Prothrombin-Mutation G20210A

Bei der Prothrombin-Mutation G20210A handelt es sich um eine Punktmutation (Genveränderung) im 3’-untranslatierten Bereich des Prothrombin-Gens (F2-Gen) (Erbgut für einen Blutgerinnungsfaktor) auf Chromosom 11. Die Mutation führt zu einer erhöhten Expression des Prothrombin-Gens und damit zu erhöhten Plasmaspiegeln von Prothrombin (Faktor II) (Eiweiß zur Blutgerinnung), was das Risiko für venöse Thromboembolien (Blutgerinnsel in Venen mit Verschlussgefahr) signifikant steigert.

Synonyme

  • F2-G20210A-Mutation
  • Faktor-II-Mutation
  • Prothrombin-Genmutation

Genetische Grundlagen

Die G20210A-Mutation beschreibt den Austausch der Guanin-Base (G) durch Adenin (A) an Position 20210 des Prothrombin-Gens (Erbgut für Gerinnungsfaktor II). Die Veränderung liegt im nicht-kodierenden Bereich, beeinflusst jedoch posttranskriptionale Prozesse und erhöht die Prothrombinspiegel (Konzentration des Gerinnungseiweißes) im Plasma um etwa 30 %.

Die Mutation wird autosomal-dominant vererbt (eine Genveränderung reicht zur Weitergabe). Heterozygote Träger (eine Kopie des veränderten Gens) haben ein 2- bis 4-fach erhöhtes Risiko für venöse Thrombosen (Blutgerinnsel in Venen); homozygote Träger (zwei veränderte Kopien) ein deutlich höheres Risiko, wobei diese Konstellation selten ist.

Klinische Bedeutung

  • Erhöhtes Risiko für tiefe Beinvenenthrombosen (TVT) (Blutgerinnsel in tiefen Beinvenen) und Lungenembolien (LE) (Verschluss einer Lungenarterie durch Gerinnsel)
  • Thromboserisiko steigt bei gleichzeitiger Einnahme hormoneller Kontrazeptiva (Antibabypille), Schwangerschaft, Nikotinkonsum oder Immobilisation
  • Keine eindeutige Assoziation mit arteriellen Thrombosen (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall)
  • Bedeutung bei familiärer Thrombophilie-Abklärung (Blutgerinnungsneigung in der Familie)

Indikationen zur Testung

  • Thrombosen in jungem Alter (< 50 Jahre)
  • Rezidivierende venöse Thromboembolien (wiederholte Blutgerinnsel in Venen)
  • Thrombosen an ungewöhnlichen Lokalisationen (z. B. V. cerebralis, V. mesenterica)
  • Thrombosen in der Schwangerschaft oder postpartal (nach der Geburt)
  • Positive Familienanamnese für Thrombophilie (vererbte Neigung zur Thrombose)
  • Vor Beginn hormoneller Kontrazeption oder Fertilitätsbehandlung bei positiver Anamnese

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • EDTA-Blut (Blut mit Gerinnungshemmer) oder Speichelprobe (für genetische Analyse)

Störfaktoren

  • Keine relevanten präanalytischen Störfaktoren (Einflüsse vor der Laboranalyse)
  • Falsch-positive oder -negative Ergebnisse durch kontaminierte Proben möglich

Methode

  • PCR-basierte Genotypisierung (Labormethode zur Genuntersuchung) zur Detektion der G20210A-Mutation

Interpretation

Genotyp Befundbeschreibung Thromboserisiko
G/G (Wildtyp) Kein Nachweis der Mutation Normales Risiko
G/A (heterozygot) Träger der Mutation ca. 2-4-fach erhöht
A/A (homozygot) Doppelte Mutation deutlich erhöht (selten)

Weiterführende Diagnostik

  • Kombinationstestung auf Faktor-V-Leiden-Mutation (weitere genetische Thromboseursache)
  • Antithrombin, Protein C und Protein S-Spiegel (natürliche Hemmstoffe der Blutgerinnung)
  • Lupus-Antikoagulans, Cardiolipin- und β2-Glykoprotein-I-Antikörper (spezifische Blutuntersuchungen bei Verdacht auf Antiphospholipid-Syndrom)

Therapie und Management

  • Kein generelles Indikationskriterium für Antikoagulation (Blutverdünnung) allein aufgrund der Mutation
  • Dauerhafte Antikoagulation bei rezidivierenden Thrombosen oder zusätzlicher Thrombophilie
  • Perioperative Thromboseprophylaxe (Vorbeugung vor Operationen) intensivieren
  • Schwangerschaft: engmaschige Überwachung und ggf. prophylaktische Antikoagulation mit niedermolekularem Heparin (Blutverdünner in Spritzenform)