Lupus-Antikoagulans (LA)
Beim Lupus-Antikoagulans (LA) (Synonyme: Lupus-Inhibitor; Antiphospholipid-Antikörper mit funktioneller Wirkung) handelt es sich um eine Autoantikörpergruppe (körpereigene Abwehrstoffe gegen körpereigene Strukturen) gegen an Phospholipide gebundene Proteine (Fett-Eiweiß-Komplexe), insbesondere β2-Glykoprotein I und Prothrombin. Trotz ihres Namens wirken sie im in-vitro-Koagulationstest (Laborgerinnungstest) „antikoagulatorisch“ (gerinnungshemmend), führen aber in vivo (im Körper) zu einer prothrombotischen Neigung (erhöhte Neigung zu Blutgerinnseln). Der Nachweis ist essenziell für die Diagnose des Antiphospholipid-Syndroms (APS) (Autoimmunerkrankung mit erhöhter Thrombose- und Fehlgeburtsneigung).
Das Verfahren
Benötigtes Material
-
Citratblut (Blutprobe mit einem Gerinnungshemmer zur Analyse der Gerinnung)
Vorbereitung des Patienten
- Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
- Falls möglich, Absetzen gerinnungsaktiver Medikamente (z. B. Heparin, direkte orale Gerinnungshemmer), da sie Testergebnisse verfälschen können
Störfaktoren
- Heparintherapie (Blutverdünnung) – kann falsch-positive Ergebnisse verursachen
- DOAKs (direkte orale Antikoagulantien) (moderne Blutverdünner) – beeinträchtigen die Gerinnungstests erheblich
- Akute Entzündungen oder Infekte – können LA-transiente Positivität (vorübergehende Positivität) bewirken
Diagnostische Methodik
Die Diagnostik erfolgt in mehreren Stufen gemäß den Empfehlungen der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH) (internationale Fachgesellschaft für Blutgerinnung):
- Screeningtests (erste Suchtests)
- aPTT (aktivierte partielle Thromboplastinzeit – misst die Dauer der Gerinnung)
- dRVVT (verdünnte Zeit der Schlangengift-induzierten Gerinnung)
- Silica Clotting Time (Gerinnungszeit-Test mit Silica-Aktivator)
- Bestätigungstest (Confirmatory Test)
- Zugabe von Phospholipiden (Fettbausteinen) – Korrektur der verlängerten Gerinnungszeit bestätigt LA
- Mixing Test (Mischtest mit Normalplasma)
- Keine Korrektur bei Mischung spricht für LA (Hinweis auf Antikörper und nicht auf Mangel)
- Ergänzende Immunoassays (zusätzliche Antikörpertests – keine LA-Diagnose, aber Teil des APS-Screenings):
- β2-Glykoprotein-I-Antikörper (Autoantikörper gegen Bluteiweiß)
- Cardiolipin-Antikörper (Autoantikörper gegen Zellwandbestandteile)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Abklärung von Thrombosen unklarer Genese (Blutgerinnsel ohne erkennbare Ursache)
- Rezidivierende Spontanaborte (wiederholte Fehlgeburten)
- Prolongierte aPTT ohne erkennbare Ursache (verlängerte Gerinnungszeit)
- Diagnostik des Antiphospholipid-Syndroms (APS)
- Abklärung bei SLE (Systemischer Lupus erythematodes – Autoimmunerkrankung)
Referenzbereich
-
Lupus-Antikoagulans: negativ (nicht nachweisbar)
Ein positiver Test sollte mindestens zweimal im Abstand von ≥ 12 Wochen nachgewiesen werden, um die Diagnosekriterien des APS zu erfüllen.
Interpretation
Erhöhte Werte / positiver Befund
- Antiphospholipid-Syndrom (APS) – primäre Form oder im Rahmen von Erkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes (SLE)
- Thrombosen – arterielle und venöse (Gefäßverschlüsse)
- Abortneigung – insbesondere in der späteren Schwangerschaft
- Verlängerte Gerinnungszeit – ohne erkennbaren Mangel an Gerinnungsfaktoren
- Medikamenteninduziert – z. B. durch bestimmte Antibiotika oder Antiepileptika
Falsch-positive Ergebnisse
- Akute Infektionen (z. B. Virusinfekte)
- Einnahme von Heparin oder direkte orale Antikoagulantien (DOAK)
- Vorübergehende Autoantikörper nach Impfungen
Klinische Bedeutung
Lupus-Antikoagulans ist ein wichtiger diagnostischer und prognostischer Marker für das Antiphospholipid-Syndrom. Es ist mit einem deutlich erhöhten Risiko für Blutgerinnsel und Fehlgeburten verbunden. Auch bei isoliertem Nachweis ohne Symptome („LA-Positivität“) ist eine regelmäßige Kontrolle sinnvoll.
Weiterführende Diagnostik
- Bestimmung von Cardiolipin- und β2-Glykoprotein-I-Antikörpern
- Gerinnungsdiagnostik (z. B. INR, aPTT, Thrombinzeit)
- Thrombophiliediagnostik (z. B. Faktor-V-Leiden, Prothrombin-Mutation)
- Autoimmununtersuchung (z. B. auf Lupus)
- Ausschluss anderer Ursachen für verlängerte Gerinnungszeiten
Literatur
- Pengo V et al.: Update of the guidelines for lupus anticoagulant detection. J Thromb Haemost. 2009;7(10):1737-1740. https://doi.org/10.1111/j.1538-7836.2009.03555.x
- Miyakis S et al.: International consensus statement on an update of the classification criteria for definite antiphospholipid syndrome (APS). J Thromb Haemost. 2006;4(2):295-306. https://doi.org/10.1111/j.1538-7836.2006.01753.x