Gleichgewichtsprüfung

Die Gleichgewichtsprüfung ist ein diagnostisches Verfahren, das zur Beurteilung von Gleichgewichtsstörungen eingesetzt wird. Sie wird vor allem bei Personen durchgeführt, die unter Schwindel (lat. Vertigo) leiden. Das Gleichgewichtsorgan (Vestibularorgan) im Innenohr registriert alle Veränderungen der Lage des Körpers im Raum und ist für das Gleichgewichtsempfinden verantwortlich.

Zielsetzung

Das Ziel der Gleichgewichtsprüfung ist die Untersuchung und Bewertung der Funktionalität des Vestibularorgans, um die Ursachen von Gleichgewichtsstörungen wie Schwindel zu identifizieren und entsprechende Behandlungsmaßnahmen einzuleiten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Vertigo (Schwindel)
  • Hörstörungen
  • Tumoren im Bereich des Innenohrs wie das Akustikusneurinom
  • Entzündungen im Bereich des Innenohrs wie die Neuronitis vestibularis

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Es gibt keine absoluten Kontraindikationen für die Gleichgewichtsprüfung. Allerdings sollte sie bei Patienten mit akuten Ohrinfektionen oder perforiertem Trommelfell vorsichtig durchgeführt werden, um weitere Komplikationen zu vermeiden.

Vor der Untersuchung

Vor der Gleichgewichtsprüfung sind keine speziellen Vorbereitungen erforderlich. Es ist jedoch wichtig, dem Arzt alle relevanten medizinischen Informationen mitzuteilen, insbesondere wenn der Patient unter bestehenden Gleichgewichtsstörungen leidet.

Das Verfahren

Die Gleichgewichtsprüfung umfasst verschiedene Untersuchungen zur Auslösung von schnellen Augenbewegungen (Nystagmus) und zur objektiven Darstellung der Gleichgewichtsfunktion. Dazu gehören:

  • Rotatorische Prüfung (Drehprüfung) im Drehstuhl
  • Thermische Prüfung mit warmem und kaltem Wasser
  • Mechanische Prüfung mittels Druckluft
  • Elektronystagmographie (ENG) zur objektiven Darstellung der schnellen Augenbewegungen

Mögliche Befunde

  • Nystagmus
    • Horizontaler Nystagmus: Eine unkontrollierte, rhythmische Bewegung der Augen in horizontaler Richtung kann auf eine Störung im Vestibularsystem hinweisen, die durch die rotatorische oder thermische Prüfung ausgelöst wird.
    • Vertikaler Nystagmus: Vertikale Augenbewegungen können ebenfalls auftreten und auf bestimmte vestibuläre oder zentrale Störungen hinweisen.
  • Reaktionen des Vestibularorgans
    • Unilaterale vestibuläre Hypofunktion: Eine verminderte Reaktion auf vestibuläre Reize auf einer Seite kann auf eine Schädigung oder Funktionsstörung des Innenohrs oder der Hörnerven hinweisen.
    • Bilaterale vestibuläre Hypofunktion: Eine verminderte Reaktion auf vestibuläre Reize auf beiden Seiten kann auf eine systemische Störung des Vestibularorgans oder eine neurologische Erkrankung hinweisen.
  • Elektronystagmographie (ENG)
    • Unsymmetrischer Kaloriktest: Unterschiede in der Reaktion auf thermische Reize können asymmetrische vestibuläre Funktionen anzeigen.
    • Positiver Dix-Hallpike-Test: Ein positiver Test kann auf eine gutartige paroxysmale Lagerungsschwindel (BPLS) hinweisen, eine häufige Ursache für wiederkehrende Schwindelattacken.
    • Abnormale Ergebnisse bei der Blickverfolgung: Eine gestörte Fähigkeit, einem visuellen Ziel zu folgen, kann auf zentrale Ursachen für Gleichgewichtsstörungen hinweisen.
  • Andere Befunde
    • Ohrmuschelreflexe: Das Fehlen oder die Abweichung von normalen Ohrmuschelreflexen kann auf eine Funktionsstörung des Vestibularorgans oder des Hörnervs hinweisen.
    • Abnormale Ergebnisse bei mechanischen Tests: Eine ungewöhnliche Reaktion auf mechanische Reize wie Druckluft kann auf eine Störung im Gleichgewichtsorgan oder den umgebenden Strukturen hinweisen.
    • Hörtests: In einigen Fällen können während der Gleichgewichtsprüfung auch Hörtests durchgeführt werden, um das Vorhandensein von Begleitstörungen wie Hörverlust zu bestimmen.

Nach der Untersuchung

Nach der Gleichgewichtsprüfung werden die Ergebnisse vom Arzt ausgewertet und entsprechende Behandlungsmaßnahmen festgelegt. Dies kann die Einleitung einer Therapie zur Behandlung der Grunderkrankung oder die Überweisung an einen Facharzt für weiterführende Untersuchungen umfassen.

Mögliche Komplikationen

  • Frühkomplikationen: Zu den möglichen Frühkomplikationen gehören vorübergehende Schwindelgefühle während oder nach der Untersuchung sowie Übelkeit oder Erbrechen aufgrund der Reizung des Vestibularorgans.
  • Spätkomplikationen: Langfristige Komplikationen sind selten und können Schwindel persistieren lassen oder zu anhaltenden Gleichgewichtsstörungen führen. In seltenen Fällen können auch Ohrinfektionen oder Schäden am Innenohr auftreten, insbesondere bei unsachgemäßer Durchführung der Untersuchung.