Hitzschlag und Sonnenstich – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der Hitzeerkrankungen/des Hitzschlags bzw. des Sonnenstichs dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie eine erbliche Veranlagung zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen (z. B. Hypertonie (Bluthochdruck), Myokardinfarkt (Herzinfarkt))?
  • Liegen in Ihrer Familie Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus vor (können die Anfälligkeit für Hitzeerkrankungen erhöhen)?

Sozialanamnese

  • Beruf:
    • Welchen Beruf üben Sie aus?
    • Arbeiten Sie häufig in Umgebungen mit hohen Temperaturen oder direkter Sonneneinstrahlung (z. B. Baustelle, Landwirtschaft, Industriehallen)?
    • Sind Sie im Rahmen Ihrer beruflichen Tätigkeit körperlich stark belastet?
  • Umgebungsbezogene Faktoren:
    • Betreiben Sie intensive körperliche Aktivitäten im Freien?
    • Halten Sie sich in Ihrer Freizeit häufig bei starker Sonneneinstrahlung oder in heißen Umgebungen auf (z. B. Strand, Freibad, Sportveranstaltungen)?
    • Haben Sie ausreichenden Zugang zu klimatisierten oder schattigen Bereichen während Hitzeperioden?
    • Nutzen Sie in Ihrem Alltag Sonnenschutzmaßnahmen (z. B. Kopfbedeckung, Kleidung, Sonnencreme)?

Reiseanamnese 

  • Haben Sie sich in den letzten Tagen oder Wochen in Regionen mit hohen Außentemperaturen aufgehalten (z. B. südliche Länder, Wüstenregionen)?
  • Haben Sie während Ihrer Reise oder Ihres Aufenthalts längere Zeit direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt?
  • Gab es während Ihrer Reise ungewöhnlich hohe Temperaturen oder Hitzewellen (Tageshöchsttemperaturen über 30 °C)?
  • Waren klimatische Bedingungen wie hohe Luftfeuchtigkeit oder geringe Luftbewegung während Ihres Aufenthalts vorhanden?
  • Hatten Sie während der Reise ausreichenden Zugang zu Trinkwasser, schattigen Plätzen oder klimatisierten Räumen?
  • Haben Sie während der Reise körperlich anstrengende Aktivitäten bei großer Hitze unternommen (z. B. Wandern, Sport, Sightseeing)?
  • Haben Sie während der Reise Symptome wie Erschöpfung, Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit oder Fieber bemerkt?
  • Wurde während der Reise auf ausreichenden Sonnenschutz geachtet (z. B. Tragen einer Kopfbedeckung, Verwendung von Sonnencreme)?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Welche Symptome haben Sie bemerkt?* (z. B. Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit, Krampfanfälle)
  • Seit wann bestehen diese Beschwerden?
  • Haben Sie sich kürzlich längere Zeit in der Sonne oder in einer heißen Umgebung aufgehalten?
  • Haben Sie während des Aufenthalts in der Sonne Kopf und Nacken bedeckt?
  • Haben Sie Ihre Körpertemperatur gemessen? Wenn ja, wie hoch war sie?
  • Fühlen Sie sich unruhig oder ängstlich?*
  • Ist Ihnen aufgefallen, dass Ihre Atmung beschleunigt ist?*
  • Haben Sie Schüttelfrost bemerkt?*
  • Ist Ihre Haut trocken und heiß?*
  • Gab es Episoden von Bewusstlosigkeit oder Krampfanfällen?* (Informationen von Angehörigen oder Zeugen können hier hilfreich sein)

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Wie viel Flüssigkeit haben Sie heute und in den letzten Tagen zu sich genommen?
  • Welche Art von Getränken haben Sie konsumiert?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Leiden Sie an chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes mellitus?
  • Haben Sie in letzter Zeit an fieberhaften oder viralen Infektionen gelitten?
  • Hatten Sie in letzter Zeit Durchfall?

Medikamentenanamnese

Nachfolgend Medikamente, die die Thermoregulation negativ beeinflussen bzw. eine Exsikkose (Austrocknung) provozieren können:

  • α2-Adrenozeptor-Agonisten (kurz α2-Agonisten) 
  • Abführmittel
  • Anticholinergika, Antidepressiva: Steigerung der Wärmeproduktion und somit Erhöhung der Körpertemperatur, was zu vermehrtem Schwitzen und damit auch zu Elektrolyt-Verlusten führt!
  • Antihistaminika
  • Benzodiazepine
  • Betablocker: Reduzierung des Herzzeitvolumens, was die Hitzeadaptation beeinträchtigen kann.
  • Calciumantagonisten (Calciumkanalblocker)
  • Diuretika und ACE-Hemmer/ Angiotensin II-Rezeptor-Antagonisten: Dehydratation und/oder Elektrolytimbalance durch eine Hyponatriämie 
  • Ephedrinhaltige Medikamente
  • Lithium
  • Neuroleptika, Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Selective Serotonin Reuptake Inhibitor, SSRI): Hemmung der zentralen Thermoregulation
  • Mao-Hemmer
  • Muskarin-Rezeptorantagonisten: Verminderung der Schweißsekretion und damit Gefahr der Überhitzung
  • Phenothiazine
  • Salicylate
  • Schilddrüsenhormone
  • Sedierung durch dopaminerge und Parkinson-Arzneimittel: Senkung der Wahrnehmung der Hitzeerschöpfung bzw. Verminderung des Durstgefühls und damit Gefahr der Exsikkose
  • Serotoninfreisetzende Stoffe (SSRI, Tramadol, Triptane)
  • Trizyklische Antidepressiva

Umweltanamnese

  • Waren Sie hohen Umgebungstemperaturen ausgesetzt? (z. B. Hitzetage >30 °C)
    • Beachte: Ab 37 Grad kann es für Menschen kritisch werden, besonders wenn es schwül ist. 
  • War die Luftfeuchtigkeit hoch?
  • Gab es wenig Luftbewegung?
  • Hatten Sie Zugang zu schattigen Bereichen oder waren Sie direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt?

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.