Schmerztherapie

Die Schmerztherapie (Synonym: Schmerzmedizin) ist ein bedeutendes Gebiet der Medizin bzw. der Anästhesiologie. Unter dem Begriff "Schmerztherapie" sind alle therapeutischen Maßnahmen zusammenfasst, die eine Verminderung von Schmerzen bewirken. Vor allem chronischen Schmerzpatienten sollte eine interdisziplinär aufgebaute Schmerztherapie angeboten werden, die neben den körperlichen Ursachen auch psychische und psychosomatische Aspekte berücksichtigt. Besonders erschwert wird die Schmerztherapie durch den Umstand, dass Schmerzen subjektiv sind und die Schmerzstärke nur durch den Patienten allein definiert werden kann. Der Schmerztherapeut richtet sich ausschließlich nach den Angaben des Patienten und dies stellt häufig einen Konfliktpunkt dar.

Dieser Text dient dem Verständnis des Schmerzes und hat eine einleitende Funktion bezüglich der vielfältigen Verfahren der Schmerztherapie, die in Unterkapiteln näher beleuchtet werden.

Schmerz – Definition

Der Schmerz wurde von der internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes (international association for the study of pain; IASP) folgendermaßen definiert: "Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit einer echten oder potenziellen Gewebeschädigung einhergeht oder als solches beschrieben wird" (IASP 1994).  Als sogenannte Nozizeption wird die neurophysiologische Schmerzwahrnehmung bezeichnet. Schmerzrezeptoren werden als Nozizeptoren bezeichnet. Je nach Lage dieser Rezeptoren können unterschiedliche Schmerzen benannt werden. Es gibt Oberflächenschmerz (Haut) und Tiefenschmerz (Muskelschmerz, Knochenschmerz), die zusammen als somatischer Schmerz bezeichnet werden. Dem gegenüber steht der Viszeralschmerz, der Schmerzen der inneren Organe bezeichnet. Weitere Schmerzarten bzw. Schmerzbezeichnungen sind wie folgt:

  • Deafferenzierungsschmerz/Phantomschmerz – Diese Schmerzen entstehen nach der Amputation von Extremitäten oder z. B. bei Abriss des Plexus brachialis (Armnervengeflecht) nach einem Motoradunfall. Eine Ursache für die Entstehung von Schmerzen ist der Verlust schmerzhemmender Nervenfasern. Die "enthemmten" Rückenmarksneurone senden verstärkt Schmerzimpulse in das Gehirn, das den Schmerz sogar als einer nicht mehr vorhandenen Extremität zugehörig interpretiert.
  • Nozizeptorschmerz – Direkte Erregung der Nozizeptoren (Schmerzrezeptoren) bei einer traumatischen, entzündlichen oder tumorösen Gewebeschädigung.
  • Peripherer neuropathischer Schmerz – In der Regel werden die Nervenbahnen durch einen Schmerzreiz stimuliert und leiten diesen weiter. Dieser Schmerzreiz resultiert in einer peripheren mechanischen, chemischen oder thermischen Irritation der Nervenendigung. Beim neuropathischen Schmerz entsteht ein Schmerzimpuls innerhalb des Nervenverlaufs. Dies führt zu einer Schmerzprojektion, das bedeutet, dass die Schmerzempfindung in das Ursprungsgebiet des Nervens projiziert wird (z. B. ein Hautsegment), obwohl dort keine Gewebeschädigung vorliegt. Diese Schmerzen treten z. B. bei Kompression einer spinalen Nervenwurzel auf.
  • Psychosomatischer Schmerz – Psychosomatische Schmerzen können die körperliche Manifestation eines seelischen Leidens sein. Der Patient somatosiert ("verkörperlicht") einen psychischen Konflikt oder eine seelische Belastung. Dieser Schmerz kann bei chronischen Schmerzen neben der körperlichen Schmerzentstehung eine Rolle spielen.
  • Reflektorischer Schmerz – Diese Schmerzen treten z. B. im Rahmen einer Muskelverspannung auf. Durch die verspannte Muskulatur werden Schmerzrezeptoren erregt, die dadurch entstehenden Schmerzen bedingen wiederum die Muskelverspannung, sodass eine Teufelsspirale entsteht. Auch Spannungskopfschmerz entsteht auf diese Art.
  • Übertragungsschmerz – Diese Schmerzart entsteht, wenn Schmerzen, die viszeral (in den inneren Organen) entstehen, auf eine sogenannte Head-Zone übergreifen. Dieses Phänomen entsteht, weil afferente (zuführende) Schmerzbahnen aus der Haut und den inneren Organen zusammen in das zentrale Nervensystem ziehen. Wird die viszerale Schmerzbahn erregt, kann das Gehirn nicht differenzieren, woher die Erregung kommt und projiziert die Schmerzen auf den Nervenanteil, der z. B. das Hautareal versorgt. Ein typisches Beispiel ist der Schmerz im linken Arm bei einem Herzinfarkt.
  • Zentraler Schmerz – Diese Schmerzen entstehen entweder am Tractus spinothalamicus lateralis (Schmerzbahn im Rückenmark) oder im Thalamus (Teil des Zwischenhirns) als sogenannter Thalamusschmerz. Ursächlich kann z. B. ein Apoplex (Schlaganfall) sein. Außerdem können Schäden am Rückenmark, an der Medulla oblongata (verlängertes Rückenmark), an der Pons (Brücke), dem Mittelhirn, aber auch in den Großhirnhemisphären auslösend sein.

Akuter Schmerz vs. Chronischer Schmerz

Unter akutem Schmerz werden Schmerzen verstanden, die absehbar sind und langsam abnehmen, wenn die Heilung voranschreitet. Typische akute Schmerzen sind z. B. postoperative Schmerzen. Allerdings bezeichnet der Begriff "akut" nicht das Einsetzen der Schmerzen, sondern den Zeitraum. Das bedeutet, dass sich akute Schmerzen sehr schnell und plötzlich manifestieren können oder über einen längeren Zeitraum entstehen. Entscheidend ist eine Schmerzdauer von unter sechs Monaten. Der akute Schmerz ist als Warnsignal des Körpers zu verstehen, das eine wichtige Rolle bei der Diagnosefindung einer Krankheit spielt. Er hat eine lebenserhaltende Funktion, indem er Schutzreaktionen auslöst, z. B. das Wegziehen der Hand bei der Berührung von heißen Gegenständen. Außerdem wird durch schmerzvermeidende Schonhaltungen die Wundheilung einer verletzten Extremität gefördert. Neben einer Behandlung mit Analgetika (Schmerzmittel) ist die kausale Therapie der Schmerzursache wegweisend.

Ein chronischer Schmerz dauert definitionsgemäß länger als sechs Monate, dies bedeutet, dass er den physiologischen Heilungsprozess überdauert und seine Warnfunktion verliert. Neben der körperlichen Ursache für die Schmerzen spielen psychosoziale Faktoren hier eine immer größere Rolle. Psychiatrisch müssen häufig Depressionen infolge chronischer Schmerzen behandelt werden. Der Schmerz selbst wird zur behandlungsbedürftigen Krankheit. Deswegen ist eine multimodale Schmerztherapie meist der einzig sinnvolle therapeutische Ansatz.

Ansatzpunkte der Schmerztherapie

Die Schmerztherapie hat verschiedene Ansatzpunkte, die von der primären Gewebeschädigung bis zur Schmerzwahrnehmung im Gehirn reichen und hier beispielhaft dargestellt sind:

  • Gewebeschädigung: Entzündung, Ödem (Schwellung), Freisetzung von Entzündungsmediatoren – Kühlung, Ruhigstellung, Antiphlogistika (entzündungshemmende Medikamente), Analgetika, Lokalanästhesie
  • Peripherer Nerv: Weiterleitung der nozizeptorischen Signale – periphere Nervenblockade, rückenmarksnahe Nervenblockade
  • Rückenmark: Weiterleitung und Verarbeitung der nozizeptorischen Signale – systemische oder rückenmarksnahe Gabe von Opiaten, neurochirurgische Interventionen, Stimulationsverfahren
  • Gehirn: Schmerzwahrnehmung – Allgemeinanästhesie, psychologische Intervention

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Grundsätzlich ist jeder Schmerz, der von einem Patienten als Beeinträchtigung erfahren wird, behandlungsbedürftig. Trotzdem steht hinter jeder Schmerztherapie eine individuelle Entscheidung, die von dem Therapeuten und dem Patienten zusammengetroffen wird.

Die Verfahren

Weitere Verfahren der Schmerztherapie (Komplementäre Schmerztherapie):

Literatur

  1. Kretz FJ, Schäffer J: Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie. Springer Verlag 2008
  2. Braun R: Manual der Schmerztherapie. Georg Thieme Verlag 2002
  3. Striebel HW: Therapie chronischer Schmerzen. Schattauer Verlag 2002
  4. Rosenow D: Neurogener Schmerz: Management von Diagnostik und Therapie. Springer Verlag 2005