Mikroalbuminurie-Test

Der Mikroalbuminurie-Test dient dem sensitiven Nachweis geringfügig erhöhter Albuminkonzentrationen im Urin und stellt ein wichtiges diagnostisches Frühwarnsignal für Nierenerkrankungen, insbesondere bei diabetischer Nephropathie (diabetisch bedingte Nierenerkrankung) und arterieller Hypertonie (Bluthochdruck), dar.

Albumin ist ein großes, negativ geladenes Plasmaeiweiß der Leber und gehört wie die Globuline zur Gruppe der globulären Proteine (wasserlösliche Eiweiße). Physiologischerweise wird es glomerulär zurückgehalten. Bereits geringe Mengen im Urin gelten als Hinweis auf eine gestörte glomeruläre Filtrationsbarriere (Nierenfilter) oder eine beeinträchtigte tubuläre Rückresorption (Wiederaufnahmefunktion der Nierentubuli).

Synonyme

  • Albumin im Urin
  • Mikroalbuminurie
  • Urin-Albumin
  • Urin-Albumin-Kreatinin-Quotient (UACR)

Das Verfahren

  • Benötigtes Material
    • 24-Stunden-Sammelurin
    • Spontanurin (1. oder 2. Morgenurin bevorzugt)
    • Teststreifen für semiquantitative Bestimmung (Vorscreening)
  • Vorbereitung des Patienten
    • Keine extreme körperliche Belastung oder eiweißreiche Ernährung am Vortag
    • Keine Uringewinnung während Infekten, Menstruation oder Fieberphasen
    • Sammelbeginn beim 24h-Urin: nach dem ersten Morgenurin, Sammlung aller Urine inkl. nächstem Morgenurin
  • Störfaktoren
    • Hämaturie (Blut im Urin), Pyurie (weiße Blutkörperchen im Urin) oder bakterieller Infekt (falsch-positiv)
    • Intensive körperliche Aktivität
    • Akute Hyperglykämie (erhöhter Blutzucker)
    • Fieber, akute Herzinsuffizienz (plötzliches Herzversagen)
    • Unvollständige oder fehlerhafte Urinsammlung
  • Methode
    • Immunnephelometrie oder Immunoturbidimetrie (spezielle Labormethoden) aus Urinproben
    • Alternativ: Teststreifen (semiquantitativ)
    • Standard: Bestimmung des Albumin-Kreatinin-Quotienten (UACR) im Spontanurin

Normbereiche (je nach Labor)

Methode Normalbereich Mikroalbuminurie Makroalbuminurie
24h-Sammelurin < 30 mg/die 30-300 mg/die > 300 mg/die
Begrenzte Sammelperiode < 20 µg/min 20-200 µg/min > 200 µg/min
1. oder 2. Morgenurin < 20 mg/l 20-200 mg/l > 200 mg/l
Albumin-Kreatinin-Quotient (UACR) < 30 mg/g Kreatinin 30-300 mg/g Kreatinin > 300 mg/g Kreatinin

Die KDIGO-Leitlinien empfehlen insbesondere die Verwendung des UACR im Spontanurin als Screeningmethode.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Screening bei Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) – Typ 1 ab 5 Jahre nach Diagnose, Typ 2 ab Diagnosestellung
  • Screening bei arterieller Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Verlaufskontrolle bei bekannter diabetischer oder hypertensiver Nephropathie (durch Diabetes oder Bluthochdruck verursachte Nierenerkrankung)
  • Verdacht auf Glomerulonephritis (Nierenkörperchenentzündung) oder andere chronische Nierenerkrankungen
  • Kardiovaskuläres Risikoscreening (Abschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos; Marker endothelialer Dysfunktion)

Interpretation

  • Erhöhte Werte
    • Frühzeichen einer diabetischen Nephropathie (Nierenschädigung durch Diabetes) – sowohl diagnostisch als auch prognostisch
    • Hypertensive Nephropathie (Nierenschädigung durch Bluthochdruck)
    • Chronische Nierenerkrankungen anderer Genese (z. B. Glomerulonephritis)
    • Sekundär bei systemischer Entzündung, akuter Hyperglykämie (Blutzuckeranstieg) oder kardiovaskulären Belastungszuständen (z. B. akute Herzschwäche)
  • Vorübergehend erhöht bei
    • Harnwegsinfektionen (Infektionen der ableitenden Harnwege)
    • Fieber
    • Akute Herzinsuffizienz (akutes Herzversagen)
    • Blutdruckkrise (starker Blutdruckanstieg mit Organschädigung)
    • Intensive körperliche Anstrengung
    • Schwangerschaft (physiologische Albuminurie möglich)

Weiterführende Diagnostik

  • Wiederholte Messung (mind. 2 von 3 erhöhten Proben innerhalb von 3-6 Monaten) zur Bestätigung der persistierenden Mikroalbuminurie
  • Kombination mit eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate – Maß für die Nierenleistung) zur Einordnung des Chronischen Niereninsuffizienz-Stadiums (CKD-Staging nach KDIGO)
  • Nierensonographie (Nierenultraschall), Blutdruckprofil, HbA1c (Langzeitblutzuckerwert), Lipidstatus (Blutfettwerte) im erweiterten Kontext

Mikroalbuminurie und Erkrankungen

Patienten mit einer Mikroalbuminurie:

  • haben im Vergleich zu Patienten ohne Albuminausscheidung ein 10- bis 20-fach erhöhtes Risiko, eine manifeste diabetische Nephropathie zu entwickeln
  • und Z. n. Myokardinfarkt (Herzinfarkt) haben ein um den Faktor 2-4 erhöhtes Risiko, einen erneuten Infarkt zu erleiden oder gar einen Herz-Kreislauf-Tod.

Eine Mikroalbuminurie gilt als ein wichtiger Hinweis auf kardiovaskuläre Erkrankungen wie beispielsweise Myokardinfarkt und Apoplex (Schlaganfall) sowie auf eine Niereninsuffizienz (Nierenschwäche).

Die Mikroalbuminurie gilt auch bei Nicht-Diabetikern als Risikoindikator für kardiovaskuläre Erkrankungen. Das Risiko ist hierbei um den Faktor 2 erhöht.
Bei kardiovaskulären Risikopatienten verringert regelmäßige sportliche Aktivität die Häufigkeit und das Ausmaß der Mikroalbuminurie [1].

Wg. Arzneimittelverordnung

Beachte: Unter Dihydrouridin-Calciumkanalblocker (DCCB) ist das Risiko für eine Albuminurie signifikant höher als unter Thiaziden, insbesondere ohne begleitende RAS-Hemmung [2].
Fazit: DCCB können zur Entstehung und Progression von Nierenschäden beitragen. DCCB sollten stets zusammen mit einem ACE-Hemmer oder einem Sartan eingenommen werden.

Literatur

  1. Pöß J et al.: Bei kardiovaskulären Risikopatienten ist sportliche Aktivität invers mit der Prävalenz und dem Ausmaß von Mikroalbuminurie assoziiert: Daten der I-SEARCH-Studie Registers. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V. (DGK) 2011
  2. Blum MF et al.: Dihydropyridine Calcium Channel Blockers and Kidney Outcomes. J Gen Intern Med 2024; https://doi.org/10.1007/s11606-024-08762-2