Urindiagnostik – Parameter zur Funktionsbeurteilung, Infektdiagnostik, Proteinurie-Analyse und Tumormarker
Die Urindiagnostik ist ein zentrales diagnostisches Verfahren zur Beurteilung der Funktion des Urogenitalsystems (Niere und Harnwege), zur Erkennung von Infektionen, zur Analyse von Proteinverlusten (Proteinurie [Eiweißausscheidung im Urin]) sowie zur Früherkennung urologischer Tumoren (bösartige Veränderungen der Harnwege und Prostata). Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Frühdiagnose, Differentialdiagnose und Verlaufskontrolle akuter und chronischer Erkrankungen der Nieren, Harnblase, Prostata und ableitenden Harnwege.
Die Labordiagnostik im Urin lässt sich in die folgenden funktionellen Kategorien gliedern:
Chemische und physikalische Basisuntersuchungen – Screening auf Funktionsstörungen und Infektionen
- Urinstatus (Streifentest, chemische Untersuchung) – Untersuchung auf Glukose (Zucker), Ketone (Abbauprodukte von Fettsäuren), Bilirubin (Gallenfarbstoff), Urobilinogen (Abbauprodukt von Bilirubin), pH-Wert (Säuregrad), Hämoglobin/Blut (Blutbestandteile), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Nitrit (Abbauprodukt von Bakterien) und spezifisches Gewicht (Maß für die Konzentration des Urins).
- Tagesprofil des Urin-pH-Wertes – Beurteilung der Säure-Basen-Regulation (Gleichgewicht zwischen Säuren und Basen im Körper).
- Osmolalität und Osmolarität – Bewertung der Konzentrations- und Verdünnungsfähigkeit der Niere (Fähigkeit, Urin zu konzentrieren oder zu verdünnen).
Mikroskopische Diagnostik – Zelluläre und zytologische Urinanalysen
- Urinsediment – Nachweis von Erythrozyten (rote Blutkörperchen), Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Epithelzellen (Deckzellen), Kristallen und Zylindern (Abformungen von Nierenkanälchen).
- Erythrozytenmorphologie per Phasenkontrastmikroskopie – Differenzierung glomerulärer (aus den Nierenkörperchen stammend) und nicht-glomerulärer Hämaturie (Blut im Urin).
- Urinzytologie – Detektion atypischer und maligner Zellen (auffällige und bösartige Zellen) bei Tumorverdacht.
- Urinkultur und Antibiogramm – Nachweis von Bakterien und Bestimmung der Antibiotikaempfindlichkeit (welche Antibiotika wirksam sind).
Protein- und Eiweißdiagnostik – Differenzierung von Proteinurien (Eiweißausscheidungen im Urin)
- Albumin im Urin und Mikroalbuminurie-Test – Früher Marker glomerulärer Schädigung (Schädigung der Filtereinheiten der Niere).
- Alpha-1-Mikroglobulin im Urin – Marker für tubuläre Dysfunktion (Funktionsstörung der Nierenkanälchen).
- Beta-2-Mikroglobulin im Urin – Hinweis auf tubuläre Schädigungen (Schäden an den Nierenkanälchen) oder Entzündungen.
- Alpha-2-Makroglobulin im Urin – Marker für grobglomeruläre Schädigung (grobe Schäden der Filtereinheiten) oder postrenale Proteinurie (Eiweißausscheidung durch Erkrankungen nach der Niere).
- Gesamteiweiß im Urin – Quantitative Erfassung der Proteinurie (Menge des Eiweißes im Urin).
- Qualitative Urin-Protein-Differenzierung – Zuordnung der Proteinurie zu glomerulären (Filtereinheiten betreffend) oder tubulären Ursachen (Kanälchen betreffend).
- Eiweiß-Elektrophorese im Urin – Differenzierung monoklonaler (von einer Zelllinie stammend) oder polyklonaler Proteinurie (von verschiedenen Zelllinien stammend), zum Beispiel bei Multiplem Myelom (Knochenmarkskrebs).
Funktions- und Clearance-Tests – Quantifizierung der Nierenleistung
- Kreatinin im Urin und Serum – Bewertung der Nierenfunktion (Filtrationsleistung).
- Kreatinin-Clearance – Bestimmung der glomerulären Filtrationsrate (GFR [Maß für die Filterleistung der Nieren]).
- Harnsteinanalyse – Bestimmung der chemischen Zusammensetzung von Nierensteinen (Harnsteinen).
Onkologische Marker – Früherkennung urologischer Tumoren
- UBC Rapid Test – Nachweis von zytokeratinreichen Tumorzellen (Tumorzellen mit bestimmten Eiweißen) als Blasenkrebs-Screening.
- NMP22 BladderChek Test – Nachweis von kernmembranassoziierten Proteinen (Eiweißen in der Zellhülle) bei Blasenkrebs.
- PCA 3-Test – Molekulargenetischer Marker im Urin zur Diagnose von Prostatakrebs (bösartige Erkrankung der Vorsteherdrüse).
Übersicht der wichtigsten Urinlaborparameter
Parameter | Kategorie | Klinische Bedeutung |
---|---|---|
Urinstatus | Chemisch | Screening von Stoffwechselprodukten und Infektionen |
Urinsediment | Mikroskopisch | Nachweis von Zellen, Kristallen und Zylindern |
Albumin/Mikroalbumin | Proteinurie | Früher Marker glomerulärer Schädigung |
Alpha-1-/Beta-2-/Alpha-2-Makroglobulin | Proteinurie | Differenzierung tubulärer und glomerulärer Schäden |
Eiweiß-Elektrophorese | Proteinurie | Differenzierung monoklonaler oder polyklonaler Proteinurie |
Kreatinin/Kreatinin-Clearance | Funktion | Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate |
Osmolalität/Osmolarität | Funktion | Beurteilung der Konzentrationsfähigkeit |
Erythrozytenmorphologie | Mikroskopisch | Unterscheidung glomerulärer und nicht-glomerulärer Hämaturie |
Urinkultur/Antibiogramm | Mikrobiologisch | Infektionsdiagnostik |
UBC Rapid/NMP22/PCA 3 | Onkologische Marker | Tumordiagnostik: Harnblase und Prostata |