Hornhautgeschwür (Ulcus corneae) – Körperliche Untersuchung

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

  • Allgemeine körperliche Untersuchung: inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren Beurteilung des Allgemeinzustands, Fieber, Zeichen systemischer Infektion (Entzündung durch Krankheitserreger) oder Dehydratation (Austrocknung)
  • Augenärztliche Untersuchung – Spaltlampenuntersuchung (Mikroskopie der vorderen Augenabschnitte):
    • Die Hornhaut (Cornea) ist in den meisten Fällen stark geschwollen, grau-gelb und uneben
    • Mittels fluoreszierendem Färbemittel lassen sich Erosionen (oberflächliche Defekte), Ulzerationen (Geschwüre) und eventuelle Descemetozele (Vorwölbung der innersten Hornhautschicht) nachweisen
    • Beurteilung der Infiltratgröße, -tiefe und -lage
    • Beurteilung des Hornhautödems (Wassereinlagerung in der Hornhaut) und der umgebenden Reaktion (z. B. ziliare Injektion – Rötung um die Hornhaut)
    • ggf. Nachweis eines Hypopyons (Eiteransammlung in der Vorderkammer) in der Vorderkammer (Kammer zwischen Hornhaut und Iris)
    • Kontrolle der Vorderkammerreaktion (Zellen, Fibrin, Hypopyon)
    • Charakteristische Spaltlampenbefunde in Abhängigkeit von der Ätiologie (Ursache):
      • Bakterielles Ulkus (bakterielles Hornhautgeschwür) – zentral oder parazentral gelegenes, grauweißes Infiltrat mit unscharfer Begrenzung, ausgeprägte Epitheldefekte; häufig dichte Infiltration der umgebenden Hornhaut; ausgeprägter Reizzustand mit eitrigem Sekret; Hypopyon häufig
      • Herpetisches Ulkus (durch Herpes-Viren bedingtes Hornhautgeschwür) – typischerweise verzweigte (dendritische) oder landkartenförmige (geographische) Epithelulzera mit terminalen Knospen; verminderte Hornhautsensibilität; meist geringere Infiltration und weniger ausgeprägte Entzündungsreaktion
      • Mykotisches Ulkus (pilzbedingtes Hornhautgeschwür) – trockenes, grauweißes Infiltrat mit unregelmäßigen, fransigen Rändern; häufig Satellitenherde und eine ringförmige Infiltration (Immunkomplexreaktion); zäher Fibrinbelag, Hypopyon kann vorhanden sein
      • Akanthamöben-Ulkus (durch Einzeller verursachtes Hornhautgeschwür) – starke Schmerzen bei oft geringer klinischer Befundausprägung („Pain out of proportion“); perineurale Infiltrate (sichtbar als radiäre Linien von der Ulkusbasis ausgehend); später ringförmiges stromales Infiltrat
  • Prüfung der Sehschärfe (Visusbestimmung) – Vergleich mit dem anderen Auge
  • Beurteilung der Pupillenreaktion (Lichtreaktion der Pupille) – zum Ausschluss einer Iridocyclitis (Reizung der Regenbogenhaut und des Ziliarkörpers) oder Mitbeteiligung des Nervus opticus (Sehnerv)
  • Inspektion der Lider und Wimpern – auf Zeichen einer Blepharitis (Lidrandentzündung), Trichiasis (Einwärtswachsen der Wimpern), Ektropium (Auswärtsdrehung des Lids) oder Entropium (Einwärtsdrehung des Lids)
  • Prüfung der Tränenwege (Tränenabflusswege) – ggf. Spülung zur Beurteilung einer Stenose (Verengung) oder eines Verschlusses (z. B. Dakryozystitis – Entzündung des Tränensacks)
  • Tastbefund (Palpation des Augapfels) – Prüfung auf Druckschmerz (Hinweis auf begleitende Skleritis – Entzündung der Lederhaut)
  • Beurteilung der Konjunktiva (Bindehaut) – auf Injektion (Rötung), Sekretion (Absonderung), Chemosis (Schwellung) oder Begleitkonjunktivitis (Bindehautentzündung)
  • Messung des Augeninnendrucks (Tonometrie) – unter Berücksichtigung, dass bei Ulcus corneae (Hornhautgeschwür) eine Perforationsgefahr (Durchbruchgefahr) bestehen kann, daher nur bei intakter Hornhautoberfläche indiziert
  • Beurteilung des Augenhintergrunds (Netzhaut und Sehnervenkopf) – sofern durchführbar, zur Beurteilung einer begleitenden Chorioiditis (Aderhautentzündung) oder Glaskörperinfiltration (Einwanderung von Entzündungszellen in den Glaskörper)