Nachcurettage

Die Nachcurettage (Synonym: Nachkürettage; Curettage, Kürettage) bzw. Nachtastung ist die Ausschabung der Gebärmutter, die nach vollständiger oder unvollständiger Ausstoßung einer Schwangerschaft vorgenommen wird.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Nachtastung bei unvollständiger Plazenta (Mutterkuchen) post partum (nach der Geburt)/manuelle Plazentaablösung
  • Verstärke Blutungen post partum
  • Atonischer Uterus (Uterusatonie bzw. atonische Nachblutung) – Kontraktionsschwäche der Gebärmutter, also die fehlende oder ungenügende Fähigkeit der Gebärmuttermuskulatur, sich nach der Geburt des Kindes und der unvollständig oder vollständig geborenen Plazenta (Mutterkuchen) zusammenzuziehen. Aus dieser Kontraktionsschwäche resultiert eine starke bis lebensbedrohliche Blutung, die ein unverzügliches Eingreifen erfordert. Die Uterusatonie zählt zu den häufigsten Ursachen mütterlicher Mortalität (Sterblichkeit).

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Patientinnen mit Herzerkrankungen oder Bluthochdruck haben ein erhöhtes Risiko für Komplikationen während der Anästhesie und der Operation selbst, wie Herzrhythmusstörungen oder kardiovaskuläre Instabilität.
  • Diabetes mellitus: Unkontrollierter Diabetes mellitus kann die Wundheilung beeinträchtigen und das Infektionsrisiko erhöhen.
  • Gerinnungsstörungen: Zustände wie Hämophilie (Bluter) oder Thrombozytopenie (krankhaft verminderte Anzahl von Thrombozyten/Blutplättchen) erhöhen das Risiko von Blutungen während des Eingriffs.
  • Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen wie systemischer Lupus erythematodes oder rheumatoide Arthritis können die Wundheilung beeinträchtigen und das Infektionsrisiko erhöhen.
  • Chronische Nieren- oder Lebererkrankungen: Diese Erkrankungen können die Verarbeitung und Elimination von Medikamenten beeinträchtigen, was das Risiko für postoperative Komplikationen erhöhen kann.
  • Schwere Atemwegserkrankungen: Erkrankungen wie chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Asthma bronchiale erhöhen das Risiko für Atemkomplikationen während der Narkose.

Vor der Operation

  • Medizinische Untersuchung und Diagnostik: Vollständige gynäkologische Untersuchung und gegebenenfalls bildgebende Verfahren, um die Notwendigkeit der Nachcurettage zu bestätigen.
  • Nüchternheit vor dem Eingriff: Die Patientin sollte nüchtern sein, um das Risiko von Komplikationen während der Narkose zu verringern.
  • Aufklärung und Einwilligung: Umfassende Aufklärung über den Eingriff, seine Risiken und die Notwendigkeit einer schriftlichen Einwilligung.

Die Operationsverfahren

Vor dem Eingriff wird im Allgemeinen die Harnblase mittels eines Katheters entleert.

Nachtastung oder Nachtasten nennt man die Entfernung eines Plazentarestes (Restes des Mutterkuchens) nach der Geburt. Ursprünglich wurde dies manuell gemacht, später auch mit einer speziellen Curette der sog. Bumm`schen Curette (es handelt sich um eine stumpfe, entsprechend der Größe der Gebärmutter sozusagen überdimensionierte, Curette). Zur Nachtastung geht man mit einer Hand in die Gebärmutter ein und tastet mit dem Finger die Innenfläche ab, um den zurückgebliebenen Rest der Plazenta (des Mutterkuchens) mit dem Finger abzulösen. Die äußere Hand umfasst über die Bauchdecke die Gebärmutter und schiebt sie der inneren Hand entgegen. Diese Prozedur kann man auch mit der Bumm`schen-Curette durchführen. Manche wenden beide Verfahren in einer Sitzung an. Dieser Eingriff wird in Narkose durchgeführt.

Eine manuelle Plazentaablösung ist notwendig, wenn sich die Plazenta (der Mutterkuchen) nicht spontan oder nach Gabe von Kontraktionsmitteln oder anderen Handgriffen (z. B. Kompression der Gebärmutter mittels des sog. Credé Handgriffes) löst. In Allgemein- oder Periduralanästhesie geht man mit einer Hand in die Gebärmutterhöhle ein und sucht nach einem Bereich, in dem sich der Mutterkuchen schon gelöst hat. Dies ist die richtige Schicht zwischen Plazenta und Gebärmutterwand. Von dort aus beginnt man mit dem Finger den Rest der Plazenta abzulösen. Die äußere Hand umfasst die Gebärmutter über die Bauchdecke und drückt sie der inneren Hand entgegen. Ist die Plazenta gelöst, wird sie umfasst und über die Scheide geboren. Anschließend wird manuell oder mit der Bumm-Curette nachgetastet. 

Blutungen post partum

Blutung post partum (postpartale Blutung, Blutung nach der Geburt des Kindes, Blutung in der Nachgeburtsperiode)

Die Zeit nach der Geburt des Kindes teilt man ein in die sog. Plazentarperiode (die Zeit in der sich die Plazenta, der Mutterkuchen, von der Gebärmutter ablöst und geboren wird) und die post plazentare Periode (dies ist die Zeit bis zwei Stunden nach der vollständigen Geburt der Plazenta). In beiden Phasen kann es zu starken, auch lebensbedrohlichen, Blutungen kommen. Erfahrungsgemäß treten nach Ablauf von zwei Stunden meist keine unerwartet starken Blutungen mehr auf. Deshalb hat man die mehr oder weniger intensive Überwachung der frisch Entbundenen auf diesen Zeitraum begrenzt. Es gibt keine klare Definition, was als noch normal gilt und ab wann man von einer verstärkten oder starken Blutung spricht. Um die Blutungsstärke zu kontrollieren, wird eine spezielle Lagerung der Entbundenen, die Lagerung nach Fritsch, durchgeführt. Die Entbundene liegt in Rückenlage. Nach Herunterstreichen der Gesäßbacken werden die Beine übereinander gelegt. Dies ermöglicht, den Blutverlust zu kontrollieren, bei wiederholter Kontrolle der Stärke der Kontraktion der Gebärmutter.
Ursachen verstärkter Blutungen können Weichteilverletzungen im Bereich des Dammes, des Scheideneingangs, der Scheide, des Muttermundes oder Verletzungen der Gebärmutter (Ruptur) sein, oder sie sind bedingt durch eine verstärkte Plazenta Lösungsblutung.

Atonische Nachblutungen
(atonischer Uterus, Uterusatonie, Atonie)
Ist die Plazenta gelöst und mit den Eihäuten vollständig und sind Verletzungen der Weichteile ausgeschlossen, so sind es die sog. atonischen Nachblutungen, die sehr schnell zu massivem Blutverlust führen können und nicht selten lebensgefährlich sind.

Es handelt sich um eine Kontraktionsschwäche der Gebärmutter, also die fehlende oder ungenügende Fähigkeit der Gebärmuttermuskulatur, sich nach der Geburt des Kindes und der unvollständig oder vollständig geborenen Plazenta (Mutterkuchen) zusammenzuziehen. Sie tritt häufig auf nach übermäßig langer Geburtsdauer oder bei einer Überdehnung der Gebärmuttermuskulatur, z. B. bei einem sehr großen Kind, Mehrlingen oder einem Hydramnion, d. h. übermäßig viel Fruchtwasser auf. Aus dieser Kontraktionsschwäche resultiert eine starke bis lebensbedrohliche Blutung, die ein unverzügliches Eingreifen erfordert. Die Uterusatonie zählt zu den häufigsten Ursachen mütterlicher Mortalität (mütterliche Todesrate). Die Blutung ist meist schubweise, weil sich das Blut zunächst in der Gebärmutter sammelt und dann mit einem Mal ausgestoßen wird.

Therapeutisch muss schnell gehandelt werden, um einen Schockzustand der Mutter zu verhindern:

  1. Die Gabe von Kontraktionsmitteln intravenös, eventuell zusätzlich intramuskulär (Oxytocin, Syntometrin). Bei ungenügender Wirkung kommen dann Prostaglandine zur Anwendung, die intravenös, intramural (in die Gebärmuttermuskulatur) oder intrakavitär (in die Gebärmutterhöhle) appliziert werden können.
  2. Eine gleichzeitige ausreichende Volumensubstitution ist indiziert, eventuell die Gabe von Blut.
  3. Die Entleerung der Gebärmutter und das gleichzeitige Verhindern einer erneuten Füllung mit Blut. Dabei handelt es sich um eine mechanische Kompression der Gebärmutter von der Bauchdecke und gleichzeitig von der Scheide her mittels spezieller Handgriffe (nach Fritsch und Zweifel). Führen diese Maßnahmen nicht zum Erfolg, so muss nach Verletzungen im Geburtskanal gesucht und eventuell eine Austastung der Gebärmutter durchgeführt werden (siehe oben).

Diese Eingriffe werden im Allgemeinen in Allgemeinanästhesie (Vollnarkose) durchgeführt. Wichtig ist auch die möglichst schnelle, labormäßige Überprüfung der Blutgerinnung.
Operationsdauer: 15 Minuten

Nach der Operation

  • Unmittelbare Überwachung: Überwachung auf Anzeichen von Komplikationen wie starke Blutungen oder Infektionen direkt nach dem Eingriff.
  • Schmerzmanagement: Verordnung von Schmerzmitteln, falls erforderlich.
  • Hygiene und Ruhe: Empfehlungen für persönliche Hygiene und körperliche Schonung zur Förderung der Heilung und zur Vermeidung von Infektionen.
  • Nachuntersuchungen: Planung einer Nachuntersuchung zur Überwachung des Heilungsprozesses und zur Bestätigung, dass kein Restgewebe in der Gebärmutter verblieben ist.
  • Beobachtung auf Spätkomplikationen: Anweisungen zur Selbstbeobachtung auf Anzeichen einer Infektion, ungewöhnlich starke Blutungen oder andere Symptome.

Mögliche Komplikationen

  • Verletzung oder Perforation (Durchstoßung) der Gebärmutterwand mit den Instrumenten, ggf. mit Schädigung benachbarter Organe (Darm, Harnblase) ist selten.
  • Leichte Blutung nach Stunden bzw. Tagen ist normal
  • Zurückgebliebener Plazenarest kann vorkommen. Diese führt dann im Regelfall zu einer verlängerten Blutung und dabei zu einem Ausstoßen der Gewebereste.
  • Infektionen oder Wundheilungsstörungen (sehr selten)
  • Verklebungen von Muttermund, Gebärmutterhalskanal, Gebärmutterhöhle infolge einer Infektion ist möglich. Dieses kann zu Menstruationsstörungen (Zyklusstörungen) und/oder Konzeptionsschwierigkeiten (Empfängnisschwierigkeiten), evtl. zur Sterilität (Unfruchtbarkeit) führen (sehr selten).
  • Bei Überempfindlichkeit bzw. Allergien (z. B. Betäubungs-/Narkosemittel, Medikamente etc.) kann es vorübergehend zu folgenden Beschwerden kommen: Schwellung, Hautausschlag, Juckreiz, Niesen, tränende Augen (Augentränen), Schwindel oder Erbrechen.