Ursachen
Hepatische Enzephalopathie

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die hepatische Enzephalopathie (HE) ist eine relativ häufige Komplikation der Leberzirrhose (Leberschrumpfung). Durch die beeinträchtige Leberfunktion kommt es zu einer unzureichenden Entgiftung neurotoxischer Stoffe (für das Nervensystem giftige Stoffe) wie Ammoniak, endogenen Benzodiazepinen, kurzkettigen Fettsäuren, gamma-Aminobuttersäure (GABA), Mercaptan (verantwortlich für den Geruch nach roher Leber ("Foetor hepaticus")), Phenolen und anderen. Von zentraler Bedeutung in der Pathogenese der hepatischen Enzephalopathie ist Ammoniak. Ammoniak ist ein Abbauprodukt des Aminosäurestoffwechsels, das normalerweise durch Harnstoffsynthese in den Zellen der Leber entgiftet wird. Im Rahmen der Leberfunktionsstörung kommt es verstärkt zu einer extrahepatischen (außerhalb der Leber stattfindenden) Metabolisierung (Verstoffwechselung) von Ammoniak durch Gehirn und Muskulatur. Im Gehirn sind die sogenannten Astrozyten als einzige in der Lage, Ammoniak durch Glutaminsynthese zu entgiften. Astrozyten bilden die Mehrheit der Gliazellen im ZNS (zentrales Nervensystem) und wirken u. a. an der Informationsverarbeitung, -speicherung und -weiterleitung mit. Die Astrozyten schwellen durch die Glutaminakkumulation (Glutaminansammlung) an, wodurch der Hirninnendruck zunimmt. Letztlich kann ein Hirnödem (Hirnschwellung) entstehen.

Folgende Faktoren begünstigen das Entstehen einer hepatischen Enzephalopathie – bei bestehender Lebererkrankung:

  • vermehrte Ammoniakbildung im Darm nach 
    • gastrointestinalen Blutungen (Blutungen im Magen-Darm-Bereich), z. B. Varizen (Krampfader)-Blutungen
    • proteinreichem Essen
    • Obstipation (Verstopfung)
  • verstärkte Diffusion (Übertritt eines Stoffes von einem Verteilungsraum in einen anderen) von Ammoniak ins Gehirn (bei metabolischer Alkalose (Form der Säure-Basen-Störung))
  • verstärkter Proteinkatabolismus (Proteinabbau) und dadurch bedingter Anstieg der Ammoniakkonzentration bei fieberhaften Infektionen
  • iatrogen (vom Arzt verursacht): Therapie mit Benzodiazepinen (Medikamente, die angstlösend, zentral muskelentspannend, sedierend (beruhigend) und hypnotisch (schlaffördernd) wirken), zu intensive Diuretikatherapeutika (entwässernde Medikamente) mit Hypovolämie (vermindertes Blutvolumen) und Elektrolytstörungen (Hypokaliämie (Kaliummangel) oder Hyponatriämie (Natriummangel))
  • Exsudative Enteropathie (Proteinverlustenteropathie) – Magen-Darm-Erkrankung, bei der es zu großen Eiweißverlusten kommt, z. B. Diarrhoe (Durchfall), Emesis (Erbrechen)
  • Medikamente wie Laxantien (Abführmittel), Sedativa (Beruhigungsmittel)

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen – bei bestehender Lebererkrankung

  • Ernährung
    • Proteinreiche (eiweißreiche) Ernährung
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 40 g/Tag; Mann: > 60 g/Tag)
  • Drogenkonsum
    • Ecstasy (auch XTC u. a.) – Amphetaminderivat; Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Phenylethylaminen
    • Kokain

Krankheitsbedingte Ursachen – bei bestehender Lebererkrankung

  • Alkoholabusus (Alkoholabhängigkeit)
  • Dehydratation (Flüssigkeitsmangel)
  • Diarrhoe (Durchfall)
  • Emesis (Erbrechen)
  • Gastrointestinale Blutung (Blutung im Magen-Darm-Bereich)
  • Hypoxie (Sauerstoffmangel)
  • Infektionen

Medikamente – bei bestehender Lebererkrankung

  • Laxantien (Abführmittel)
  • Protonenpumpenhemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI; Säureblocker) – können bei Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose dosisabhängig das Risiko für eine hepatische Enzephalopathie erhöhen [1]
  • Sedativa (Beruhigungsmittel)

Weiteres

  • Portosystemischer Shunt (PPS) – Durch die Gefäßverbindung (= Shunt) zwischen dem Pfortadersystem und der Vena cava inferior (untere Hohlvene) wird das Blut aus Magen, Darm und Milz an der geschädigten Leber (Leberzirrhose) vorbei geleitet, um eine tödliche Varizenblutung zu vermeiden. Dadurch entfällt jedoch die Entgiftung des Blutes.

Literatur

  1. Chia-Fen T et al.: Proton Pump Inhibitors Increase Risk for Hepatic Encephalopathy in Patients With Cirrhosis in A Population Study. Gastroenterology, 2017; 152(1): 134-141 doi: http://dx.doi.org/10.1053/j.gastro.2016.09.0
     
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