Medikamentöse Therapie
Morbus Alzheimer

Therapieziele

  • Versuch der Verlangsamung der Erkrankung
  • Vermeidung begleitender Symptome wie Depression und Psychose

Therapieempfehlungen 

  • Wirkstoffe in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung [2]:
    • Leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz: Donezepil, Rivastigmin, Galantamin (Acetylcholinesterasehemmer)
    • Mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz: Memantin (NMDA (n-Methyl-D-Aspartat)-Rezeptorantagonisten)
      • eher eine Kombination eines Cholinesterasehemmer mit Memantin an Stelle der alleinigen Gabe eines Cholinesterasehemmers (EFNS-ENS/EAN Guideline) [1]
  • Begleitsymptome
    • Depression: SSRI* (wie Citalopram 20 mg/d oder Fluoxetin 20 mg/d)
    • Psychotischen Symptome: Risperidon (mit 2 mg/d beginnen, dann steigern auf 4-6 mg/d)
    • Verhaltensstörungen: Kombination von Cholinesterasehemmern mit Memantin

*Selective Serotonin Reuptake Inhibitor (= Serotonin-Wiederaufnahmehemmer)

Weitere Hinweise

  • Eine Studie, die das Therapieverhalten bei Morbus Alzheimer untersuchte, stellte fest: es werden zu häufig Antidepressiva und Antipsychotika verordnet, dagegen werden Schmerzzustände untertherapiert. Das Verordnungsverhalten könnte ein Hinweis darauf sein, dass gehäuft Verhaltensstörungen in der präklinischen Phase einer Alzheimer-Demenz behandelt werden [2].
  • Apathie bei Alzheimerdemenz: Für Methylphenidat (Psychostimulans; 2 x täglich 10 mg oralkonnte in einer Phase-III-Studie gezeigt werden, dass Interesse und Motivation deutlich gesteigert und auch der klinische Gesamteindruck verbessert wurde [3]. 
    Beachte: So früh wie möglich müssen nach der Diagnose einer Alzheimer-Demenz Acetylcholinesterase-Hemmer verordnet werden.

Wirkstoffe bei leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz [2]

Acetylcholinesterasehemmer (AChE-Hemmer)

Wirkstoffe Applikationsform Besonderheiten
Donezepil

Tabletten (5mg, 10 mg)

Schmelztabletten (5 mg, 10 mg)

Metabolisierung über CYP 3A4
Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz

Die Datenlage zu einer Add-on-Behandlung mit Memantin bei Patienten mit schwerer Alzheimer-Demenz, die Donepezil erhalten, ist widersprüchlich. Eine Add-on-Behandlung kann erwogen werden [2].

Galantamin

Retardierte Hartkapseln (8 mg, 19 mg, 24 mg)

 

Metabolisierung über CYP 3A4
Dosisanpassung bei Leberinsuffizienz
KI bei schwerer Nieren-/ Leberinsuffizienz
Cave: QT-Verlängerung (Quelle: AkdÄ Drug Safety Mail | 11-2015)
Schwerwiegende Hautreaktionen: Stevens‐Johnson‐Syndrom und akute generalisierte exanthemische Pustulose (Quelle: AkdÄ Drug Safety Mail | 27-2015)

 

Lösung (1 ml entspricht 4 mg)

Rivastigmin

Hartkapseln (1,5 mg, 3 mg, 4,5 mg und 6 mg)

 

 

Cytochrom-P450-unabhängige Metabolisierung

Dosisanpassung bei Nieren-/ Leberinsuffizienz
KI bei schwerer Leberinsuffizienz

Lösung (1 ml entsprich geht das dennt 4 mg)

Transdermales Pflaster (4,6 mg/24 h, 9,5 mg/24 h, 13,3 mg/24 h)
  • Wirkweise: durch Hemmung der Acetylcholinesterase kommt es beim Alzheimer-Patienten zu verbesserter kognitiver Leistung und seltener zu Verhaltensauffälligkeiten
  • Dosierungshinweise:
    • Es soll die höchste verträgliche Dosis angestrebt werden [2].
    • Ein Absetzversuch kann nur vorgenommen werden, wenn Zweifel an einem günstigen Verhältnis aus Nutzen zu Nebenwirkungen auftreten [2].
  • Bei mittelschwerer bis schwerer Morbus Alzheimer-Erkrankung eher eine Kombination eines Cholinesterasehemmer mit Memantin an Stelle der alleinigen Gabe eines Cholinesterasehemmers (EFNS-ENS/EAN Guideline) [1]

Wirkstoffe bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz [s. u. S3-Leitlinie)]

NMDA (n-Methyl-D-Aspartat)-Rezeptorantagonisten

Wirkstoffe Applikationsform Besonderheiten
Memantin-HCL

Tabletten (10 mg, 20 mg)

Für die Aufdosierung: 5 mg und 15 mg

Tropfen (1 mg oder 20 Tropfen entspricht 10 mg)

Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz
Keine Daten bei Leberinsuffizienz

Monoklonale Antikörper

  • Aducanumab (monoklonaler Antikörper; Dosis 10 mg/kg Körpergewicht, alle 4 Wochen i. v.) zur krankheitsmodifizierenden Therapie. Das Präparat kann wirksam Amyloidplaques aus dem Gehirn entfernen, was auch kognitive Vorteile haben soll. Eine Wirksamkeit soll vor allem in den prodromalen bis leichten Demenzstadien auftreten, wenn gleichzeitig auch eine klare nachgewiesene Alzheimerpathologie besteht.
    Den von der FDA geforderten klinischen Nachweis der Wirksamkeit soll unter anderem die Studie EMBARK liefern.
    In den USA ist das Medikament unter Vorbehalt 2021 zugelassen worden.
    • Eine  Post-hoc-Analyse der beiden Aducanumab-Zulassungsstudien ergab, dass abhängig von der kumulativen Dosis die Alzheimerprogression in beiden Studien verlangsamt wird. Dieses zeigte sich sowohl bei der Kognition als auch bei den Amyloid-Werten im Gehirn und den pTau-Werten im Plasma [4].
  • Lecanemab hat in einer Phase-III-Studie  „Clarity AD“ das Fortschreiten der kognitiven Störungen von Patienten im Frühstadium des Morbus Alzheimers verlangsamt. Der Wirkstoff baut die für die Alzheimer-Erkrankung charakteristischen Ablagerungen aus Beta-Amyloid im Gehirn ab. Lecanemab richtet sich ausschließlich an Patientinnen und Patienten in einem frühen Krankheitsstadium [5].
    Beachte: Die Verbesserung der Kognition von 27 Prozent ist nur sehr moderat. Es ist deshalb fraglich, wie stark dieser Effekt für Betroffene spürbar ist und tatsächlich im Alltag einen Unterschied macht (Dr. Linda Thienpont, Leiterin Wissenschaft bei der Alzheimer Forschung Initiative).
    Zwischenfälle bei der Behandlung: Eine 65-jährige Frau, die homozygot auf das APOE E4-Allel war, hat nach der Behandlung mit Leca­nemab einen ischämischen Schlaganfall erlitten und gestorben [6].
    Wahrscheinlich wird diesbezüglich die FDA einen Warnhinweis für Patienten mit einer APOE-Homozygotie aufnehmen. Des Weiteren wahrscheinlich zu einer Amyloid-Angiopathie und einer Begleitbehandlung mit Antikoagulantien.
    Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat im Juli 2023 den Wirkstoff zugelassen.
  • Donanemab (monoklonaler Antikörper), der darauf abzielt, Amyloid-Plaques komplett zu entfernen. Der Prozess geht mit einem relativ hohen Risiko für Amyloid-bezogene Ödeme (ARIA-E) und Mikroblutungen (ARIA-H) einher. Zwei ARIA-bedingte Todesfälle (bei über 1.7000 Personen mit leichter
    Alzheimer-Demenz).
    Bei 47 % der behandelten Patienten kam es innerhalb eines Jahres zu keiner weiteren Verschlechterung nach der Skala „Clinical Dementia Rating-Sum of Boxes“ (CDR-SB), einem Standardparameter in klinischen Alzheimerstudien (Placebo: 29 % der Fälle). Die kognitive Verschlechterung die sich innerhalb von 18 Monate im Vergleich zu Placebo um 35 % bremsen (primärer Endpunkt), der funktionelle Abbau um 40 % (Ergebnisse einer Phase-III-Studie) [7, 8].
    • Bei Teilnehmern mit frühsymptomatischer Alzheimer-Krankheit und Amyloid- und Tau-Pathologie verlangsamte die Behandlung mit Donanemab das klinische Fortschreiten nach 76 Wochen deutlich [9].
    • Laut Hersteller Eli Lilly gibt es drei Todesfälle, die als behandlungsbedingt gelten und demnach der Behandlung von Donanemab zugeschrieben werden (Phase-3-Studie TRAILBLAZER-ALZ 2; Stand 2023).

Agitiertheit bei Alzheimer-Demenz

  • Das atypische Antipsychotikum Brexpiprazol konnte in einer Phase-3-Studie agitiertes Verhalten im Placebovergleich signifikant lindern [10].

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für den Energiestoffwechsel sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
  • Spurenelemente (Kupfer, Mangan, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Weitere Vitalstoffe (Coenzym Q10 (CoQ10), L-Carnitin, Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))

Bei Vorliegen einer Insomnie (Schlafstörung) infolge von Morbus Alzheimer s. u. Insomnie/Medikamentöse Therapie/Supplemente.

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Schmidt R et al.: EFNS-ENS/EAN Guideline on concomitant use of cholinesterase inhibitors and memantine in moderate to severe Alzheimer's disease. Eur J Neurol. 2015 Mar 25. doi: 10.1111/ene.12707.
  2. Efjestad AS et al.: Drug Use before and after Initiating Treatment with Acetylcholinesterase Inhibitors Dement Geriatr Cogn Disord Extra 2019;9:196-206 https://doi.org/10.1159/000497307
  3. Mintzer J et al.: Effect of Methylphenidate on Apathy in Patients With Alzheimer Disease The ADMET 2 Randomized Clinical Trial. JAMA Neurol. Published online September 27, 2021. doi:10.1001/jamaneurol.2021.3356
  4. Haeberlein SB et al.: Two Randomized Phase 3 Studies of Aducanumab in Early Alzheimer’s Disease J Prev Alzheimers Dis (2022). https://doi.org/10.14283/jpad.2022.30
  5. van Dyck CH, Swanson CJ, Aisen P et al.: Lecanemab in Early Alzheimer’s Disease. NEJM 2022; published on November 29, 2022. doi: 10.1056/NEJMoa2212948
  6. Reish NJ et al.: Multiple Cerebral Hemorrhages in a Patient Receiving Lecanemab and Treated with t-PA for Stroke N Engl J Med. January 4, 2023 doi: 10.1056/NEJMc2215148
  7. Lilly's Donanemab Significantly Slowed Cognitive and Functional Decline in Phase 3 Study of Early Alzheimer's Disease, Eli Lilly and Company, 03. Mai 2023
  8. A Study of Donanemab (LY3002813) in Participants With Early Alzheimer's Disease (TRAILBLAZER-ALZ 2), Eli Lilly and Company, ClinicalTrials.gov, 08. Mai 2023 
  9. Sims JR et al.: Donanemab in Early Symptomatic Alzheimer Disease The TRAILBLAZER-ALZ 2 Randomized Clinical Trial JAMA. Published online July 17, 2023. doi:10.1001/jama.2023.13239
  10. Lee D et al.: Brexpiprazole for the Treatment of Agitation in Alzheimer Dementia: A Randomized Clinical Trial. JAMA Neurol 2023; https://doi.org/10.1001/jamaneurol.2023.3810

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Demenzen. (AWMF-Registernummer: 038-013), Januar 2016 Langfassung

     
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