Bakterielle Cholangitis – Einleitung

Die bakterielle Cholangitis, auch als bakterielle Gallengangsentzündung bezeichnet, ist eine durch Bakterien verursachte Entzündung der extra- und intrahepatischen (außerhalb und innerhalb der Leber gelegenen) Gallengänge. Diese Entzündung entsteht in der Regel aufgrund einer Abflussbehinderung der Gallenflüssigkeit, die das Wachstum von Bakterien begünstigt.

Synonyme und ICD-10: Akute Cholangitis, Bakterielle Cholangitiden; Cholangiitis; eitrige bakterielle Cholangitis; Gallengangsentzündung; infektiöse Cholangitis; ICD-10-GM K83.0: Cholangitis

Charakteristische Laborbefunde

Die bakterielle Cholangitis weist mehrere charakteristische Laborbefunde auf:

  • Erhöhte Leberwerte: Besonders die Alkalische Phosphatase (AP) und Gamma-Glutamyltransferase (GGT) sind erhöht.
  • Erhöhte Bilirubinwerte: Häufig findet sich eine Hyperbilirubinämie (erhöhte Bilirubinspiegel im Blut).
  • Leukozytose: Erhöhte Anzahl an weißen Blutkörperchen, oft mit Linksverschiebung (Vorhandensein unreifer Neutrophiler).
  • CRP-Erhöhung: Erhöhte C-reaktives Protein (CRP) als Hinweis auf eine systemische Entzündungsreaktion.
  • Erhöhte Cholestaseparameter: Erhöhte Werte von AP, GGT und Bilirubin deuten auf eine Cholestase (Gallenstau) hin.

Formen der Erkrankung

Die bakterielle Cholangitis kann in verschiedenen Schweregraden auftreten:

  • Milde Cholangitis: Geringe Symptome, oft mit milden bis moderaten Entzündungszeichen, gut behandelbar durch Antibiotika und Entfernung der Abflussbehinderung.
  • Schwere Cholangitis: Starke Symptome, häufig verbunden mit systemischer Entzündungsreaktion (Sepsis). Diese Form erfordert intensive Therapie, inklusive interventioneller Maßnahmen.
  • Rezidivierende Cholangitis: Wiederholte Episoden, meist bei Patienten mit persistierenden Abflussstörungen oder nach chirurgischen Eingriffen.

Ursachen

Die Hauptursachen der bakteriellen Cholangitis sind:

  • Cholelithiasis (Gallensteine): Verursacht Abflussstörungen der Gallenflüssigkeit, was die Besiedlung der Gallengänge mit Bakterien erleichtert.
  • Stenosen (Verengungen) der Gallengänge: Diese können angeboren oder erworben sein, z. B. durch entzündliche Prozesse, Tumoren oder nach Operationen.
  • Tumoren der Gallenwege oder des Pankreas: Diese können ebenfalls zu einer Abflussbehinderung und nachfolgender bakterieller Cholangitis führen.
  • Biliäre Eingriffe: Nach chirurgischen oder endoskopischen Eingriffen kann es zu einer bakteriellen Besiedlung der Gallengänge kommen.

Differentialdiagnosen

Bei der Diagnose der bakteriellen Cholangitis müssen folgende Differentialdiagnosen berücksichtigt werden:

  • Akute Cholezystitis: Entzündung der Gallenblase, die ähnliche Symptome verursachen kann.
  • Hepatitis: Leberentzündung, die ebenfalls mit erhöhter Leberenzymatik und Fieber einhergehen kann.
  • Sepsis: Systemische Entzündungsreaktion, die jedoch durch andere Infektionsherde verursacht sein kann.
  • Pankreatitis: Entzündung der Bauchspeicheldrüse, die zu Oberbauchschmerzen und erhöhten Entzündungswerten führt.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Häufigkeitsgipfel
: Die Erkrankung tritt vorwiegend ab dem 40. Lebensjahr auf.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz der Cholelithiasis, die Hauptursache der bakteriellen Cholangitis, liegt bei Frauen bei 15 % und bei Männern bei 7,5 % (in Deutschland).

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Spezifische Inzidenzdaten zur bakteriellen Cholangitis sind limitiert, aber sie korreliert eng mit der Prävalenz von Gallensteinen und biliären Eingriffen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akuter Verlauf: Der akute Verlauf der bakteriellen Cholangitis kann von mild bis schwer reichen. In leichten Fällen ist die Erkrankung durch Antibiotikatherapie und Beseitigung der Abflussbehinderung gut behandelbar.
  • Chronischer Verlauf: Unbehandelt oder bei persistierenden Abflussstörungen kann die Cholangitis chronisch werden und zu wiederkehrenden Episoden führen.
  • Komplikationen: Unbehandelt kann die Erkrankung zu schwerwiegenden Komplikationen wie Sepsis, Leberabszess oder Multiorganversagen führen.

Prognose

  • Günstig: Bei frühzeitiger Diagnose und adäquater Therapie ist die Prognose in den meisten Fällen gut.
  • Erhöhte Mortalität (Sterberate): Liegt eine eingeschränkte Nierenfunktion, eine Thrombozytopenie (Mangel an Thrombozyten im Blut) oder eine Leberzirrhose (chronische Erkrankung der Leber, bei der das Lebergewebe zunehmend zerstört wird und die Leber ihre Funktion einbüßt) vor, erhöht sich das Mortalitätsrisiko signifikant.
  • Rezidive: Trotz erfolgreicher initialer Therapie kann es bei verbleibenden anatomischen oder funktionellen Problemen zu Rezidiven (Wiederauftreten der Erkrankung) kommen.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie von Gallensteinen. (AWMF-Registernummer: 021-008), November 2017 Langfassung
  2. Yokoe M et al.: Tokyo Guidelines 2018: diagnostic criteria and severity grading of acute cholecystitis (with videos). J Hepatobiliary Pancreat Sci. 2018 Jan;25(1):41-54. doi: 10.1002/jhbp.515.
  3. Miura F et al.: Tokyo Guidelines 2018: initial management of acute biliary infection and flowchart for acute cholangitis. J Hepatobiliary Pancreat Sci (2018) 25:31-40. doi: 10.1002/jhbp.509.