Mesangiale IgA-Glomerulonephritis – Medikamentöse Therapie
Therapieziel
-
Abwenden der Verschlechterung der Nierenfunktion (Nierenleistung): Erhalt der eGFR (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate), Reduktion der Proteinurie (Eiweißausscheidung im Urin), Vermeidung terminaler Niereninsuffizienz (Nierenversagen).
Therapieempfehlungen
- Stufentherapie wie folgt:
- Proteinurie > 0,5 g/d und normale Nierenfunktion (Nierenleistung): Ramipril (RAAS-Blockade mit ACE-Hemmer) führt zu einer verminderten Proteinausscheidung (Eiweißausscheidung im Urin) und verhindert ein Fortschreiten der Erkrankung (Nephroprotektion); gleiches gilt für Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB – Angiotensin-Rezeptor-Blocker).
- Beachte: Die Therapie der Proteinurie (Eiweißausscheidung im Urin) erfolgt unabhängig davon, ob ein Bluthochdruck (Hypertonie) vorliegt oder nicht.
- Proteinurie > 1 g/d und gleichzeitig Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenleistung): Therapie nach dem Pozzi-Schema; Therapiedauer: 6 Monate.
- Glucocorticoide (Kortisonpräparate):
- Monat 1, 3 und 5 – Methylprednisolon (Glucocorticoid) 1.000 mg i.v. (intravenös) an Tag 1-3, dann
- jeden zweiten Tag für 6 Monate: Prednisolon (Glucocorticoid) 0,5 mg/kg/d p.o. (zum Einnehmen).
- falls Proteinurie weiter > 1 g/Tag
- bei rascher Progression der Erkrankung immunsuppressive Therapie mit Cyclophosphamid (Zytostatikum) i.v.
- Mycophenolat Mofetil (MMF – Immunsuppressivum)
- ggf. auch Calcineurin-Inhibitoren (CNI – Immunsuppressiva)
- Beachte: Effektivität einer systemischen, hoch dosierten Corticosteroidtherapie (Glucocorticoidtherapie) gilt v. a. bei europäischen Patienten als nicht gesichert.
- Glucocorticoide (Kortisonpräparate):
- Nefecon (verkapseltes Budesonid – Glucocorticoid) für die IgAN Therapie bei Hochrisikopatienten; erstes spezifisches Medikament für Hochrisikopatienten mit Einsatz im terminalen Ileum (letzter Dünndarmabschnitt) wg. Hinweise auf eine Störung der „Darm-Nieren-Achse“ (Zusammenhang zwischen Darm und Niere).
- In einer Phase-III-Studie über 2 Jahre (davon 9 Monate mit Behandlung und 15 Monate Nachbeobachtung) konnte gezeigt werden, dass es zu einer Halbierung des jährlichen GFR-Verlustes kommt – unabhängig von der Ausgangsproteinurie [10, 11].
- Zusätzliche Basistherapie der Hypertonie (Bluthochdruck) (mit ACE-Hemmern oder Angiotensinrezeptorblocker), Osteoporose (Knochenschwund) und ggf. Therapie mit Omega-3-Fettsäuren (Docosahexaensäure, Eicosapentaensäure) [1].
- Hypertonie: ggf. Gabe eines SGLT-2-Hemmers (Blutzuckerausscheidung über den Urin), wenn ein erhöhtes Progressionsrisiko besteht und die eGFR über 25 ml/min beträgt (in der Zukunft eher 20 ml/min) [8, 9].
- Studien zeigen, dass eine Glucocorticoid-ACE-Hemmer-Kombinationstherapie die Progression der Erkrankung besser verzögern kann als eine ACE-Hemmer-Monotherapie [2, 3].
- Weitere/neuere Optionen bei persistierender Proteinurie (Eiweißausscheidung im Urin) trotz optimierter RAAS-Blockade:
- Sparsentan (dualer Endothelin-A/AT1-Antagonist): besserer antiproteinurischer Effekt (41 %) als Irbesartan [7].
- Iptacopan (Faktor-B-Inhibitor der alternativen Komplement-Reaktionskaskade).
- Atrasentan (selektiver Endothelin-Typ-A-Rezeptor-Inhibitor).
- Proteinurie > 0,5 g/d und normale Nierenfunktion (Nierenleistung): Ramipril (RAAS-Blockade mit ACE-Hemmer) führt zu einer verminderten Proteinausscheidung (Eiweißausscheidung im Urin) und verhindert ein Fortschreiten der Erkrankung (Nephroprotektion); gleiches gilt für Angiotensin-Rezeptor-Blocker (ARB – Angiotensin-Rezeptor-Blocker).
Beachte
- STOP-IgAN-Studie (3 Jahre): Supportive Therapie, d. h. konsequente Blutdrucksenkung und Proteinurie-Behandlung (mit Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE)-Inhibitoren und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten), war bzgl. Nierenfunktionsverlust nicht unterlegen gegenüber Immunsuppression; Vollremissionen häufiger unter Immunsuppression, jedoch mehr Nebenwirkungen [4].
- TESTING-Studie: Unter Methylprednisolon (Glucocorticoid) höhere Rate schwerer Komplikationen (u. a. Infektionen, teils letal) vs. Placebo, zugleich günstiger Effekt auf Nierenendpunkte [5]; in erweiterter Analyse signifikante Reduktion des kombinierten Endpunktes (Nierenfunktionsverlust, Nierenversagen, Tod) [6].
- Leitlinien (KDIGO 2025): Topische Steroide (z. B. Nefecon – Budesonid) werden bei Verfügbarkeit gegenüber systemischen Glucocorticoiden (z. B. Prednisolon) bevorzugt; bei oraler Steroidgabe Dosisreduktion und antimikrobielle Prophylaxe erwägen.
Wirkstoffe (Hauptindikation)
Proteinurie > 1 g/d und normale Nierenfunktion (Nierenleistung) – ACE-Hemmer
| Wirkstoff | Wirkdauer | Besonderheiten |
|---|---|---|
| Ramipril | 48 h | Dosisanpassung bei Niereninsuffizienz (eingeschränkter Nierenfunktion); KI bei Leberinsuffizienz (eingeschränkter Leberfunktion) |
- Wirkweise: Hemmung des Angiotensin-Converting-Enzyms (ACE – Enzym des Blutdrucksystems); führt zu verminderter Proteinausscheidung (Eiweißausscheidung im Urin) und verhindert ein Fortschreiten der Erkrankung (Nephroprotektion).
- Dosierungshinweise: Langsame Dosissteigerung: alle zwei Wochen Dosis verdoppeln.
- Kontraindikationen: Im zweiten und/oder dritten Trimenon (Schwangerschaftsdrittel) schwerwiegende bis lebensbedrohliche und auch letale Fetopathie …
- Nebenwirkungen: Hypotonie (niedriger Blutdruck), Hyperkaliämie (erhöhtes Kalium), Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenfunktion; v. a. bei Nierenarterienstenose), Husten, angioneurotisches Ödem (allergische Schwellung), allergische Reaktionen; Proteinurie (Eiweißausscheidung im Urin), Knochenmarkdepression (verminderte Blutbildung) selten.
- Kontrollen: Regelmäßige Kontrolle der Nierenparameter (Kreatinin), der Elektrolyte (z. B. Kalium) und des Blutdrucks.
- Alternative: Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten (ARB – Angiotensin-Rezeptor-Blocker) wirken ebenfalls nephroprotektiv (nierenschützend).
Proteinurie > 1 g/d und Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenleistung) – Glucocorticoide (Pozzi-Schema)
| Wirkstoff | Besonderheiten |
|---|---|
| Prednison (Glucocorticoid) | Therapiedauer 6 Monate |
| Methylprednisolon (Glucocorticoid) | 1 g an Tag 1-3 in den Monaten 1, 3, 5 i.v. (intravenös) |
- Wirkweise Glucocorticoide: immunsuppressiv (unterdrücken Abwehrreaktionen), antiallergisch, antiphlogistisch (entzündungshemmend), antiproliferativ (zellwachstumshemmend).
- Nebenwirkungen: katabol (gewebeabbauend), diabetogen (Blutzucker steigernd), Natriumretention (Wassereinlagerung), Infektneigung (erhöhte Infektanfälligkeit), Wundheilungsstörung, Ulkusneigung (Neigung zu Magengeschwüren).
Proteinurie > 1 g/d und Niereninsuffizienz (eingeschränkte Nierenleistung) – Alkylanzien
| Wirkstoff | Besonderheiten |
|---|---|
| Cyclophosphamid (Zytostatikum; Gruppe 2) | Für 3 Monate; Kombi mit Decortin H 40 mg/d (Prednison – Glucocorticoid), dann Wechsel auf Azathioprin (Immunsuppressivum) 1,5 mg/kg KG/d für mind. 2 Jahre |
| Cyclophosphamid (Zytostatikum; Gruppe 3) | 3 mg/kg KG/d ( > 55. LJ: 2 mg/kg KG/d) für 8 Wochen; wenn Anti-GMB (Anti-glomeruläre Basalmembran-Antikörper) +, dann weitere 4 Wochen (2 mg) |
- Wirkweise: Alkylierung von Nukleinsäuren (Erbsubstanz) führt zu verschiedensten DNA-Veränderungen.
- Prophylaxe: Prophylaktische Gabe von Mesna (Mercaptoethansulfonat – Blasenschutz) und Mindest-Flüssigkeitszufuhr von 2 l/d, da Tendenz zur hämorrhagischen Zystitis (blutige Blasenentzündung).
- Dosisanpassung: bei Nieren-/Leberinsuffizienz (eingeschränkter Nieren-/Leberfunktion).
- Nebenwirkungen: hämorrhagische Zystitis (blutige Blasenentzündung), Harnblasenfibrose (Narbenbildung).
- Stellenwert in der Therapie: unklar, daher nur bei aggressivem Verlauf einsetzen.
Immunsuppressiva
| Wirkstoff | Besonderheiten |
|---|---|
| Mycophenolatmofetil (MMF – Immunsuppressivum) | Dosisanpassung bei schwerer Niereninsuffizienz (stark eingeschränkter Nierenfunktion), Z. n. N-Tx (Zustand nach Nierentransplantation) |
- Wirkweise Mycophenolatmofetil: Lymphozyten-Proliferationshemmung (Hemmung der Vermehrung von Abwehrzellen).
- Nebenwirkungen: gastrointestinal (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe), Leukopenie (Mangel an weißen Blutkörperchen), Infektneigung (erhöhte Infektanfälligkeit).
- Derzeit werden Studien bei IgA-Glomerulonephritis Gruppe 4 mit Mycophenolatmofetil durchgeführt.
- Weitere Indikation: nach Transplantation.
- Rote-Hand-Briefe:
- AkdÄ Drug Safety Mail, 39-2014: Hypogammaglobulinämie (erniedrigte Immunglobuline) und Bronchiektasen (irreversible Bronchialerweiterungen) unter Kombination mit anderen Immunsuppressiva.
- AkdÄ Drug Safety Mail, 33-2015: schwerwiegendes Risiko für Teratogenität (fruchtschädigend) – wichtige neue Hinweise zur Schwangerschaftsverhütung für Frauen und Männer.
- Stellenwert der Therapie: unklar, daher nur bei aggressivem Verlauf einsetzen.
Ergänzende Optionen (Add-on bei persistierender Proteinurie – Eiweißausscheidung im Urin)
- Targeted-release Budesonid (Nefecon – Glucocorticoid) – siehe oben.
- Sparsentan (dualer Endothelin-A/AT1-Antagonist) – PROTECT-Interimsanalyse.
- Iptacopan (Faktor-B-Inhibitor der alternativen Komplementkaskade) – ALIGN.
- Atrasentan (selektiver Endothelin-A-Rezeptorantagonist) – APPLAUSE-IgAN.
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, K, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Mineralstoffe (Magnesium)
- Spurenelemente (Chrom, Eisen, Jod, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA); Omega-6-Fettsäure: Gamma-Linolensäure (GLA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Polyphenole aus Frucht- und Gemüse-Extrakt)
- Weitere Vitalstoffe (Kürbiskernöl, Rosenwurzwurzel-Extrakt)
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- Alexopoulos E, Stangou M, Pantzaki A, Kirmizis D, Memmos D: Treatment of severe IgA nephropathy with omega-3 fatty acids: the effect of a "very low dose" regimen. Ren Fail. 2004 Jul; 26(4):453-9.
- Manno C et al.: Randomized controlled clinical trial of corticosteroids plus ACE-inhibitors with long-term follow-up in proteinuric IgA nephropathy. Nephrol Dial Transplant. 2009 11.
- Lv J, Zhang H, Chen Y et al.: Combination therapy of prednisone and ACE inhibitor versus ACE-inhibitor therapy alone in patients with IgA nephropathy: a randomized controlled trial. Am J Kidney Dis. 2009 Jan;53(1):26-32. doi: 10.1053/j.ajkd.2008.07.029. Epub 2008 Oct 19.
- Rauen T et al.: Intensive Supportive Care plus Immunosuppression in IgA Nephropathy. N Engl J Med 2015; 373:2225-2236, December 3, 2015, doi: 10.1056/NEJMoa1415463
- Lv J et al.: Effect of Oral Methylprednisolone on Clinical Outcomes in Patients With IgA Nephropathy The TESTING Randomized Clinical Trial. JAMA. 2017;318(5):432-442. doi:10.1001/jama.2017.9362
- Jicheng Lv et al.: Effect of Oral Methylprednisolone on Decline in Kidney Function or Kidney Failure in Patients With IgA Nephropathy The TESTING Randomized Clinical Trial JAMA. 2022;327(19):1888-1898. doi:10.1001/jama.2022.5368
- Heerspink HJ et al.: Sparsentan in patients with IgA nephropathy: a prespecified interim analysis from a randomised, double-blind, active controlled clinical trial. Lancet 2023; https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)00569-X
- Nuffield Department of Population Health Renal Studies G, Consortium SiM-AC-RT Impact of diabetes on the effects of sodium glucose co-transporter‑2 inhibitors on kidney outcomes: collaborative meta-analysis of large placebo-controlled trials. Lancet 2022;400:1788-1801
- Reich HN, Floege J: How I treat IgA nephropathy. Clin J Am Soc Nephrol 2022;17:1243-1246
- Barratt J et al.: Results from part A of the multi-center, double-blind, randomized, placebo-controlled NefIgArd trial, which evaluated targeted-release formulation of budesonide for the treatment of primary immunoglobulin A nephropathy. Kidney Int 2023;103:391-402
- Lafayette R, Kristensen J, Stone A, Floege J, Tesař V, Trimarchi H, Zhang H, Eren N, Paliege A, Reich HN, Rovin BH, Barratt J; NefIgArd trial investigators. Efficacy and safety of a targeted-release formulation of budesonide in patients with primary IgA nephropathy (NefIgArd): 2-year results from a randomised phase 3 trial. Lancet. 2023 Sep 9; 402(10405):859-870. Epub 2023 Aug 14. https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)01554-4
Leitlinien
- S3-Leitlinie: Diagnose und Therapie von Glomerulonephritiden. (AWMF-Registernummer: 090 - 003), März 2025 Kurzfassung Langfassung