Digitale Volumentomographie (DVT) in der HNO

Bei der digitalen Volumentomographie (DVT; engl. Cone Beam Computed Tomography, Cone-Beam-CT, CBCT) in der HNO handelt es sich um ein radiologisches bildgebendes Verfahren, das die Anatomie der Zähne, der Kiefer, der Kieferhöhlen, des Mittelohrs, Nervenverläufe und des Gesichtsschädels dreidimensional darstellt und dadurch einen bedeutenden Beitrag zur präoperativen und posttraumatischen Diagnostik leisten kann.

Das Verfahren erlaubt aufgrund des hohen Kontrastes zu Luft und Weichgeweben eine hervorragende Darstellung knöcherner Strukturen.

Die DVT hat 1998 Einzug in die Zahnmedizin gehalten und weist im Vergleich zu anderen Verfahren der Röntgentechnik bestimmte Vorteile auf. So kann sie die knöchernen Strukturen des Gesichtsschädels noch umfassender darstellen als die üblichen Pantomogramme (Panoramaschichtaufnahmen, Orthopantomogramme, Röntgenübersichtsaufnahmen der Kiefer). 

Nach dem Einzug der DVT in die Zahnmedizin hat das Verfahren auch Eingang in die HNO-Diagnostik und orthopädischen Diagnostik gefunden. 

Beurteilbare Strukturen

DVT ermöglicht eine präzise Darstellung verschiedener anatomischer Strukturen im HNO-Bereich. Zu den beurteilbaren Strukturen gehören:

  • Zähne und Zahnwurzeln, inklusive der Erkennung von Karies, Zysten und Wurzelkanalverläufen.
  • Kieferknochen und Kiefergelenke, einschließlich der Bewertung von Fehlstellungen, Frakturen (Knochenbrüche) (Knochenbrüche) und degenerativen Veränderungen.
  • Kieferhöhlen, zur Beurteilung von Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung), Polypen und anderen pathologischen Veränderungen.
  • Mittelohr und Innenohr, zur Diagnostik von Otitis media (Mittelohrentzündung), Cholesteatomen (chronisch-eitrige Entzündung des Mittelohrs mit Knochendestruktion) und Anomalien der Ossikel (kleine Knochenstücke).
  • Nervenverläufe, insbesondere des N. alveolaris inferior und des N. facialis, um deren Lagebeziehung zu Zähnen und chirurgischen Planungen zu beurteilen.
  • Gesichtsschädel und Nasenstrukturen, zur Planung von rekonstruktiven oder ästhetischen Eingriffen.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die diagnostischen Fragestellungen, welche die Anfertigung einer DVT rechtfertigen, sind breit gefächert. Das Verfahren ist prinzipiell immer dann indiziert, wenn eine dreidimensionale Darstellung einer Struktur für die weitere Therapie von Bedeutung ist, also eine umfassende Ausgangsdiagnostik sinnvoll erscheint, beispielsweise:

  • Chronische Rhinosinusitis (gleichzeitige Entzündung der Nasenschleimhaut („Rhinitis“) und der Schleimhaut der Nasennebenhöhlen ("Sinusitis"))
  • Zur Differentialdiagnostik einer odontogenen (vom Zahn ausgehenden) Sinusitis und rhinogenen (von der Nasenschleimhaut ausgehenden) Sinusitis
  • Chronisch-mesotympanale Otitis media (Mittelohrentzündung) zur Differentialdiagnose eines Cholesteatoms (Synonym: Perlgeschwulst, Zwiebelgeschwulst, Otitis media epitympanalis)
  • Diagnostik von Erkrankungen des Innenohres
  • Diagnostik des Felsenbeins
  • Nichttraumatische (nicht unfallbedingte) periphere Fazialisparese – Parese (Lähmung) von Muskeln, die durch den Nervus facialis innerviert werden, folglich ist ein Teil der Gesichtsmuskulatur gelähmt
  • Postoperative Kontrolle von Cochlea-Implantaten sowie von Mittelohrprothesen

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Neben der bereits genannten Schwangerschaft, bei der äußerste Vorsicht geboten ist, umfassen weitere Kontraindikationen:

  • Patienten mit schweren Bewegungseinschränkungen, die eine korrekte Positionierung unmöglich machen.
  • Sehr junge Kinder, bei denen die Kooperationsfähigkeit für die Untersuchung nicht ausreichend ist, es sei denn, es besteht eine dringende medizinische Indikation.
  • Gravidität (Schwangerschaft), es sei denn bei vitaler Bedrohung
  • Patienten mit starkem Übergewicht, die die Belastungsgrenzen des DVT-Gerätes überschreiten. 

Vor der Untersuchung

Da es sich bei der DVT um ein radiologisches Verfahren handelt, müssen entsprechende Vorkehrungen zum Schutz des Patienten und des Behandlerteams vor Röntgenstrahlung getroffen werden:

  • Befragung von Frauen im gebärfähigen Alter nach einer möglichen Schwangerschaft
  • Erfragen kürzlich angefertigter Röntgenaufnahmen
  • Schutz der nicht abzubildenden Körperteile durch eine Bleischürze oder ein Bleischild
  • Korrekte Einstelltechnik am Patienten und aller technischen Parameter, um Wiederholungsaufnahmen zu vermeiden.

Das Verfahren

Bei der digitalen Volumentomographie handelt sich wie bei der Computertomographie (CT) um eine Schichtaufnahmetechnik, die es ermöglicht, eine dreidimensionale Rekonstruktion am Computer zu erstellen.

Das Verfahren wird im Rahmen der HNO-Diagnostik am sitzenden Patienten angewendet. Zur Aufnahme wird der Kopf des Patienten im sogenannten Isozentrum eingestellt. Eine Röntgenröhre und ein ihr gegenüber positionierter flächiger Bilddetektor drehen sich synchron 360° um den Patientenkopf. Aus den während eines einzigen Umlaufs entstehenden 360 (bis 400) Einzelaufnahmen wird ein 3D-Objekt computergestützt virtuell rekonstruiert. Dabei wird eine Bildauflösung von bis zu 75 μm erreicht.

Anders als die herkömmliche CT, die mit einem fächerförmigen Strahl arbeitet und dünne Einzelschichten des Körpers erfasst, ist das Strahlenbündel des DVT kegelförmig, wodurch sich das englische Synonym des Cone-Beam-CT (CBCT) erklärt. Der Strahlenkegel erfasst das Volumen der zu untersuchenden Hartgewebsstrukturen dreidimensional. Daraus ergibt sich ein sogenanntes Field of View (FOV; Ausschnitt, den das Gerät maximal darstellen kann), das meist zylindrisch geformt ist und 4 cm x 4 cm bis 19 cm x 24 cm misst.

Im Rahmen der Untersuchung findet nur ein einziger Umlauf der Strahlen statt, die in Kegelform den kompletten zu untersuchenden Bereich erfassen. Die Strahlung wird vom Gewebe reflektiert, ein Detektor (CCD-Detektor) misst die reflektierte Strahlung und wandelt sie in Bilder um.

Die neueste Generation der DVT-Geräte hat zusätzlich eine Hounsfield-Kalibrierung. Hierbei werden die Werte unterschiedlicher Röntgen-Dichte in standardisierte Hounsfield-Einheiten (hounsfield units=HU) umgerechnet. 
Hinweis: In der Hounsfield-Skala wird die Abschwächung von Röntgenstrahlung in Gewebe beschrieben und in Graustufenbildern dargestellt. Die Werte können so Gewebearten zugeordnet und pathologische Abweichungen erkannt werden

Die Bildrekonstruktion durch den Rechner ermöglicht die Betrachtung jeder beliebigen Schicht aus fast jeder beliebigen Richtung sowie des dreidimensionalen Objekts.

Strahlenbelastung 

In der HNO-Diagnostik führt die DVT zu einer 1,5 bis 12,3-mal geringeren Strahlenbelastung Vergleich zum CTIm Bereich der Felsenbeine beispielsweise liegt bei einem DVT die effektive Strahlendosis unter 8 µSv. Dies entspricht gerade einmal 1 % der Strahlenbelastung eines Spiral-CTs für diese Region.

Mögliche Befunde

Die DVT kann eine Vielzahl von Befunden liefern, die für die Diagnosestellung und Therapieplanung entscheidend sind:

  • Entzündliche Prozesse wie Sinusitis (Nebenhöhlenentzündung) oder Otitis media (Mittelohrentzündung).
  • Anatomische Variationen oder Fehlbildungen.
  • Tumoren oder zystische Veränderungen im untersuchten Bereich.
  • Traumatische Verletzungen wie Frakturen (Knochenbrüche) oder Dislokationen (Verschiebungen).
  • Beurteilung der Lage und des Zustands von Implantaten oder Prothesen.

Nach der Untersuchung

Nach Abschluss der DVT-Untersuchung umfassen die nächsten Schritte:

  • Die sofortige Überprüfung der Bildqualität, um die Notwendigkeit von Wiederholungsaufnahmen zu minimieren.
  • Eine detaillierte Auswertung der Aufnahmen durch den Radiologen oder den spezialisierten HNO-Arzt.
  • Die Erstellung eines ausführlichen Befundberichts für den überweisenden Arzt oder den behandelnden Spezialisten.
  • Ein Abschlussgespräch mit dem Patienten, in dem die Ergebnisse erläutert und weitere Schritte besprochen werden. (Nebenhöhlenentzündung)

Mögliche Komplikationen

Mögliche Komplikationen ergeben sich aus Verfahrensfehlern wie z. B. der fehlerhaften Positionierung des Patienten, falscher Einstellung der Belichtungsparameter oder auch Rechnerstörungen u. a. Sie würden zu Wiederholungsaufnahmen und somit zu erhöhter Strahlenexposition für den Patienten führen.


     
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