Haarausfall nach der Schwangerschaft – Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten
Etwa 20 % der jungen Mütter bemerken 3-4 Monate nach der Geburt einen verstärkten Haarausfall. Dieses Phänomen, auch postpartales Effluvium genannt, kann über Wochen bis Monate, in Einzelfällen bis zu einem Jahr anhalten und führt verständlicherweise zu Verunsicherung.
Die gute Nachricht: Es handelt sich um eine vorübergehende und reversible Erscheinung, die weder durch Stillen noch durch die Ernährung der Mutter beeinflusst wird [1, 2].
Ursachen und Haarzyklus
Die Haarfollikel und damit das Haarwachstum unterliegen einem Zyklus, der etwa 7 Jahre beträgt und aus drei Phasen besteht:
- Wachstumsphase (Anagenphase, 2-6 Jahre): In dieser Phase befinden sich normalerweise etwa 85 % der Haarwurzeln.
- Übergangsphase (Katagenphase, wenige Tage bis 3 Wochen): Kurzer Übergang vor dem Ruhestadium
- Ruhephase (Telogenphase, 3-4 Monate): In dieser Zeit kommt es zum natürlichen Haarausfall.
Während der Schwangerschaft verschiebt sich unter dem Einfluss von Östrogenen der Anteil der Haare in der Wachstumsphase auf bis zu 95 %. Dies führt nicht nur zu dichterem Kopfhaar, sondern auch zu einer vorübergehenden verstärkten Körperbehaarung (Hypertrichose), die sich nach der Entbindung zurückbildet.
Nach der Geburt sinkt der Östrogenspiegel abrupt. Dadurch wechseln viele Haare gleichzeitig in die Telogenphase – es kommt zum gleichmäßig über den Kopf verteilten Haarausfall. Auffällig wird dies gelegentlich an den Schläfen und am Mittelscheitel.
Verlauf und Prognose
- Der Haarverlust ist immer reversibel, das Haarwachstum normalisiert sich von selbst.
- Häufig tritt der Haarausfall nur nach der ersten Schwangerschaft auf; die genauen Ursachen dafür sind nicht abschließend geklärt. Diskutiert wird ein Zusammenhang mit der besonderen emotionalen und körperlichen Belastung beim ersten Kind.
Therapie und unterstützende Maßnahmen
Da es sich um einen physiologischen Prozess handelt, ist eine spezifische medikamentöse Therapie nicht notwendig.
Empfohlen werden jedoch:
- Schonende Haarpflege: milde Shampoos, sanftes Kämmen, Vermeidung aggressiver Behandlungen (Färben, Dauerwelle)
- Frisurenberatung: Eine angepasste Frisur kann psychologisch entlastend wirken.
- Ausgewogene Ernährung: Auch wenn die Ernährung nicht die Ursache ist, unterstützt eine gute Nährstoffversorgung (v. a. Eisen, Zink, Biotin) das Haarwachstum.
Wann zum Arzt?
Ein Arztbesuch ist angezeigt bei:
- übermäßig starkem Haarausfall, der über das übliche Maß hinausgeht
- begleitenden Symptomen wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Zyklusstörungen
Mögliche Ursachen, die abgeklärt werden sollten:
- Eisenmangel (häufig nach Schwangerschaft und Geburt, meist mit Müdigkeit verbunden)
- Schilddrüsenfunktionsstörungen
- in seltenen Fällen dermatologische Erkrankungen der Kopfhaut
Literatur
- Gizlenti S, Ekmekci TR: The changes in the hair cycle during gestation and the post-partum period. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2014 Jul; 2 8(7): 878-81. doi: 10.1111/jdv.12188. Epub 2013 May 20.
- Rebora A: Telogen effluvium: a comprehensive review. Clin Cosmet Investig Dermatol. 2019 Aug 21; 12: 583-590. doi: 10.2147/CCID.S200471. eCollection 2019