Bluthochdruck (Arterielle Hypertonie) – Medizingerätediagnostik

Obligate Medizingerätediagnostik

  • Wiederholte Blutdruckmessung an beiden Armen mit dem Armumfang angepasster Manschette.
    Messbedingungen: Blutdruckmessung nach einer fünfminütigen Entspannungsphase und in Ruhe. Im Abstand von ein bis zwei Minuten erfolgen dann drei Blutdruckmessungen. Daraus erfolgt die Berechnung des Mittelwertes.
    [Erst nach mindestens 3-maliger Messung zu verschiedenen Zeitpunkten kann die Diagnose Bluthochdruck gestellt werden.]
  • 24-Stunden-Blutdruckmessung: im Regelfall als ambulantes Blutdruck-Monitoring (ABDM; engl. ambulatory blood pressure monitoring, ABPM) zur Bestätigung der Diagnose der Hypertonie und zur Vermeidung einer Weißkittelhypertonie/Praxishypertonie (engl.: white coat hypertension). 
    [wenn nachts der Blutdruck zu hoch ist, dann ist die Gefahr für Myokardinfarkt (Herzinfarkt) und Apoplex (Schlaganfall) am höchsten:
    • systolischer Anstieg um 10 mmHg ergibt ein um 25 % erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (1)
    • diastolischer Druck:
      • 110 mmHg in der Praxis gemessen, erhöhte die Rate für kardiovaskuläre Ereignisse in der Folgezeit um 20 %
      • 110 mmHg in der Nacht gemessen, erlitten 60 % dieser Patienten später einen Myokardinfarkt oder Apoplex (2)]
  • Elektrokardiogramm (12-Kanal-EKG; Aufzeichnung der elektrischen Aktivitäten des Herzmuskels) – zum Ausschluss von Herzrhythmusstörungen, Zeichen einer Myokardischämie (Durchblutungsstörung des Herzmuskels) [linksventrikuläre Hypertrophie (LVH): Sokolow-Lyon ≥ 35 mm, Cornell-QRS > 2,8 mV]

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, körperlichen Untersuchung, Labordiagnostik und obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Echokardiographie (Echo; Herzultraschall) – bei Verdacht auf Herzerkrankungen wie Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Transthorakale Echokardiographie (Echo; Herzultraschall) – indiziert bei pathologischer Basisdiagnostik zur Bestimmung der linksventrikulären Wandstärke (Wandstärke der linken Herzkammer); Ausschluss einer Aortenklappeninsuffizienz (mangelhafter Schluss der Aortenklappe des Herzens)
  • Elektrokardiogramm (12-Kanal-EKG)
    • Belastungs-EKG mittels Ergometrie (Messung von kardiovaskulären Leistungsparametern bei gezielter körperlicher Belastung) – zum Ausschluss einer Koronaren Herzkrankheit (KHK)
    • Langzeit-EKG-Untersuchung – bei Arrhythmieverdacht
  • Intima-Media-Dicke-Messung zum Nachweis einer subklinischen Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung)
  • Messung der Arterienelastizität (ASI) – nicht invasive Messung der Arterienelastizität; misst das Ausmaß einer Atherosklerose (Arteriosklerose, Arterienverkalkung); Hauptmerkmal für einen erhöhten isolierten systolischen Blutdruck ist die arterielle Steifheit 
  • Knöchel-Arm-Index (ABI; Untersuchungsmethode, die das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen beschreiben kann – der Test gilt als hochspezifisch und sensitiv, um eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) nachweisen zu können
  • Duplexsonographie der extrakraniellen Hirngefäße – zur Feststellung von Gefäßveränderungen (z. B Risikostratifizierung Apoplex/Schlaganfall)
  • Binokular-biomikroskopische Funduskopie bei weitgetropfter Pupille – eingesetzt bei einem diastolischen Blutdruck über 110 mmHg (zur Feststellung einer malignen Hypertonie)
  • Duplexsonographie der Becken-Bein-Gefäße – zum Ausschluss von Gefäßverschlüssen (z. B. Thrombosen) oder Stenosen (Einengungen))
  • Röntgenaufnahme des Thorax (Röntgen-Thorax/Brustkorb), in zwei Ebenen – zur Bestimmung der Herzgröße/-konfiguration; Ausschluss eines Aortenaneurysma (Aussackung der Hauptschlagader)  
  • Abdomensonographie (Ultraschalluntersuchung der Bauchorgane) – bei Verdacht auf Nierenveränderungen (renale Hypertonie) mit Duplexsonographie der Nierenarterien zum Ausschluss von Nierenarterienstenosen;
  • Angiographie (Darstellung der Blutgefäße durch Kontrastmittel in einer Röntgenuntersuchung) – zur Darstellung der Nierengefäße bei Verdacht auf eine renale (nierenbedingte) Ursache der Hypertonie
  • Computertomographie (CT)-Angiographie – zur Darstellung der Nierengefäße bei Verdacht auf eine renale (nierenbedingte) Ursache der Hypertonie
  • Nierenszintigraphie – zur Darstellung der Nierenfunktion bei Verdacht auf eine renale Ursache der Hypertonie
  • Myokardszintigraphie oder Herzkatheteruntersuchung – bei Verdacht auf Koronare Herzkrankheit (KHK) bzw. akutes Koronarsyndrom (ACS; Acute coronary syndrome); letzteres beschreibt ein Spektrum von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das von der instabilen Angina pectoris ("Brustenge"; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend mit inkonstanter Symptomatik) bis zu den beiden Hauptformen des Myokardinfarkts (Herzinfarkt), dem Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und dem ST-Hebungsinfarkt (STEMI), reicht
  • Schlafapnoe-Screening – bei Verdacht auf Schlafapnoe (Atemaussetzer im Schlaf)

Maskierte Hypertonie (= normaler Blutdruck in der Praxis, aber im Alltag des Patienten liegen tatsächlich erhöhte Werte vor)

  • In der "Masked Hypertension Study" konnte gezeigt werden, dass bei der Praxismessung der Blutdruck eher unter- als überschätzt wird (= maskierte Hypertonie). Die Praxiswerte der gesunden Teilnehmer waren im Schnitt um 7/2 mmHg niedriger als deren Werte in der ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung (ABPM). Davon betroffen waren besonders jüngere, schlanke Personen. 
    Bei mehr als einem Drittel der Studienteilnehmer überstieg der systolische ambulante Wert den Praxiswert um mehr als 10 mmHg. Ein um 10 mmHg höherer Praxisblutdruck als der ABPM-Wert kam nur bei 2,5 Prozent der Teilnehmer vor [5].
    Fazit: Die Weißkittelhypertonie erhält damit einen anderen Stellenwert als in der Vergangenheit.
    Die Prävalenz der Weißkittelhypertonie in Deutschland beträgt ca. 13 %.
  • Bei hochnormalen Blutdruckwerten in der Praxis muss nach weiteren Risikofaktoren gefahndet werden:
    • männliches Geschlecht,
    • Genussmittelkonsum (Rauchen; tägliche Alkoholkonsum)
    • körperlicher, mentaler und psychischer Stress
    • Adipositas
    • Chronischer Niereninsuffizienz
    • Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom
    • Diabetes mellitus

Unechte Hypertonie

Eine unechte Hypertonie liegt vor bei Auftreten einer isolierten systolischen Hypertonie bei jungen Menschen, die klinisch gesund und sportlich sind und keine Hinweise auf Endorganschäden haben. Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) wird bei unter 40-jährigen auf 5,2 % bei Männern und ein Prozent bei Frauen geschätzt. 
Vorgehen: Ausschluss einer Weißkittelhypertonie/Praxishypertonie (s. o.); bei bei Belastung liegt eine Normotonie (normaler Blutdruck) vor.
Ursache: aktiver Sympathikotonus oder eine deutlich erhöhte Gefäßelastizität, die paradoxerweise zu einer peripheren Amplifikation (Verstärkung) der Pulswelle und damit des systolischen Blutdrucks führt. 
Auf eine medikamentöse Therapie kann verzichtet werden.

Literatur

  1. Roush G et al.: Prognostic impact of clinic, daytime, and nighttime systolic blood pressure in 9 cohorts of 13,843 patients with hypertension: systematic review and meta-analysis. Journal of the American Society of Hypertension 2014; Supplement 8(4) e59
  2. Niiranen T e al.: Office, home, and ambulatory blood pressure as predictors of cardiovascular risk. Journal of the American Society of Hypertension 2014; Supplement 8(4):e3-4
  3. Schwartz JE et al.: Clinic Blood Pressure Underestimates Ambulatory Blood Pressure in an Untreated Employer-Based US Population. 
    Circulation. 2016;134:1794-1807. http://dx.doi.org/10.1161/CIRCULATIONAHA.116.023404