dens axis, Zahn des zweiten Halswirbels) und Ligamentstrukturen (Bandverbindungen) indirekt
- Bogen- und Querfortsätze (Anteile der Wirbelbögen: Arcus anterior/posterior, Processus transversi)
- Knochenumbauprozesse, Anbauten, Sklerosierungen, Frakturlinien (Veränderungen durch Alterung, Entzündung oder Verletzung)
- HWS-Stellung und Achsabweichungen in 3D-Rekonstruktion (räumliche Abweichungen von der Normalachse)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Frakturdiagnostik (Brucherkennung) bei Verdacht auf Densfraktur, Jefferson-Fraktur, Hangman-Fraktur
- Atlantoaxiale Instabilität (Instabilität zwischen 1. und 2. Halswirbel, z. B. bei rheumatoider Arthritis, Fehlbildungen, nach Trauma)
- Kopfgelenksblockaden mit unklarer Symptomatik (z. B. Kopfschmerzen, Schwindel, Nackenschmerzen)
- Kraniozervikale Übergangspathologien bei Dysplasie, Os odontoideum (fehlverknöcherter Dens), angeborene Fehlbildungen
- Degenerative Veränderungen (Abnutzungsbedingte Veränderungen z. B. Spondylarthrose C1/C2, Osteophytenbildung)
- Beurteilung nach manualtherapeutischen oder chirotherapeutischen Interventionen (nach Manipulationen der Halswirbelsäule)
- Vorlaufdiagnostik vor interventionellen Maßnahmen (z. B. Infiltrationen C1/C2, gezielte Injektionen)
- Beurteilung nach Operationen oder Fusionen im oberen HWS-Bereich
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Schwangerschaft (relative Kontraindikation wegen Strahlen)
- Unzureichende Lagerungsmöglichkeit bei schwerer Bewegungseinschränkung (z. B. bei starker Arthrose)
- Starke Metallartefakte (Bildstörungen durch Schrauben oder Implantate) mit Bildbeeinträchtigung
Das Verfahren
Technik
- Auflösung: Submillimeterbereich (feinste Strukturen bis 0,2 mm erkennbar)
- Strahlendosis: deutlich geringer als bei konventioneller Computertomographie (CT, computergestützte Röntgenschichtaufnahme)
- Aufnahmetechnik: rotierender Cone-Beam-Strahler mit flächigem Detektor (dreidimensionale Röntgentechnik)
- Darstellung: multiplanare Rekonstruktionen (Mehrschichtbilder in verschiedenen Ebenen: sagittal, axial, koronar) und 3D-Volumenbilder
- Untersuchungsdauer: wenige Sekunden (Scanzeit), Gesamtdauer ca. 10 Minuten
Ablauf der Untersuchung
- Positionierung: sitzend oder stehend, Kopf in definierter Neutralposition fixiert
- Scanvorgang: rotierender Röntgenstrahl erfasst das Volumen der oberen HWS
- Rekonstruktion: direkt am Gerät oder über PACS-Systeme (digitale Bildarchivierung) zur Weiterverarbeitung
- Beurteilung: durch Radiologen, Orthopäden oder Manualmediziner
Mögliche Befunde
- Frakturen und knöcherne Spaltbildungen
- Instabilitätszeichen am C0/C1- oder C1/C2-Gelenk
- Anbauten bei Arthrose der Kopfgelenke
- Kongenitale Anomalien (angeborene Fehlbildungen, z. B. Os odontoideum, hypoplastischer Dens)
- Verlagerung oder Fehlstellung des Dens axis
- Osteolysen oder Sklerosierungen bei Tumorverdacht (Zerstörungen oder Verhärtungen)
- Postoperative Stellungskontrolle bei osteosynthetischen Materialien (Schrauben, Platten)
Vorteile der DVT gegenüber konventioneller CT
- Niedrigere Strahlenexposition (weniger Strahlenbelastung)
- Höhere Detailauflösung bei Knochenstrukturen
- Schnelle Durchführung in sitzender oder stehender Position
- Geringere Platzanforderung – auch in orthopädischen Praxen anwendbar
- Exakte 3D-Darstellung für präoperative Planung oder Verlaufskontrollen
Limitationen
- Keine ausreichende Darstellung von Weichteilen (z. B. Rückenmark, Bänder, Gefäße)
- Keine Funktionsaufnahmen unter Bewegung
- Eingeschränkte Aussagekraft bei starkem Metallartefakt (z. B. nach OP)