Ursachen
Blutvergiftung (Sepsis)

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Sepsis bezeichnet eine lebensbedrohliche Organdysfunktion aufgrund einer fehlregulierten Körperantwort auf eine Infektion.

Auslöser sind Infektionen mit Erregern aller Art (Bakterien, deren Toxine, Viren oder Pilze), vor allem Staphyloccocus aureus oder E. coli; des Weiteren mit Anaerobier, Clostridium difficile, Clostridium perfringens, Enterobacter, Enterokokken, Haemophilus influenzae, koagulasenegative Staphylokokken, Pneumokokken, Pseudomonas, Streptococcus agalacticae, Streptococcus pneumoniae, Streptococcus pyogenes, Streptokokken, Streptokokken Gruppe A, Streptokokken Gruppe B oder Streptokokken Gruppe D.

Eine Urosepsis wird am häufigsten durch Enterobakterien ausgelöst: E. coli (52 %), Proteus spp., Enterobacter spp., Klebsiella spp., P. aeruginosa und grampositive Bakterien wie Enterokokken (5 %) [1].

Häufigste Infektionsherde bei einer ambulant erworbenen Sepsis sind:

  • Untere Respirationstrakt (z. B. Pneumonie/Lungenentzündung, Pleuraempyem/Ansammlung von Eiter (Empyem) innerhalb des Brustfells (Pleura), das heißt zwischen den beiden Pleurablättern)
  • Gastrointestinaltrakt (z. B. intraabdominaler Abszess, Cholangitis/Gallenwegsentzündung, Divertikulitis/Erkrankung des Dickdarmes, bei der sich in Ausstülpungen der Schleimhaut (Divertikel) eine Entzündung bildet)
  • Urogenitaltrakt (ca. 80 % der Fälle obstruktive Uropathie/gestörter Harnabflusses infolge einer Obstruktion der ableitenden Harnwege: z. B. Pyelonephritis/Nierenbeckenentzündung mit Obstruktion; Beachte: Die häufigste Ursache einer Urosepsis ist die Pyelonephritis.)  → Urosepsis (9-31 % aller Septitiden gehen aus einer Infektion des Urogenitaltraktes und des männlichen Genitals hervor)

Bei einer Sepsis kommt es im Verlaufe einer Infektion zur Freisetzung von Pathogenprodukten, sogenannten PAMPs ("pathogenassociated molecular patterns", z. B. Bakterien) und/oder körpereigenen Signalmolekülen (sogenannten DAMPs), die die Effektorzellen (z. B. Gefäß- und Gewebezellen, Blut- und Lymphzellen) betreffen. Dies wiederum führt zu einer massiven Mediatorenfreisetzung (z. B. CRP, PCT, TNF-α, IL-2, IL-6, IL-8), was Auswirkungen auf alle Organfunktionen hat (s. u. "Folgeerkrankungen").

Fulminate Verlaufsformen sind:

  • Meningokokkensepsis ‒ Sepsis, die durch das Bakterium Neisseria meningitidis ausgelöst wird
  • OPSI-syndrome (overwhelming post splenectomy infektion syndrome) ‒ Sepsis nach Splenektomie (Milzentfernung)
  • Toxic-Shock-Syndrome (toxisches Schocksyndrom, TSS; Synonym: Tamponkrankheit) – schweres Kreislauf- und Organversagen durch Bakterientoxine (meist Enterotoxin des Bakterium Staphylococcus aureus, seltener Streptokokken, dann als Streptokokken-induziertes Toxisches Schocksyndrom bezeichnet)
  • Schwere Sepsisfälle mit hoher Letalität (Sterberate) werden u. a. hervorgerufen durch den Erreger Vibrio vulnificus (V. vulnificus). Vibrio vulnificus ist ein gramnegatives Bakterium aus der Familie der Vibrionaceae, welches obligat halophil (salzliebend) ist. Nach oraler Aufnahme roher infizierter Meeresfrüchte können gastrointestinale Symptome auftreten; daneben können durch den kontaktgeschädigter Haut mit kontaminiertem Meereswasser häufig plötzliches Fieber und Schüttelfrost in Verbindung mit multiplen Haut- und Weichteilinfektionen (Bullae (flüssigkeitsgefüllte Hohlräume), Ekchymosen (kleinflächige Haut- oder Schleimhautblutung), nekrotisierende Fasziitis: oudroyant verlaufende lebensbedrohliche Infektion der Haut, der Subkutis (Unterhaut) und der Faszie mit fortschreitender Gangrän), die metastatisch – vor allem an der unteren Extremität – auftreten, beobachtet werden. Neben einer antiinfektiösen Therapie ist eine sofortige Herdsanierung der Haut- und Gewebeinfektion (z. B. Fasziitis) erforderlich.

Gender-Unterschiede (Gendermedizin)

  • Auslöser einer Sepsis:
    • Männer: meist Infektionen der oberen Atemwege
    • Frauen: meist Infektionen des Urogenitaltrakts
  • Grampositive bzw. gramnegative Erreger:
    • Männer: überwiegend gram­positive Erreger
    • Frauen: überwiegend gramnegative Erreger

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Alter
    • Jüngsten haben das niedrigste Sepsisrisiko, die Ältesten das höchste [3]
    • Studie, in der rückwirkend untersucht wurde, wie sich Antibiotikaverordnung oder Nichtverordnung auf das Sepsisrisiko von Patienten auswirkte, die einen Hausarzt aufgesucht hatten [3]:
      • Ohne Antibiotikatherapie: Sepsisrate der 15- bis 24-Jährigen bei 1:9.900 (Männer, M) bzw. 1:12.500 (Frauen, F);  ab 85 Jahren: 1:215 (M) bzw. 1:321 (F) 
      • Mit Antibiotikatherapie: Sepsisrate der 15- bis 24-Jährigen bei 1:24.390 (M) bzw. 1:41.667 (F) ; 1:1200 (M) bzw. 1:1964 (F) ab 85 Jahren: 1:1.200 (M) bzw. 1:1.964 (F) 
      • Das höchste Sepsisrisiko bestand bei Infekten der Harnwege, gefolgt von Haut- und zuletzt Atemwegsinfektion.

Krankheitsbedingte Ursachen

Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)

  • Infektion mit Krankheitserregern (s. o.), nicht näher bezeichnet
    Z. B. Harnwegsinfekt (HWI) und zugleich eGFR (estimated GFR, die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate) < 45 ml/min/1,73 m2; Mortalitätsrate (Sterberate) war bei Patienten mit einer eGFR < 30 ml/min/1,73 m2 um 63 % gegenüber denjenigen mit normaler oder nur leicht eingeschränkter Nierenfunktion erhöht [2].

Medikamente

  • Antivirale Medikamente (Foscarnet) → Granulozytopenie (Verminderung der neutrophilen Granulozyten/gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen)

Operationen

  • Postoperativ (in der Regel Folge einer während der Operation erworbenen Infektion)
  • Zust. n. Splenektomie (Milzentfernung)

Literatur

  1. Schiefer HG: Urosepsis. In: Schmelz H, Sparwasser C, Weidner W, (eds.): Facharztwissen Urologie. Heidelberg: Springer Medizin 2014; 51-7.
  2. Ahmed H et al.: Risk of adverse outcomes following urinary tract infection in older people with renal impairment: Retrospective cohort study using linked health record data. PLoS Med 15(9): e1002652 https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002652
  3. Gulliford MC et al.: Probability of sepsis after infection consultations in primary care in the United Kingdom in 2002–2017: Population-based cohort study and decision analytic model. PLOS Medicine July 23, 2020 https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1003202
     
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