Hüftarthrose (Coxarthrose) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Der altersbedingte Verschleiß ist nicht die Ursache einer Arthrose, sondern am Anfang der Gelenkzerstörung steht meist eine akute Schädigung des Gelenkknorpels durch ein Trauma oder eine Infektion (selten). Als pathogenetischer Mechanismus wird eine insuffiziente Matrixsynthese und/oder ein vermehrter Zelltod der Chondrozyten (Knorpelzellen) diskutiert.

Bei der Arthrose kann man folgende Pathomechanismen beobachten:

  • Arthrose durch übermäßige Belastung des Gelenks (repetitives Mikrotrauma)
  • Arthrose durch minderwertigen Knochen bzw. Knorpel

Die Ursachen der primären Coxarthrose sind unbekannt. Man geht davon aus, dass der Gelenkknorpel anlagebedingt minderwertig ist. Primäre Coxarthrosen sind häufig mit Arthrosen an anderen Gelenken wie auch der Lendenwirbelsäule vergesellschaftet.

Eine sekundäre Coxarthrose bildet sich deutlich früher aus als die primäre Form. Die Ursachen sind vielfältig (siehe unten).

Das Auftreten einer bilateralen (beidseitigen) Coxarthrose wird begünstigt durch:

  • zunehmendes Alter
  • Diabetes mellitus
  • Gelenktrauma/Gelenkverletzung auf der Gegenseite
  • Gelenkvorerkrankung auf der Gegenseite

Risikofaktoren für eine unilaterale (einseitige) Coxarthrose sind:

  • Gelenktrauma/Gelenkverletzung
  • Gelenkvorerkrankung

Arthrose und Inflammation (Entzündung)

Eine niedriggradige Inflammation scheint bei der Arthrose (engl. Osteoarthritis) eine größere Rolle zu spielen, als radiologische Veränderungen im Sinne einer Arthrose (Zeichen einer Degeneration). Dieses zeigte sich bei der Bestimmung von hs-CRP-Serumspiegel (high sensitivity CRP; Entzündungsparameter), die leicht aber statistisch signifikant erhöht waren im Vergleich zur Kontrollgruppe [3].
Klinisch zeigen ca. 50 % der Arthrosepatienten Zeichen einer synovialen Entzündung. Die Zeichen einer Synovitis (Gelenkinnenhautentzündungsind bereits bei geringen Beschwerden und nur eingeschränkten strukturellen Veränderungen nachweisbar. Es lässt sich dabei eine typische Immunzellinfiltration mit Monozyten/Makrophagen und T-Lymphozyten (CD4-T-Zellen) nachweisen. Des Weiteren treten bei diesem Prozess Zytokine (Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α); IFN-γ/Interferon-gamma), Wachstumsfaktoren und Neuropeptide auf. Die Mediatoren stimulieren unter anderem proinflammatorische  ("entzündungsfördernde") Zytokine ("entzündungsfördernde")

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern: z. B. durch Vitamin-D-Rezeptor (VDR)-Genpolymorphismen
    • In der asiatischen Population gab es signifikante Zusammenhänge zwischen VDR-Apal-Polymorphismen und Arthrose, nicht jedoch in der Gesamtpopulation [1]
    • Es bestand ebenfalls ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen FokI-Polymorphismen und Arthrose; allerdings wurde dieses Ergebnis nur aus zwei Studien abgeleitet [1]
  • Lebensalter – altersbedingte Knorpeldegeneration durch verminderte Stoffwechselaktivität
  • Berufe – Berufe mit lang andauernden schweren körperlichen Belastungen (z. B. Bauarbeiter); insb. Heben und Tragen schwerer Lasten über längere Zeit (2-2,5-fache Risiko) [4]

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol – ≥ 20 Gläser Bier/Woche führen zu einem signifikanten Anstieg bei Coxarthrose und Gonarthrose (Kniearthrose); Personen, die 4 bis 6 Gläser Wein pro Woche tranken, hatten ein geringeres Risiko für eine Gonarthrose [2]
  • Körperliche Aktivität
    • Unterbelastung des Knorpels:
      • mangelnde körperliche Bewegung – da der Knorpel seine Mikronährstoffe aus der Gelenkflüssigkeit bezieht, ist er darauf angewiesen, dass das Gelenk zur "Knorpeldurchwalkung" bewegt wird
      • nutritive Schädigung (z. B. lange Ruhestellung im Gipsverband)
    • Überbelastung des Knorpels:
      • Leistungs- und Hochleistungssport
      • lang andauernde schwere körperliche Belastungen, z. B. im Beruf (Bauarbeiter, insbesondere Bodenleger)insb. Heben und Tragen schwerer Lasten über längere Zeit (2-2,5-fache Risiko) [4]
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – führt zu einer Überbeanspruchung der Gelenke

*Sport ist aber nur solange gesund, wie Gelenke dabei nicht beschädigt werden oder keine Vorerkrankungen aufweisen

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Chronische Arthropathie – eine Reihe von Erkrankungen kann zu einer sekundären Gelenkerkrankung führen. Dabei können sowohl entzündliche als auch nicht-entzündliche Vorgänge eine Rolle spielen. Beispiele sind Gelenkveränderungen bei Hyperurikämie (Gicht) – Harnsäure-bedingt, Diabetes mellitus – Glucose-bedingt, Hämophilie (Bluterkrankheit) oder Lepra.
  • Durchblutungsstörung des Hüftkopfes
  • Entzündliche Gelenkerkrankungen
  • Fehlstellung (Varus – Valgus)
    • Coxa plana (Hüftgelenksdeformität durch Abflachung des Femurkopfes (Oberschenkelknochenkopf))
    • Coxa valga luxans – flache Pfannenbildung
    • Coxa vara ("auswärtsgebogene" Hüfte)
    • Subluxation – unvollständige Verrenkung
  • Kongenitale Hüftgelenksdysplasie – angeborene Fehlentwicklung des Hüftgelenks
  • Perthes-Krankheit – idiopathische (ohne erkennbare Ursache) kindliche Hüftkopfnekrose
  • Posttraumatische Ereignisse – nach Gelenktrauma/Gelenkverletzung; Luxation (Verrenkung/Auskugelung)
  • Rheumatische Gelenkerkrankungen
  • Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)/Gicht
  • Subluxation – unvollständige Verrenkung der Hüfte

Labordiagnosen – Laborparameter, die als unabhängige Risikofaktoren gelten

  • Hyperurikämie (Erhöhung des Harnsäurespiegels im Blut)

Weiteres

  • Beckenschiefstand (= Beinlängendifferenz < 2 cm)?

Literatur

  1. Zhu ZH, Jin XZ, Zhang W, Chen M, Ye DQ, Zhai Y, Dong FL, Shen CL, Ding C: Associations between vitamin D receptor gene polymorphisms and osteoarthritis: an updated meta-analysis. Rheumatology (Oxford). 2014 Feb 4.
  2. Muthuri SG, Zhang W, Maciewicz RA, Muir K, Doherty M: Beer and wine consumption and risk of knee or hip osteoarthritis: a case control study. Arthritis Res Ther. 2015 Feb 5;17(1):23.
  3. Jin X, Beguerie JR, Zhang W, Blizzard L, Otahal P, Jones G, Ding C: Circulating C reactive protein in osteoarthritis: a systematic review and meta-analysis. Ann Rheum Dis. 2015 Apr;74(4):703-10. doi: 10.1136/annrheumdis-2013-204494
  4. Bergmann A et al.: Hüftgelenksarthrose: Körperliche Belastung im Beruf als Risiko. Ein systematisches Review zur Risikoabschätzung. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(35-36): 581-8; doi: 10.3238/arztebl.2017.0581