Wassereinlagerungen (Ödeme) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Ödeme (Wassereinlagerung) entstehen, wenn das Gleichgewicht zwischen Filtration und Resorption von Flüssigkeit in und aus dem Interstitium gestört ist. Die Pathogenese ist komplex und hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Erhöhter hydrostatischer Druck: Der hydrostatische Druck im Kapillargefäßsystem steigt an, z. B. bei einer Rechtsherzinsuffizienz (Rechtsherzschwäche) oder einer venösen Insuffizienz. Dies führt dazu, dass vermehrt Flüssigkeit aus den Kapillaren ins Interstitium austritt und dort verweilt.
  • Verminderter onkotischer Druck: Der onkotische Druck wird durch die Konzentration von Plasmaeiweißen, vor allem durch das Albumin, aufrechterhalten. Bei Hypoproteinämie (Verminderung des Bluteiweißes), wie sie bei Leberzirrhose (Schrumpfleber), nephrotischem Syndrom oder Unterernährung vorkommt, fehlt diese Sogwirkung, die normalerweise Flüssigkeit aus dem Interstitium in das Gefäßsystem zurückholt.
  • Gesteigerte Kapillarpermeabilität (Gefäßdurchlässigkeit): Eine erhöhte Kapillardurchlässigkeit tritt bei entzündlichen Erkrankungen oder allergischen Reaktionen auf. Durch die vermehrte Permeabilität gelangen neben Wasser auch Plasmaproteine ins Interstitium, was zu einer Ödembildung führt.
  • Störungen des Lymphabflusses: Bei einer Lymphabflussstörung, wie sie bei einer Lymphangitis (Lymphgefäßentzündung), nach chirurgischen Eingriffen oder durch Tumoren auftreten kann, wird die überschüssige Flüssigkeit nicht ausreichend aus dem Gewebe abtransportiert, wodurch sich ein Lymphödem entwickelt.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Entstehung von Ödemen ist multifaktoriell bedingt und resultiert aus einem Ungleichgewicht der Kräfte, die den Flüssigkeitsaustausch zwischen Kapillaren und Interstitium regulieren. Eine genaue Bestimmung der zugrundeliegenden Ursache ist essenziell für die Therapie, da sich die Behandlung je nach Pathogenese deutlich unterscheidet.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Faktoren

  • Gravidität (Schwangerschaft)

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Hohe Aufnahme von Natrium und Kochsalz dauerhaft erhöhte Natriumzufuhr kann zu Ödemen führen [1].

Krankheitsbedingte Ursachen

Erhöhter hydrostatischer Druck

  • Cushing-Syndrom – erhöhte Konzentration von Cortisol im Plasma
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Hyperaldosteronismus – übermäßige Aldosteron-Abgabe aus der Nebennierenrinde
  • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion)
  • Idiopathisches Ödem – vermutlich nach langer Therapie mit Diuretika (entwässernde Medikamente)
  • Thrombose – vollständiger oder teilweiser Gefäßverschluss durch ein Blutgerinnsel
  • Corticoidtherapie

Verminderter onkotischer Druck

  • Exsudative Enteropathie (Eiweißverlustsyndrom)
  • Leberparenchymschäden
  • Nephrotisches Syndrom – Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums (Nierenkörperchen) auftreten; Symptome sind: Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) mit einem Proteinverlust von mehr als 1 g/m²/Körperoberfläche pro Tag; Hypoproteinämie, periphere Ödeme durch eine Hypalbuminämie von < 2,5 g/dl im Serum, Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)

Kapillarwandschäden – Schäden an den kleinen Gefäßen

  • Allergien
  • Glomerulonephritis – Nierenerkrankung, mit Entzündung der Nierenfilterchen (Glomeruli)

Störungen des Lymphabflusses bei

  • Entzündungen – beispielsweise ein Erysipel (akute flächenhafte Hautinfektion, die durch Streptokokken ausgelöst wird ) oder eine Arthritis (Gelenkentzündung)
  • Filariose – Infektion mit Filarien, einer Art der Fadenwürmer
  • Lymphgefäß-Aplasie – ausgebliebene Entwicklung – oder Hypoplasie (Unterentwicklung) von Lymphgefäßen
  • Nach Radiatio (Strahlentherapie)
  • Nach operativen Eingriffen
  • Tumoren

Medikamente

  • ACE-Hemmer (angioneurotisches Ödem; Inzidenz(Häufigkeit von Neuerkrankungen): ca. 1 %; Mortalität (Sterberate): 1 %) – Benazepril, Captopril, Cilazapril, Enalapril, Fosinopril, Lisinopril, Moexipril, Peridopril, Quinapril, Ramipril, Spirapril
  • Alpha-1-Rezeptorenblocker (Prazosin)
  • Analgetika
    • Antirheumatika (NSAR), nicht-steroidale (Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Indometacin, Ibuprofen, Meloxicam, Piroxicam)
    • Selektive COX-2-Hemmer (Coxibe) – Celecoxib, Etoricoxib
  • Betamimetika (Synonyme: β2-Sympathomimetika, auch β2-Adrenozeptor-Agonisten) – Fenoterol, Formoterol, Hexoprenalin, Indaceterol, Olodaterol, Ritodrin, Salbutamol, Salmeterol, Terbutalin
  • Calciumantagonisten (vor allem Substanzen vom Dihydropyridin-Typ/Nifedipin-Typ (Amlodipin, Lercanidipin, Nifedipin, Nitrendipin); zweite und dritte Generation wie Lercanidipin sind besser verträglich)
  • Diuretika – vor allem Schleifendiuretika wie Furosemid und Torasemid, die Beinödeme auslösen können
  • Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (Endothelinrezeptorantagonisten) – Bosentan
  • Hormone
    • Androgene (Testosteron, Testosteronenantat, Testosteronundecaonat)
    • Gestagene (Etonogestrel, Desogestrel, Dienogest, Levonorgestrel, Medroxyprogesteronacetat, Medrogeston, Norelgestromin, Norethisteron)
    • Glucocorticoide (Cortison, Dexamethason, Prednisolon, Prednison)
    • Kontrazeptiva (Östrogen-Gestagen-Kombination)
    • Östrogene (Ethinylestradiol, Estradiol)
    • Wachstumshormon (Somatotropes Hormon (STH), Human Growth Hormone (hGH), Growth Hormone (GH), Wachstumshormon (WH), Somatropin (INN))
  • Immunsuppressiva (Thalidomid)
  • Interleukin-2 (IL-2), auch als T-Zell-Wachstumsfaktor (engl. T-cell growth factor, TCGF) bezeichnet
  • Monoklonale Antikörper – Pertuzumab, Trastuzumab
  • Psychopharmaka – atypische Neuroleptika, Lithium, MAO-Hemmer, trizyklische Antidepressiva
  • Thionamide (Carbimazol, Propylthiouracil, Thiamazol)
  • Vasodilatoren (Dihydralazin, Minoxidil)

Operationen

  • Vor allem nach großen Operationen mit Entfernung von größeren Gewebeanteilen kann der Abfluss der Lymphflüssigkeit erschwert werden

Literatur

  1. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik. 11. Auflage, Urban & Fischer, München, 2009