Leukozyten

Leukozyten (weiße Blutkörperchen) befinden sich hauptsächlich im Blut, im Knochenmark und in den lymphatischen Organen.

Die Größe der Leukozyten schwankt zwischen 7 µm bei Lymphozyten und 20 µm bei Monozyten. Die Lebensdauer der Leukozyten reicht von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten.

Leukozyten erfüllen spezielle Aufgaben der Immunabwehr und sind Teil der spezifischen und unspezifischen Immunabwehr.

Der Anteil der verschiedenen Untergruppen der Leukozyten wird mit einem Differentialblutbild erfasst.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • 3 ml EDTA-Blut (Bestimmung im Rahmen des kleinen Blutbildes); Röhrchen direkt nach der Abnahme durch Schwenken gründlich mischen

Vorbereitung des Patienten

  • Nicht nötig

Störfaktoren

  • Keine bekannt

Normwerte

Altersgruppen
  SI-Einheiten
Erwachsene
4 - 10.000 /μl (4 - 10 /nl) 4 - 10 x 109/l
Schulkinder (7. bis 18. Lebensjahr)
4,5 - 14.000 /μl (4,5 - 14 /nl) 4,5 - 14 x 109/l
Kleinkinder (bis zum 6. Lebensjahr) 5 - 17.000 /μl (5 - 17 /nl) 5 - 17 x 109/l
Säuglinge bis 1 Jahr 6 - 17.500 /μl (6 - 17 /nl)
6 - 17,5 x 109/l
Neugeborene, Säuglinge bis 4 Wochen
9 - 30.000 /μl (9 - 30 /nl) 
9 - 30 x 109/l

109/l ≡ Giga/l

Beachte: 

  • Schwangere zeigen oft Leukozyten oberhalb des Normwerts, aber fast nie > 20 Giga/l ohne weitere Erkrankungen.
  • Schwarze haben deutliche niedrigere Leukozytenwerte (2,8-7,2 Giga/l).

Indikationen

  • Infektionen
  • Maligne (bösartige) Neubildungen
  • Knochenmarkschäden
  • Parasitosen (Parasitenerkrankungen)

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte (Leukozytose)

  • Infektionen
    • bakterielle Infektionen (Ausnahme: Tuberkulose, Tbc)
    • chronische Infektionen
    • Mykosen (Pilzerkrankungen)
    • Parasitosen (Parasitenerkrankungen)
  • Autoimmunerkrankungen
    • Kollagenosen (Gruppe von Bindegewebserkrankungen, die durch Autoimmunprozesse bedingt sind) – systemischer Lupus erythematodes (SLE), Polymyositis (PM) bzw. Dermatomyositis (DM), Sjögren-Syndrom (Sj), Sklerodermie (SSc) und Sharp-Syndrom ("mixed connective tissue disease", MCTD)
    • Rheumatisches Fieber
    • Rheumatoide Arthritis
  • Bösartige Neubildungen (Neoplasien, tumorös) inkl. hämatologischer Erkrankungen [siehe unten Abgrenzung von reaktiver und maligner Leukozytose)
    • Leukämien
      • Akute Leukämien (im höheren Erwachsenenalter kann die Leukozytenzahl normal sein, insbesondere dann, wenn sie sich aus einem myelodysplatischen Syndrom (Präleukämie) entwickelt)
      • Chronisch myeloische Leukämie (CML)
    • Lymphome (z. T.)
    • Maligne (bösartige) Tumoren
    • Myeloproliferative Erkrankungen (Gruppe von Erkrankungen, die zu Beginn zu einer Vermehrung der Zellen mindestens einer Zellreihe führt):
      • Chronisch myeloische Leukämie (CML)
      • essentielle Thrombozythämie (ET) – chronische myeloproliferative Erkrankung (CMPE, CMPN), die durch eine chronische Erhöhung der Thrombozyten (Blutplättchen) charakterisiert ist
      • Myeloproliferative Syndrome (MPS)
      • Osteomyelofibrose (Osteomyelosklerose, OMF)
      • Polycythaemia vera (PV)
  • Metabolische Ursachen (hormonell)
    • Morbus Cushing – Gruppe von Erkrankungen, die zum Hyperkortisolismus (Hypercortisolismus; Überangebot von Cortisol) führen. 
    • Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Myokardinfarkt* (Herzinfarkt)
  • Gicht
  • Coma
    • Coma diabeticum (diabetisches Koma)
    • Coma hepaticum (Leberkoma)
    • Coma uraemicum (urämisches Koma/Bewusstseinsstörung aufgrund einer terminalen Niereninsuffizienz (Nierenversagen))
  • Rheumatische Erkrankungen (entzündliche rheumatische Erkrankungen; rheumatoide Arthritis)
  • Schwangerschaft*
  • Schock*
  • Wundheilung*
  • Zustand nach Splenektomie (Milzentfernung)
  • Exogene Faktoren
    • Rauchen (rasch reversibel nach einem Rauchstopp; Monozytose und Lymphozytose können bis zu fünf Jahre weiter bestehen)
    • Stress
    • Medikamente
      • Glucocorticoid-Therapie (Anstieg der Leukozyten schon nach einigen Stunden nachweisbar: Granulozyten, die an der Wand der Gefäße haften, werden durch die Steroidtherapie in das Blut freigesetzt))
    • CO-Intoxikationen*
    • Extreme Temperaturen*
    • Traumata*
    • Verbrennungen*

*Stresssituationen

Interpretation erniedrigter Werte (Leukopenie; Leukozytopenie)

  • Biographische Ursachen
    • Menschen arabischer und afrikanischer Herkunft (benigne ethnisch bedingte Neutropenie)
  • Infektionen
    • virale Infektionen (Hepatitis B, Hepatitis C, HIV-Infektion, Influenza, Masern, Mononukleose, Mumps, Cytomegalie)
    • bakterielle Infektionen (Brucellose, Shigellenenteritis, Typhus abdominalis/Salmonellen, Tuberkulose, Tularämie)
  • Parasitosen (Malaria, Rickettsien, Kala Azar)
  • Autoimmunerkrankungen (Felty-Syndrom, Reiter-Krankheit (Synonyme: Reiter-Syndrom; Morbus Reiter; Arthritis dysenterica; Polyarthritis enterica; postenteritische Arthritis; posturethritische Arthritis; undifferenzierte Oligoarthritis; urethro-okulo-synoviales Syndrom; Fiessinger-Leroy-Syndrom; engl. Sexually acquired reactive arthritis (SARA)), systemischer Lupus erythematodes (SLE), Sjögren-Syndrom)
  • Leukozytenbildungsstörungen
    • Granulozytopenien, familiäre
    • Myelofibrose (Myelodysplasien)
  • Exogene Faktoren
    • Medikamente
      • Zytostatika
      • siehe unter "Hämatoxische Medikamente"
    • Strahlentherapie (inkl. Strahlenkrankheit)

Abgrenzung: Ist eine Leukozytose reaktiv oder maligne (bösartig)?

Reaktive Leukozytose 

  • Entzündungszeichen
    • Fieber, Laborwerte wie CRP (Akut-Phase-Reaktion)
    • kleinere, oft druckdolente (druckschmerzhafte) Lymphknoten mit intakter Struktur
  • Infektiöse Genese ist nachzuweisen, ggf. mit entsprechende zeitlichen Verlauf
  • Zellzahl < 30.000-40.000 Leukozyten/μl (meist < 20.000) [polyklonale Vermehrung]
  • Im Ausstrich zeigt sich ein buntes Bild 
    • Vermehrung reifer Zellformen (Segmentkernige, virale Reizformen)
    • immunologisch reaktiver Lymphozytose, keine Blasten!
  • Resthämatopoese (Rest der Blutbildung) ungestört
  • Ggf. leichte Anämie (Blutarmut)
  • Reaktive Thrombozytose (Blutplättchen über den Normalbereich hinaus vermehrt; oft!)

Maligne Leukozytose 

  • Verschlechterung des Allgemeinzustandes
    • Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Lymphome
    • indolente ("schmerzlose") Lymphknoten mit zerstörte Struktur
  • Zellzahl stellt kein sicheres Kriterium da
  • Monoklonale Zellpopulationen
    • monotones Bild im Ausstrich, evtl. blastäre Zellen/Blasten
    • immunologisch (FACS/fluorescence activated cell sorting) monotypische Population
    • molekulargenetisch (Rearrangement der Immunglobuline bzw. des T-Zell-Rezeptors) 
    • zytogenetisch (Translokationen)
  • Hämatopoese (Blutbildung) häufig gestört
  • Anämie (Blutarmut)
  • Thrombozytopenie (Blutplättchen über den Normalbereich hinaus vermindert)

Abgrenzung: Ist eine Linksverschiebung reaktiv oder pathologisch?

Definition: Eine Linksverschiebung wird definiert als vermehrtes Auftreten neutrophiler stabkerniger Granulozyten (stabkernige Neutrophile) oder ihrer Vorläuferzellen im peripheren Blut.
Eine Linksverschiebung kann, muss aber nicht mit einer Granulozytose (Vermehrung der Granulozyten im peripheren Blut) einhergehen!

Reaktive Linksverschiebung (v. a. neutrophile stabkernige Granulozyten erhöht; frühere Entwicklungsstadien werden nur nur vereinzelt beobachtet); häufige Ursachen sind:

  • Bakterielle Infektionen
  • Entzündungsreaktionen
  • Metabolische Veränderungen wie Schwangerschaft, Azidose (Übersäuerung) oder Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)
  • Zellzerfall bzw. Gewebsnekrosen

Pathologische Linksverschiebung (frühe Entwicklungsstadien wie Metamyelozyten, Myelozyten und Promyelozyten bis hin zu Myeloblasten); häufige Ursachen sind:

  • Maligne Entartung der pluripotenten Stammzelle im Knochenmark (z. B. myeloproliferatives Syndrom; Leukämien, Knochenmarkinfiltration bei malignen Tumoren und Lymphomen, extramedulläre Hämatopoese/Blutbildung außerhalb des Knochenmarks).

Beachte: Falls sich im Ausstrich ein monomorphes Bild identisch aussehender Blutzellen z. B. Blasten oder Lymphozyten vorfindet, besteht der dringende Verdacht auf eine maligne (bösartige) Erkrankung.

Weitere Hinweise

  • Rechtsverschiebung: Von einer Rechtsverschiebung spricht man bei Übersegmentierung der neutrophilen segmentkernigen Granulozyten (häufig mit vier, fünf oder sechs Segmenten). Diese Rechtsverschiebung findet sich u. a. bei den megaloblastären Anämien (Anämie (Blutarmut), die durch einen Mangel an Vitamin B12 oder seltener durch einen Folsäuremangel bedingt ist), der Urämie ( terminale Niereninsuffizienz/„stark fortgeschrittene Nierenschwäche“) und konstitutionell-angeboren.

Weiteres Prozedere bei einer Leukozytose

  • Leukozytenzahl < 15.000 /μl → Anamnese + Differentialblutbild 
  • Leukozytenzahl > 20.000 /μl → Patienten sofort zum Hämatologen schicken!
     
Wir helfen Ihnen in jeder Lebenslage
Die auf unserer Homepage für Sie bereitgestellten Gesundheits- und Medizininformationen ersetzen nicht die professionelle Beratung oder Behandlung durch einen approbierten Arzt.
DocMedicus Suche

 
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
   -
ArztOnline.jpg
 
DocMedicus                          
Gesundheitsportal

Unsere Partner DocMedicus Verlag