Bluthochdruck in der Schwangerschaft (hypertensive Schwangerschaftserkrankungen) – Medizingerätediagnostik

Obligate Medizingerätediagnostik

  • Wiederholte Blutdruckmessungen (Messung des Blutdrucks) – regelmäßige Kontrolle der Werte unter standardisierten Bedingungen (Sitzposition, Ruhephase von 5 Minuten, geeignete Manschettengröße)
  • Langzeit-Blutdruckmessung (24-Stunden-Blutdruckmessung) – zur Beurteilung der zirkadianen Blutdruckvariabilität (Tages-Nacht-Schwankung) und der nächtlichen Blutdrucksenkung (dipping pattern)
  • Cardiotokographie (CTG; Aufzeichnung der kindlichen Herztöne und Wehentätigkeit) – kontinuierliche Überwachung der fetalen Herzfrequenz (Herzfrequenz des ungeborenen Kindes) und der Wehentätigkeit zur Erkennung von Hypoxiezeichen (Sauerstoffmangel)
  • Abdomensonographie (Ultraschall der Bauchorgane)
    • Fetometrie (Messung des kindlichen Wachstums) (maximal alle 14 Tage) zur Beurteilung des fetalen Wachstums
    • Fruchtwassermenge und Plazentabeurteilung (z. B. Lage, Reifegrad, Auffälligkeiten)
  • Dopplersonographie (Gefäß-Ultraschall) 
    • Beurteilung der uteroplazentaren und fetalen Perfusion (Durchblutung von Gebärmutter und Plazenta)
    • Hohe Risikowahrscheinlichkeit für Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung) und/oder intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR; Wachstumsverzögerung des Kindes), wenn
      • bilaterale Notch (frühdiastolische Flussminderung) der Arteriae uterinae (Gebärmutterarterien) persistierend über die 24. Schwangerschaftswoche (SSW)
      • oder erhöhter Pulsatilitätsindex (PI; Maß für den Gefäßwiderstand) in der 22. bis 24. SSW
  • Funduskopie (Spiegelung des Augenhintergrunds) – zum Ausschluss von Blutungen, Cotton-wool-Herden (Nervenfaserinfarkten) oder Netzhautödem (Flüssigkeitseinlagerung) als Zeichen hypertensiver Retinopathie (Bluthochdruckbedingte Augenschädigung)
  • Blutdruck-Screening in der Frühschwangerschaft – ein geringer Blutdruckanstieg am Ende der Frühschwangerschaft (Grenzwerte 120/80 mmHg) erhöht das Risiko für hypertensive Schwangerschaftserkrankungen. Die uMoM2b-Studie („Nulliparous Pregnancy Outcomes Study: Monitoring Mothers-to-Be“) zeigte: Schwangere mit leicht erhöhten Frühwerten (120/80–129/80 mmHg) entwickelten in 30,3 % der Fälle später eine hypertensive Schwangerschaftserkrankung [1]

Aktualisierung nach S2k-Leitlinie (2024): Blutdruckrichtwerte in der Schwangerschaft

Die neuen Leitlinien definieren differenzierte Zielwerte abhängig vom Messort:

  • Praxisblutdruckmessung (Messung beim Arzt) – Hypertonie (Bluthochdruck) ab 140 mmHg systolisch und 90 mmHg diastolisch
  • Heimblutdruckmessung (HBDM; Messung zu Hause) – Hypertonie ab 135 mmHg systolisch bzw. 85 mmHg diastolisch
    → Beide Konstellationen erfordern eine Therapieindikation (Behandlungsnotwendigkeit)
  • 24-Stunden-Blutdruckmessung – gestationsunabhängiger Grenzwert: 135 mmHg systolisch oder 85 mmHg diastolisch (Delphi-Konsensus der International Society for the Study of Hypertension in Pregnancy, ISSHP)
    Tagesmittelwerte, nächtliche Mittelwerte oder der nächtliche Blutdruckabfall (≥ 10 %) sind in der Schwangerschaft diagnostisch nachrangig

Therapeutisches Ziel – ≤ 135 mmHg systolisch und ≤ 85 mmHg diastolisch. Diese Werte basieren auf den randomisierten kontrollierten Studien CHIPS (2016) und CHAP (2022), die ein verbessertes perinatales Outcome (Geburts- und Schwangerschaftsergebnis) bei Vermeidung schwerer Hypertonie belegten.

Therapieprinzip – „start low, go slow“: schrittweise Dosissteigerung zur Vermeidung eines zu raschen Blutdruckabfalls und einer Plazentaminderperfusion (verminderte Durchblutung des Mutterkuchens).

  • Beginn als Monotherapie (Behandlung mit einem einzigen Medikament)
  • Kombinationstherapie (Behandlung mit mehreren Medikamenten) erst bei Nichterreichen der Zielwerte trotz halber Maximaldosis
  • Reduktion der Medikation, wenn der mittlere diastolische Blutdruck über drei Tage < 80 mmHg liegt

Sonderfall – Bei Schwangeren mit chronischer Nierenerkrankung (lang bestehende Nierenschädigung) gelten abweichende Zielwerte und Medikamentenempfehlungen gemäß der S2k-Leitlinie „Nierenerkrankung und Schwangerschaft“ (AWMF-Registernummer 015/090)

Fakultative Medizingerätediagnostik – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte), körperlichen Untersuchung, Labordiagnostik und obligaten Medizingerätediagnostik – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Echokardiographie (Ultraschall des Herzens) – zur Beurteilung einer hypertensiven Herzbeteiligung (z. B. diastolische Dysfunktion, linksventrikuläre Hypertrophie, Mitbeteiligung bei Präeklampsie, Herzinsuffizienz)
  • Elektrokardiographie (EKG; Messung der elektrischen Herzaktivität) – zur Erfassung von Zeichen der kardialen Belastung, Rhythmusstörungen oder hypertensiven Schädigungsmustern
  • Abdomensonographie (Ultraschall der Bauchorgane) – ergänzend bei Verdacht auf Leberbeteiligung (z. B. HELLP-Syndrom), Nierenveränderungen oder intraabdominelle Komplikationen (Bauchkomplikationen)
  • Dopplersonographie der Nierenarterien (Gefäß-Ultraschall der Nierengefäße) – bei Verdacht auf sekundäre Hypertonie (z. B. fibromuskuläre Dysplasie, Nierenarterienstenose)
  • Thoraxsonographie (Ultraschall des Brustkorbs) – zum Ausschluss eines Pleuraergusses (Flüssigkeitsansammlung) oder Lungenödems (Wassereinlagerung in der Lunge) bei schwerer Präeklampsie oder Eklampsie
  • Zerebrale Bildgebung (Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT)) – bei neurologischen Symptomen (z. B. Kopfschmerz, Visusstörungen, Krampfanfälle) zur Abklärung einer posterioren reversiblen Enzephalopathie (PRES; vorübergehende Schwellung des Gehirns) oder intrazerebraler Blutung (Gehirnblutung)
  • Ophthalmologische Bildgebung (Optische Kohärenztomographie (OCT); Netzhautschichtanalyse) – bei Verdacht auf hypertensive Retinopathie (Bluthochdruckbedingte Augenschädigung) mit Makulaödem (Schwellung der Netzhautmitte) oder choroidaler Ischämie (Durchblutungsstörung der Aderhaut)
  • Uteroplazentare 3D-Doppler-Analyse (dreidimensionaler Gefäß-Ultraschall der Gebärmutter und Plazenta) – in spezialisierten Zentren zur erweiterten Risikostratifikation bei Verdacht auf intrauterine Wachstumsretardierung (IUGR) oder frühe Präeklampsie
  • Kardiotokographische Langzeitüberwachung (Langzeit-CTG) – bei auffälliger fetaler Herzfrequenzvariabilität (Schwankungen der kindlichen Herzfrequenz) oder intermittierenden Dezelerationen (Herzfrequenzabfällen)
  • Nichtinvasive fetale Überwachung (z. B. bioelektrische fetale Herzfrequenzmessung) – in Studienkontexten zur erweiterten Zustandsbeurteilung des Feten (ungeborenen Kindes)

Literatur

  1. Hauspurg A et al.: Blood pressure trajectory and category and risk of hypertensive disorders of pregnancy in nulliparous women. Am J Obstet Gynaecol 2019 Jun 18. pii: S0002-9378(19)30807-5. doi: 10.1016/j.ajog.2019.06.031.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Fetale Überwachung in der Schwangerschaft (Indikation und Methodik zur fetalen Zustandsdiagnostik im low-risk Kollektiv). (AWMF-Registernummer: 015 - 089), Februar 2023 Kurzfassung Langfassung
  2. S2k-Leitlinie: Hypertensive Erkrankungen in der Schwangerschaft (HES): Diagnostik und Therapie. (AWMF-Registernummer: 015-018), Juli 2024 Langfassung