Mpox-Postexpositionsprophylaxe (PEP)
Unter einer postexpositionellen Prophylaxe (PEP) versteht man die gezielte Gabe von Impfstoffen, Medikamenten oder spezifischen Immunglobulinen, um die Manifestation einer Infektion nach einem Kontakt mit einem Erreger zu verhindern. Bei Mpox (Affenpocken) wird hierfür der lebend-, nicht replizierfähige MVA-BN-Impfstoff (Imvanex®/Jynneos®) eingesetzt.
Die Wirksamkeit ist am höchsten, wenn die Impfung innerhalb von 4 Tagen nach Exposition erfolgt; bis maximal 14 Tage nach Kontakt kann eine PEP den Krankheitsverlauf noch abmildern. Ziel ist es, Erkrankungen bei Kontaktpersonen zu verhindern oder zu mildern und Ausbruchsgeschehen einzudämmen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die PEP ist angezeigt bei:
- Enge Kontaktpersonen eines bestätigten oder wahrscheinlichen Mpox-Falls
- direkter Haut-/Schleimhautkontakt mit Läsionen oder Körperflüssigkeiten
- Kontakt mit kontaminierten Materialien (z. B. Wäsche, Bettzeug)
- längerer ungeschützter face-to-face-Kontakt (< 1 m)
- Sexualkontakte
- Gesundheitspersonal ohne adäquate persönliche Schutzausrüstung bei Versorgung eines Mpox-Falls
- Laborereignisse mit ungeschütztem Kontakt zu nicht inaktiviertem Orthopocken-Material (z. B. Zellkultur)
Durchführung
Die Durchführung richtet sich nach Expositionsgrad, Impfstatus und zeitlichem Abstand zur Exposition:
- Impfstoff: MVA-BN (Imvanex®/Jynneos®)
- Zeitfenster: optimale Wirksamkeit ≤ 4 Tage nach Exposition, eingeschränkte Wirksamkeit bis maximal 14 Tage
- Impfstatus:
- Ohne frühere Pockenimpfung → 2 Dosen im Abstand ≥ 28 Tage
- Mit früherer Pockenimpfung → 1 Dosis als Booster
- Bei Immundefizienz: 2 Dosen, auch wenn früher geimpft
- Kinder und Jugendliche: EU-Zulassung ab 12 Jahren; < 12 Jahren nur nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
Passive Immunisierung
-
Humanes Vaccinia-Immunglobulin (VIGIV) kann in Einzelfällen nach Hochrisikoexposition bei schwer immunsupprimierten Personen oder Impfkontraindikation erwogen werden (kein Standard).
Überwachung und Diagnostik
- Enge Kontaktpersonen sollen 21 Tage nach letzter Exposition überwacht werden (Fieber, Exanthem, Lymphknotenschwellung).
- Bei Symptomen: sofortige Isolation und PCR-Diagnostik aus Läsionen (ggf. ergänzend Rachenabstrich).
Maßnahmen bei Clustern oder Ausbrüchen
- Kontaktverfolgung und Ringimpfung durch das Gesundheitsamt
- Information vulnerabler Gruppen (MSM-Community, Sexarbeitende, medizinisches Personal)
Bemerkungen
- PEP ersetzt nicht Hygienemaßnahmen wie Isolation, konsequente PSA-Nutzung und Desinfektion.
- Kontaktpersonen sollen für 21 Tage nach Exposition enge Kontakte zu vulnerablen Personen vermeiden.
Literatur
- Rosen JB, Arciuolo RJ, Pathela P et al.: JYNNEOS™ effectiveness as post-exposure prophylaxis against mpox: Challenges using real-world outbreak data. Vaccine. 2024;42(3):548-555. doi: 10.1016/j.vaccine.2023.12.066
- Mason LMK, Betancur E, Riera-Montes M et al.: MVA-BN vaccine effectiveness: A systematic review of real-world evidence in outbreak settings. Vaccine. 2024;42(26):126409. doi: 10.1016/j.vaccine.2024.126409
- Pischel L, Martini BA, Yu N et al.: Vaccine effectiveness of 3rd generation mpox vaccines against mpox and disease severity: A systematic review and meta-analysis. Vaccine. 2024;42(25):126053. doi: 10.1016/j.vaccine.2024.06.021
- Rosenberg ES, Dorabawila V, Hart-Malloy R et al.: Effectiveness of JYNNEOS Vaccine Against Diagnosed Mpox Infection — New York, 2022. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2023;72(20):559-563. doi: 10.15585/mmwr.mm7220a4
- Dalston AF, et al. Estimated Effectiveness of JYNNEOS Vaccine in Preventing Mpox: A Multijurisdictional Case-Control Study. MMWR. 2023. doi: 10.15585/mmwr.mm7220a3
- Grabenstein JD, Hacker A. Vaccines against mpox: MVA-BN and LC16m8. Expert Rev Vaccines. 2024;23(1):796-811. doi: 10.1080/14760584.2024.2397006