Einleitung
Blutvergiftung (Sepsis)

Bei der Sepsis – umgangssprachlich Blutvergiftung genannt – (Synonyme: Bakterielle Toxämie; Biliäre Sepsis; Friedländer-Sepsis; Gangränöse Sepsis; Generalisierte Eiterabsorption; Generalisierte Infektion a.n.k.; Kryptogenetische Sepsis; Postoperative Sepsis; Pyämie; Sepsis mit Multiorganversagen; Septikämie; Septikopyämie; Septische Intoxikation; Septischer Schock; Septisches Fieber; Septisches Multiorganversagen; Septische Toxikose; Septische Vergiftung; Septisch-toxischer Schock; Septisch-toxisches Multiorganversagen; Suppurative Sepsis; Toxämie; Toxikämie; Urosepsis; ICD-10-GM A40.-:Streptokokkensepsis; ICD-10-GM A41.-: Sonstige Sepsis) handelt es sich um eine schwere systemische (den gesamten Organismus betreffende) inflammatorische Reaktion (Entzündungsreaktion) des Körpers auf eine Infektion. Die Infektion kann durch Bakterien – Staphylococcus aureus, Escherichia coli, Bakterien der Gattung Klebsiella, Enterobacter, Serratia sowie Pseudomonia species und Streptococcus viridans, S. faecalis und S. pneumoniae – bzw. deren Toxine (Gifte) oder auch Mykosen (Pilze) ausgelöst werden.

Seit dem Jahreskongress der Society of Critical Care Medicine 2016 in Orlando wurde die obige Definition der Sepsis wie folgt ersetzt: "lebensbedrohliche Organdysfunktion aufgrund einer fehlregulierten Körperantwort auf eine Infektion" [1].

In der aktuellen S3-Leitlinie „Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge“ wie folgt definiert: "Bei einer Sepsis handelt es sich um eine lebensbedrohliche Organdysfunktion ausgelöst durch eine Infektion, welche mit einer Regulationsstörung beim Wirt einhergeht".

Der septische Schock wird seitdem definiert als eine Untergruppe der Sepsis: Die Kreislaufreaktion und zelluläre und metabolische Veränderungen sind dabei so tiefgreifend verändert, dass das Mortalitätsrisiko (Sterberisiko) deutlich erhöht ist [1].

Die häufigsten Formen der Sepsis sind:

  • Katheter-assoziierte Sepsis ‒ Sepsis, die durch in den Körper eingebrachte Katheter oder sonstige Fremdkörper ausgelöst wird
  • Ventilator-assoziierte Pneumonie ‒ Lungenentzündung, die mit einer künstlichen Beatmung assoziiert ist

Geschlechterverhältnis: Männer sind geringfügig häufiger betroffen als Frauen.

Etwa 150.000 Menschen erkranken jährlich an einer Sepsis (in Deutschland).
Weltweit 60-70 % aller Sepsisfälle sind ambulant erworben [4].
9–31 % aller Septikämien haben einen urogenitalen (Harn- und Geschlechtsorganen gehörenden) Ursprung und werden als Urosepsis bezeichnet.
Die Sepsis ist für eine von 5 Toden weltweit verantwortlich [5]; in Deutschland ist eine Sepsis die dritthäufigste Todesursache.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt 335 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland)
In den USA beträgt die Inzidenz ca. 377 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr (2008). Sepsis ist damit in den USA deutlich häufiger als Myokardinfarkt (Herzinfarkt), Mamma- oder Kolonkarzinom (Brust- oder Dickdarmkrebs) [2, 3].

Verlauf und Prognose: Sepsis und septischer Schock sind medizinische Notfälle! Verlauf und Prognose sind abhängig von der Form der Sepsis und davon, wie frühzeitig mit der Therapie begonnen wurde. Im Verlauf einer Sepsis kann es zu lebensbedrohlichen Störungen der Vitalfunktionen kommen. Auch das Versagen eines oder mehrerer Organe (Multiorganversagen (MOV)) ist nicht ungewöhnlich. In der Regel ist eine intensivmedizinische Überwachung erforderlich.

Fulminate Verlaufsformen sind:

  • Meningokokkensepsis ‒ Sepsis, die durch das Bakterium Neisseria meningitidis ausgelöst wird
  • OPSI-syndrome (overwhelming post splenectomy infektion syndrome) ‒ Sepsis nach Splenektomie (Milzentfernung)
  • Toxic-Shock-Syndrome (toxisches Schocksyndrom, TSS; Synonym: Tamponkrankheit) – schweres Kreislauf- und Organversagen durch Bakterientoxine (meist Enterotoxin des Bakterium Staphylococcus aureus, seltener Streptokokken, dann als Streptokokken-induziertes Toxisches Schocksyndrom bezeichnet)

Die Letalität (Sterblichkeit bezogen auf die Gesamtzahl der an der Krankheit Erkrankten) beträgt im Krankenhaus trotz Therapie ca. 55 %. Die Sterblichkeitsrate beträgt 43,6 % für die schwere Sepsis und 58,8 % für den septischen Schock.
Die Letalitätsraten variieren abhängig vom Infektionsursprung. Bei einer schweren Urosepsis werden beispielsweise Letalitätsraten von 20-40 % angegeben.
Die Prognose einer Sepsis, d. h. das Risiko im Krankenhaus zu sterben oder in ein Hospiz verlegt zu werden, ist bei zuvor gesunden Patienten schlechter als bei vorerkranken Patienten (22,8 % vs. 20,8 %; adjustierte Odds Ratio 1,99) [7].
Patienten, die während eines Krankenhausaufenthaltes eine Sepsis hatten und diese überlebten, wiesen nach der Entlassung sowohl kurz als auch langfristig ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko (s. u. Folgeerkrankungen) auf. Dieses schlug sich nieder in erneute Hospitalisierung und ein erhöhtes Risiko für die Gesamtmortalität [8].
Eine monozentrische Registerstudie mit vierjähriger Nachverfolgung zeigte eine Gesamtsterblichkeit von 59 % 6 Monate nach Diagnosestellung und eine Sterblichkeitsrate nach 4 Jahren von fast 75 % [6].

Impfung: Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut weist darauf hin, dass die Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken sowie die Impfungen gegen Meningokokken und Haemophilus influenzae B dazu beitragen können, die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) der Sepsis zu reduzieren.

Literatur

  1. Singer M et al.: The Third International Consensus Definitions for Sepsis and Septic Shock (Sepsis-3). JAMA. 2016;315(8):801-810. doi:10.1001/jama.2016.0287.
  2. Yeh RW, Sidney S, Chandra M, Sorel M, Selby JV, Go AS: Population trends in the incidence and outcomes of acute myocardial infarction. N Engl J Med 2010; 362: 2155–65.
  3. National Cancer Institute: Cancer Statistics. www.cancer.gov/statis tics/find (last accessed on 2 October 2015).
  4. Reinhart K, Daniels R, Kissoon N et al.: Recognizing sepsis as a global health priority – a WHO resolution. N Engl J Med 2017 Aug 3;377(5):414-417. doi: 10.1056/NEJMp1707170. Epub 2017 Jun 28.
  5. Rudd KE et al.: Global, regional, and national sepsis incidence and mortality, 1990-2017: analysis for the Global Burden of Disease Study. Lancet January 18, 2020 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(19)32989-7
  6. Schmidt K et al.: Long-term survival following sepsis – results of a single-center registry study with four year follow-up Dtsch Arztebl Int 2020; 117: 775-82; doi: 10.3238/arztebl.2020.0775
  7. Alrawashdeh M et al. Prevalence and Outcomes of Previously Healthy Adults Among Patients Hospitalized with Community-Onset Sepsis. Chest 2022; https://doi.org/10.1016/j.chest.2022.01.016
  8. Jentzner JC et al.: Cardiovascular Events Among Survivors of Sepsis Hospitalization: A Retrospective Cohort Analysis Journal of the American Heart Association. 2023;0:e027813 https://doi.org/10.1161/JAHA.122.027813

Leitlinien

  1. S2k-Leitlinie: Sepsis bei Kindern jenseits der Neonatalperiode. (AWMF-Registernummer 024 - 025), Dezember 2015 Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Sepsis bei Neugeborenen – frühe Form durch Streptokokken der Gruppe B, Prophylaxe. (AWMF-Registernummer 024 - 020), März 2016 Langfassung
  3. S3-Leitlinie: Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge. (AWMF-Registernummer 079 - 001), Dezember 2018 Kurzfassung Langfassung
  4. Evans L, Rhodes A, et al.: Surviving sepsis campaign: international guidelines for management of sepsis and septic shock 2021. Intensive Care Med.. 2021 Nov;47(11):1181-1247. doi: 10.1007/s00134-021-06506-y.

     
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