Diabetes mellitus Typ 1 – Körperliche Untersuchung

In circa 25 % der Fälle ist das ketoazidotische Koma das erste Zeichen eines Diabetes mellitus Typ 1 (Manifestationskoma).

Bei der körperlichen Untersuchung eines Typ-1-Diabetikers
(Notfallsituation) ist zu beachten:

  • Symptome der Exsikkose – stehende Hautfalten, schneller Gewichtsverlust, trockene Schleimhäute, posturale Hypotonie (Abfall des Blutdrucks beim Aufstehen), Hypotonie, verminderter zentral venöser Druck, Lethargie, Oligurie (Harnausscheidung < 500 ml)/24 h/Anurie (Harnausscheidung < 100 ml/24 h)
  • Symptome der Ketoazidose – Kussmaulsche Atmung (sehr tiefe und verlangsamte, regelmäßige, rhythmische Atmung), azeton- oder obstähnlicher Fötor, verminderte Reflexe, Parästhesien (Missempfindungen), Präkoma, Koma
  • Pseudoperitonitis diabetica – Abdominale Druck- und eventuell Loslassschmerzen

Bei der körperlichen Untersuchung kann beim Typ-1-Diabetiker der sich akut/subakut präsentiert eine Exsikkose (Austrocknung) mit stehenden Hautfalten festgestellt werden. Der Patient ist häufig abgemagert und lethargisch. Durch die Ketoazidose atmet der Patient in schnellen aber flachen Atemzügen, um vermehrt CO2 abzuatmen und so der Azidose (Übersäuerung) entgegenzuwirken. Im Atem kann ein azeton- oder obstähnlicher Geruch (Fötor) festgestellt werden. Der pH-Wert im Blut liegt < 7,2 und Standardbicarbonat < 15 mmol/l.

Durch die Azidose kann das Peritoneum (Bauchfell) gereizt werden (Pseudoperitonitis diabetica) was sich bei den betroffenen Patienten als heftige Abdominalschmerzen (Bauchschmerzen) manifestiert und durchaus mit einem akuten Abdomen verwechselt werden kann.

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

  • Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren:
    • Inspektion (Betrachtung)
      • Haut, Schleimhäute und Skleren (weiße Teil des Auges) [Verzögerte Wundheilung, Pruritus (Juckreiz), rezidivierende therapieresistente Infekte zum Beispiel Dermatomykosen; schlecht heilende Wunden, bakterielle oder mykotische Hautinfektionen (Furunkulose (wiederholtes Auftreten zahlreicher Furunkel an verschiedenen Stellen des Körpers), Candidamykose (Pilzinfektion)); Balanitis (Eichelentzündung; Parodontalerkrankungen (Parodontitis; Entzündung des Zahnhalteapparats)]
      • Abdomen (Bau)
        • Form des Abdomens?
        • Hautfarbe? Hautbeschaffenheit?
        • Effloreszenzen (Hautveränderungen)?
        • Pulsationen? Darmbewegungen?
        • Sichtbare Gefäße?
        • Narben? Hernien (Brüche)?
    • Auskultation (Abhören) des Herzens [wg. Folgeerkrankungen wie: Koronare Herzkrankheit (KHK)]
    • Auskultation der Lunge
    • Untersuchung des Abdomens
      • Auskultation des Abdomens [Gefäß- oder Stenosegeräusche?]
      • Perkussion (Abklopfen) des Abdomens 
        • [Dämpfung des Klopfschall durch vergrößerte Leber oder Milz, Tumor, Harnstau?
        • Hepatomegalie (Lebervergrößerung) und/oder Splenomegalie (Milzvergrößerung)?: Abschätzen von Leber- und Milzgröße]
      • Palpation des Abdomens etc. (Druckschmerz?, Klopfschmerz?, Hustenschmerz?, Abwehrspannung?, Bruchpforten?, Nierenlagerklopfschmerz?)
    • Palpation der Pulse [wg. Folgeerkrankung: Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)]
  • Augenärztliche Untersuchung – ggf. wg. Sehstörungen [Retinopathie]
  • HNO-ärztliche Untersuchung – wg. möglicher Folgeerkrankung: Innenohrschwerhörigkeit
  • Neurologische Untersuchung – wg. z. B. Parästhesien im Bereich der Füße und Unterschenkel [Neuropathie]
  • Gesundheitscheck

In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.