Bluthochdruck in der Schwangerschaft (hypertensive Schwangerschaftserkrankungen) – Anamnese

Die Anamnese (Krankengeschichte) stellt einen wichtigen Baustein in der Diagnostik der hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen (Bluthochdruck in der Schwangerschaft) dar.

Familienanamnese

  • Gibt es in Ihrer Familie Bluthochdruckerkrankungen (z. B. bei Mutter, Schwester, Großmutter)?
  • Gibt es in Ihrer Familie Schwangerschaftskomplikationen wie Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung), Eklampsie (Krampfanfall bei Schwangerschaftsvergiftung) oder HELLP-Syndrom (Schwere Form der Schwangerschaftsvergiftung mit Leber- und Blutgerinnungsproblemen)?
  • Gibt es familiäre Nierenerkrankungen?
  • Bestehen genetisch bedingte Gerinnungsstörungen (z. B. Faktor-V-Leiden-Mutation, Protein-C- oder Protein-S-Mangel)?

Sozialanamnese

  • Sind Sie beruflich stark eingebunden oder körperlich sehr gefordert?
  • Bestehen derzeit psychosoziale Belastungen (z. B. beruflicher Stress, Konflikte in der Partnerschaft, finanzielle Sorgen)?
  • Haben Sie Unterstützung im familiären Umfeld oder erleben Sie die Schwangerschaft als belastend?

Aktuelle Anamnese/Systemanamnese (somatische und psychische Beschwerden)

  • Haben Sie in den letzten Tagen oder Wochen unter plötzlichen oder zunehmenden Kopfschmerzen gelitten?*
  • Leiden Sie unter Schwindel, Ohrensausen oder Sehstörungen (z. B. Flimmern, Doppelbilder, Lichtblitze)?*
  • Kam es zu Gesichtsfeldausfällen oder einer verschwommenen Sicht?*
  • Haben Sie Schmerzen im rechten Oberbauch oder unter dem Rippenbogen?*
  • Leiden Sie unter Übelkeit oder Erbrechen, insbesondere in der zweiten Schwangerschaftshälfte?*
  • Fühlen Sie sich häufiger nervös, unruhig oder gereizt?
  • Haben Sie in kurzer Zeit deutlich an Gewicht zugenommen (> 1 kg/Woche)?
  • Sind Ihre Beine oder Ihr Gesicht in letzter Zeit angeschwollen (Ödeme)?
  • Kam es zu Nasenbluten oder Druckgefühl im Kopf?*
  • Haben Sie Herzklopfen, Herzrasen oder ein Engegefühl in der Brust?*
  • Haben Sie vermehrt Durst oder häufiges Wasserlassen bemerkt?*
  • Leiden Sie unter Schlafstörungen, Einschlaf- oder Durchschlafproblemen?

Vegetative Anamnese inkl. Ernährungsanamnese

  • Haben Sie vor der Schwangerschaft stark an Gewicht zugenommen oder waren Sie adipös?
  • Achten Sie auf eine salzarme Ernährung?
  • Trinken Sie täglich ausreichend?
  • Bewegen Sie sich regelmäßig (z. B. Spaziergänge, Schwangerschaftsgymnastik)?
  • Trinken Sie gerne Kaffee, schwarzen oder grünen Tee? Wenn ja, wie viele Tassen pro Tag
  • Trinken Sie andere bzw. weitere koffeinhaltige Getränke? Wenn ja, wie viel jeweils davon?
  • Rauchen Sie? Wenn ja, wie viele Zigaretten, Zigarren oder Pfeifen pro Tag?
  • Trinken Sie Alkohol? Wenn ja, welches Getränk bzw. welche Getränke und wie viele Gläser pro Tag?
  • Nehmen Sie Drogen? Wenn ja, welche Drogen und wie häufig pro Tag bzw. pro Woche?

Eigenanamnese

  • Hatten Sie vor der Schwangerschaft Bluthochdruck oder eine sogenannte essentielle Hypertonie?
  • Haben Sie Vorerkrankungen, wie:
    • Autoimmunerkrankungen (z. B. Lupus erythematodes, Antiphospholipid-Syndrom)?
    • Diabetes mellitus?
    • Hormonelle Erkrankungen (z. B. Schilddrüsenerkrankung, Nebennierenerkrankung)?
    • Nierenerkrankungen (z. B. chronische Glomerulonephritis, Zystennieren)?
    • Bestehen psychische Erkrankungen?
    • Haben Sie bekannte Gerinnungsstörungen?
  • Gab es bei früheren Schwangerschaften Komplikationen wie Präeklampsie, Wachstumsretardierung des Kindes, Totgeburt?
  • Impfstatus:
    • Sind Sie gegen Influenza und COVID-19 geimpft? (relevant bei schweren Verläufen und Komplikationen in der Schwangerschaft)
    • Besteht ein Impfschutz gegen Röteln, Hepatitis B und Diphtherie?

Medikamentenanamnese

  • Orale Kontrazeptiva: Die perikonzeptionelle Anwendung der Pille (null bis drei Monate vor der Schwangerschaft bzw. am Anfang der Schwangerschaft) erhöht das Risiko für eine Präeklampsie um 38 % [1].

Umweltanamnese

  • Luftschadstoffe: Feinstaub (PM2,5) und Stickoxide [2]

* Falls diese Frage mit "Ja" beantwortet worden ist, ist ein sofortiger Arztbesuch erforderlich! (Angaben ohne Gewähr)

Unsere Empfehlung: Drucken Sie die Anamnese aus, markieren Sie alle mit „Ja“ beantworteten Fragen und nehmen Sie das Dokument mit zu Ihrem behandelnden Arzt.

Literatur

  1. Schreuder A et al.: Associations of periconceptional oral contraceptive use with pregnancy complications and adverse birth outcomes f periconceptional oral contraceptive use with pregnancy complications and adverse birth outcomes, International Journal of Epidemiology, 2023, dyad045, https://doi.org/10.1093/ije/dyad045
  2. NTP Monograph on the Systematic Review of Traffic-related Air Pollution and Hypertensive Disorders of Pregnancy NTP Monograph 7 December 2019