Insulin

Insulin ist ein Peptidhormon (Eiweißhormon), das in den Beta-Zellen der Langerhans-Inseln des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) produziert wird. Es spielt eine zentrale Rolle in der Regulation des Glukosestoffwechsels (Zuckerstoffwechsel), indem es die Aufnahme von Glukose (Zucker) in Muskel- und Fettzellen fördert und die Glukoneogenese (Neubildung von Zucker) sowie Lipolyse (Fettabbau) hemmt. Insulin ist der wichtigste anabole Gegenspieler des Hormons Glukagon (hormoneller Blutzuckersteigerer) und ein zentraler Marker in der Diagnostik von Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) und insulinomassoziierten Erkrankungen.

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum oder Plasma (flüssiger Anteil des Blutes ohne oder mit Gerinnungshemmer)

Vorbereitung des Patienten

  • Nüchternblutentnahme empfohlen (mindestens 8 Stunden nüchtern)
  • Medikamente, die den Glukose- oder Insulinstoffwechsel (Zucker- oder Insulinhaushalt) beeinflussen, sollten nach ärztlicher Rücksprache vor der Untersuchung abgesetzt oder berücksichtigt werden.

Störfaktoren

  • Hämolyse (Auflösung von roten Blutkörperchen) kann die Messergebnisse verfälschen.
  • Akute Stresssituationen (z. B. Operation, Infektion) können zu vorübergehend erhöhten Insulinspiegeln führen.
  • Medikamente: Kortikosteroide (Kortisonpräparate), Östrogene (weibliche Geschlechtshormone), Betablocker (bestimmte Herz-Kreislauf-Medikamente), Thiazide (harntreibende Mittel), Antidiabetika (Medikamente gegen Diabetes mellitus).

Normwerte

Altersgruppe Normwerte (µU/ml) SI-Einheit (pmol/l)
Erwachsene nüchtern 2,0-25,0 14-174
Kinder 2,0-20,0 14-139

Umrechnung: 1 µU/ml ≈ 6,945 pmol/l.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Diagnostik von Hypoglykämiezuständen (niedriger Blutzucker), z. B. Insulinom (insulinproduzierender Bauchspeicheldrüsentumor)
  • Differentialdiagnostik (Unterscheidung der Krankheitsursachen) von Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2
  • Insulinresistenz- und Metabolisches Syndrom-Diagnostik (Stoffwechselstörung mit Übergewicht, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung)
  • Beurteilung der Betazellfunktion (Funktion der Insulin-produzierenden Zellen)
  • Unterstützung der Therapieüberwachung bei Diabetikern (Patienten mit Zuckerkrankheit)

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Insulinom (insulinproduzierender Bauchspeicheldrüsentumor)
  • Früher Typ-2-Diabetes mellitus (frühes Stadium der Zuckerkrankheit) mit Insulinresistenz (verminderte Wirkung von Insulin)
  • Adipositas (Übergewicht)
  • Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS; Hormonstörung der Eierstöcke)
  • Insulinresistenzsyndrome (verminderte Wirkung von Insulin durch genetische Ursachen)
  • Akromegalie (krankhafte Vergrößerung von Körperteilen durch Wachstumshormonüberschuss)
  • Medikamentöse Einflüsse (z. B. Sulfonylharnstoffe (Blutzuckersenkende Medikamente), Corticosteroide (Kortisonpräparate))

Interpretation erniedrigter Werte

  • Typ-1-Diabetes mellitus (Autoimmunerkrankung mit absolutem Insulinmangel)
  • Spätstadium Typ-2-Diabetes mellitus (fortgeschrittene Erschöpfung der Insulinproduktion)
  • Pankreatektomie (operative Entfernung der Bauchspeicheldrüse)
  • Autoimmune Hypoinsulinämie (seltene Erkrankung mit Antikörperbildung gegen Insulin)

Weitere Hinweise

  • Der HOMA-Index (Berechnungswert für Insulinresistenz) wird aus Nüchterninsulin und Nüchternglukose (Nüchternzucker) berechnet.
  • C-Peptid (Eiweißbestandteil, der zusammen mit Insulin produziert wird) hilft bei der Unterscheidung zwischen körpereigener (endogener) und von außen zugeführter (exogener) Insulinproduktion.
  • Bei Verdacht auf Insulinom oder Insulin-Autoimmun-Syndrom kann ein verlängerter Fastentest (kontrolliertes Fasten unter ärztlicher Überwachung) erforderlich sein.

 

Literatur

  1. Service FJ. Hypoglycemic disorders. N Engl J Med. 1995;332(17):1144-1152. https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJM199504273321707
  2. American Diabetes Association. Standards of Medical Care in Diabetes—2024. Diabetes Care. 2024;47(Suppl 1):S1-S212. https://doi.org/10.2337/dc24-SINT