Mesangiale IgA-Glomerulonephritis – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild – Anämie (Blutarmut) und Thrombozytenveränderungen (Veränderungen der Blutplättchen) bei chronischer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Glucose, Keton, Urobilinogen, Bilirubin, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur – Nachweis von Hämaturie (Blut im Urin) und Proteinurie (Eiweiß im Urin)
  • Urinsediment – keine Spezifität für IgAN, aber obligat bei pathologischem Urinstatus; Differenzierung glomeruläre vs. nicht-glomeruläre Hämaturie
  • Erythrozytenmorphologie im Urinsediment (Gestalt der roten Blutkörperchen) (phasenkontrastmikroskopisch) – entscheidend für die Abklärung der Hämaturie:
    • Eumorphe Erythrozyten (rote Blutkörperchen) → Hinweis auf nicht-glomeruläre Ursache (z. B. Harnwegsinfekt (Blasenentzündung), Neoplasie (Tumor), Urolithiasis (Nierensteine), Trauma (Verletzung))
    • Dysmorphe Erythrozyten (rote Blutkörperchen) → Hinweis auf glomeruläre Blutung (Blutung aus den Nierenkörperchen)
    • Akanthozyten (rote Blutkörperchen mit blasigen Ausziehungen, „Mickey-Mouse-Ohren“) – hochspezifisch (98–100 %) für eine glomeruläre Blutung, Sensitivität 52–73 %
    • ≥ 5 % Akanthozyten oder ≥ 30 % dysmorphe Erythrozyten → dringender Verdacht auf glomeruläre Blutung, Indikation zur Nierenbiopsie (Gewebeprobe aus der Niere)
    • Nachweis von Erythrozytenzylindern (rote Blutkörperchen in Eiweißabgüssen der Nierenkanälchen) → weiteres Beweiszeichen für eine glomeruläre Ursache
  • 24-h-Harnvolumen oder Spot-Urin (Protein/Kreatinin-Quotient) – Quantifizierung der Proteinurie
  • Elektrolyte – Natrium, Kalium, Calcium, Phosphat
  • Nierenparameter – Kreatinin, Harnstoff, Cystatin C – zur Abschätzung der glomerulären Filtrationsrate (GFR)
  • Serumalbumin und Gesamteiweiß – Beurteilung der Proteinverluste bei nephrotischem Syndrom (Eiweißverlustsyndrom)
  • Lipidprofil – Gesamtcholesterin, HDL-Cholesterin, LDL-Cholesterin, Triglyceride (häufig Hyperlipidämie (erhöhte Blutfette) bei nephrotischem Syndrom (Eiweißverlustsyndrom))
  • Harnsäure – Begleiterhöhung bei Nierenfunktionsstörung (Nierenschwäche) möglich

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Komplementfaktoren C3, C4 – typischerweise normal bei IgAN; erniedrigt bei Differenzialdiagnosen (z. B. Lupusnephritis (Sonderform des Lupus erythematodes mit Nierenbeteiligung), membranoproliferative Glomerulonephritis (besondere Form der Nierenkörperchenentzündung))
  • Autoantikörper – ANA (antinukleäre Antikörper), dsDNA-AK (Antikörper gegen doppelsträngige DNA), ANCA (Antikörper gegen zytoplasmatische Granula von Neutrophilen; c-ANCA, p-ANCA), Anti-GBM-AK (Antikörper gegen die glomeruläre Basalmembran) – Abgrenzung anderer Glomerulonephritiden (Nierenkörperchenentzündungen)
  • Immunkomplexe – nur bei speziellen Fragestellungen, unspezifisch
  • Serumelektrophorese, ggf. Immunfixation – Ausschluss monoklonaler Gammopathien (krankhafte Eiweißvermehrungen im Blut)
  • Infektionsserologien – Hepatitis B, Hepatitis C, HIV – Ausschluss sekundärer IgA-Nephritis

Weitere Hinweise

  • Es existiert kein validierter Biomarker für die Diagnose einer IgAN.
  • Goldstandard bleibt die Nierenbiopsie (Gewebeprobe der Niere) mit histologischer Klassifikation nach Oxford-MEST-C-Score.
  • Die Prognoseeinschätzung erfolgt leitliniengerecht mithilfe des International IgA Nephropathy Prediction Tools (QxMD), das u. a. Proteinurie, eGFR, Blutdruck und Histologie berücksichtigt – nicht jedoch die Hämaturie.

Red Flags (Warnzeichen) bei mesangialer IgA-Glomerulonephritis

  • Rascher Anstieg des Serumkreatinins (Nierenwert) bzw. akutes Nierenversagen
  • Massive Makrohämaturie (sichtbares Blut im Urin) mit Koagelbildung oder Harnabflussstörung
  • Nephrotisches Syndrom (Eiweißverlustsyndrom) mit Hypoalbuminämie (erniedrigtem Bluteiweiß) und generalisierten Ödemen (Wassereinlagerungen)
  • Hypertensive Entgleisung (maligne Hypertonie, sehr starker Bluthochdruck mit Organschädigung)
  • Rasch progrediente Proteinurie (> 3,5 g/Tag)
  • Oligurie (verminderte Urinausscheidung) oder Anurie (fehlende Urinausscheidung)

Leitlinien

  1. Kidney Disease: Improving Global Outcomes (KDIGO) Glomerular Diseases Work Group. KDIGO 2021 Clinical Practice Guideline for the Management of Glomerular Diseases. Kidney Int. 2021;100(4S):S1-S276. doi: 10.1016/j.kint.2021.05.021.
  2. S3-Leitlinie: Diagnose und Therapie von Glomerulonephritiden. (AWMF-Registernummer: 090 - 003), März 2025 Kurzfassung Langfassung