Beta-2-Glykoprotein-I-Antikörper
Die Beta-2-Glykoprotein-I-Antikörper (auch Anti-β2-GPI-Antikörper genannt) sind Autoantikörper (Abwehrstoffe gegen körpereigene Strukturen), die gegen das plasmatische Protein Beta-2-Glykoprotein I (β2-GPI) gerichtet sind. Dieses Protein bindet an negativ geladene Phospholipide (Bestandteile von Zellmembranen) auf Zelloberflächen und spielt eine Rolle in der Gerinnungsregulation (Blutgerinnung). Die Antikörper gehören zu den Antiphospholipid-Antikörpern (Autoantikörper gegen Phospholipide) und sind ein zentraler Bestandteil der Labordiagnostik des Antiphospholipid-Syndroms (Autoimmunerkrankung mit erhöhter Thrombosegefahr).
Das Antiphospholipid-Syndrom ist eine autoimmune Gerinnungsstörung (krankhafte Abwehrreaktion mit erhöhter Neigung zu Blutgerinnseln), die durch Thrombosen (Blutgerinnsel in Venen oder Arterien), Schwangerschaftskomplikationen (z. B. Aborte, Präeklampsie) und persistierende aPL-Antikörper (dauerhaft nachweisbare Antikörper gegen Phospholipide) charakterisiert ist.
Das Verfahren
Benötigtes Material
-
Blutserum (flüssiger Bestandteil des Blutes ohne Zellen und Gerinnungsfaktoren)
Vorbereitung des Patienten
- Keine spezielle Vorbereitung notwendig
- Wiederholungsmessung nach mindestens 12 Wochen zur Bestätigung persistierender Positivität erforderlich (Klassifikationskriterium des APS)
Störfaktoren
- Akute Infektionen können zu transitorisch positiven Ergebnissen führen
- Medikamenteneinnahme (z. B. bestimmte Antibiotika) kann falsch positive Resultate bedingen
- Antikörpernachweis kann durch Lipämie (fetthaltiges Blut) oder Hämolyse (Zerfall roter Blutkörperchen) beeinflusst sein
Referenzbereich (negativ)
- IgG-Antikörper: < 10 U/ml
- IgM-Antikörper: < 10 U/ml
(Hinweis: Referenzbereiche können methodenabhängig variieren)
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Verdacht auf Antiphospholipid-Syndrom (primär oder sekundär bei SLE (systemischer Lupus erythematodes – Autoimmunerkrankung des Bindegewebes))
- Abklärung rezidivierender venöser oder arterieller Thrombosen (wiederkehrende Blutgerinnsel)
- Abklärung habitueller Aborte (wiederholte Fehlgeburten) und anderer Schwangerschaftskomplikationen
- Diagnostik bei prolongierter aPTT (verlängerte Gerinnungszeit) in Abwesenheit eines Heparineffekts
- Verlaufsbeobachtung bei Patienten mit bekanntem APS
Interpretation
Erhöhte Werte (IgG oder IgM positiv):
- Antiphospholipid-Syndrom (APS) – Diagnostische Kriterien umfassen:
- Mindestens eine klinische Manifestation (z. B. Thrombose, Abort)
- Persistenz des Antikörpers über ≥12 Wochen
- Kombination mit Lupus-Antikoagulans (Gerinnungshemmende Autoantikörper), Cardiolipin-Antikörpern oder β2-GPI-Antikörpern erhöht die diagnostische Sicherheit
- Sekundäres APS – v. a. im Rahmen von Systemerkrankungen wie dem Systemischen Lupus erythematodes (Autoimmunerkrankung mit Organbeteiligung)
Einzelfund ohne klinische Symptomatik:
-
Klinisch oft ohne Relevanz, jedoch Risikofaktor für spätere thromboembolische Ereignisse (Gefahr von Blutgerinnseln)
Weitere Hinweise
- Zur Diagnosestellung eines APS ist die kombinierte Bestimmung der drei Hauptantikörperklassen erforderlich:
- Lupus-Antikoagulans
- Cardiolipin-Antikörper (IgG, IgM)
- Beta-2-Glykoprotein-I-Antikörper (IgG, IgM)
- IgG-Antikörper gelten als stärker mit thrombotischen Ereignissen assoziiert als IgM
- Kombination mehrerer aPL-Antikörper („Triple Positivity“) ist mit einem erhöhten Thromboserisiko verbunden