Atherogener Index (AI)
Der Atherogene Index (AI) ist ein berechneter Laborparameter zur Einschätzung des kardiovaskulären Risikoprofils (Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Er ergibt sich aus dem Verhältnis bestimmter Lipidfraktionen (Blutfettanteile) zueinander und dient als prädiktiver Marker für die Entwicklung von Arteriosklerose (Arterienverkalkung) und deren Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Synonyme
- Atherogener Quotient
- Atherogener Index nach Castelli
- AI, AI-I, AI-II (je nach Berechnungsformel)
Das Verfahren
- Benötigtes Material
- Serum (Blutflüssigkeit ohne Zellen)
- EDTA-Plasma (alternativ; Plasma ist der flüssige Bestandteil des Blutes)
- Vorbereitung des Patienten
- Nüchternblutabnahme empfohlen (mindestens 12 Stunden ohne Nahrungsaufnahme)
- Störfaktoren
- Postprandiale Lipidveränderungen (Veränderungen der Blutfette nach dem Essen)
- Alkoholgenuss
- Akute Erkrankungen (z. B. Infektionen, Entzündungen)
- Lipämie (Fetttrübung des Blutes), Hämolyse (Zerfall roter Blutkörperchen)
- Methode
- Enzymatische Bestimmung der Lipidparameter (chemische Reaktion mit Enzymen zur Messung von Blutfetten)
- Berechnung des Index je nach Formel (siehe unten)
Normbereiche (je nach Labor)
Formel / Subgruppe | Referenzbereich |
---|---|
AI-I = Gesamtcholesterin / HDL-Cholesterin | ≤ 4,5 (Männer), ≤ 4,0 (Frauen) |
AI-II = LDL-Cholesterin / HDL-Cholesterin | ≤ 3,0 |
Log(TG/HDL) – logarithmierter Index | < 0,11 (niedriges Risiko), > 0,21 (hohes Risiko) |
Normbereiche sind methoden- und laborabhängig
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Risikostratifizierung – Einschätzung des kardiovaskulären Risikos bei Patienten mit Dyslipidämien (Fettstoffwechselstörungen)
- Verlaufsbeobachtung – Therapiekontrolle unter lipidsenkender Therapie
- Präventionsdiagnostik – Einsatz im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Arteriosklerose
Interpretation
- Erhöhte Werte
- Ungünstiges Lipidprofil (ungünstige Zusammensetzung der Blutfette, z. B. niedriges HDL, hohes LDL oder hohe Triglyzeride)
- Metabolisches Syndrom (Stoffwechselstörung mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
- Erhöhtes Risiko für koronare Herzkrankheit, zerebrovaskuläre Ereignisse (z. B. Schlaganfall)
- Erniedrigte Werte
- Protektives Lipidprofil (schützende Zusammensetzung der Blutfette)
- Geringeres kardiovaskuläres Risiko
- Spezifische Konstellationen (optional)
- Bei diabetischen Patienten (Zuckerkranken) mit normwertigem LDL kann ein erhöhter AI auf ein unterschätztes Risiko hinweisen
- In der pädiatrischen Kardiologie (Kinderherzheilkunde) bei familiärer Hypercholesterinämie (erblich bedingtem hohen Cholesterin) verwendbar
Weiterführende Diagnostik
- Ergänzende Laborparameter – LDL, HDL, Triglyzeride, Apolipoprotein B, Lipoprotein(a) (verschiedene Blutfettbestandteile zur Risikoeinschätzung)
- Bildgebung – Duplexsonographie der Karotiden (Ultraschall der Halsgefäße), Koronar-CT zur Plaquedetektion (Röntgentechnik zur Darstellung von Gefäßablagerungen)
- Genetische Diagnostik – z. B. bei Verdacht auf familiäre Hyperlipoproteinämie (erblich bedingte Fettstoffwechselstörung)
- Metabolische Diagnostik – HbA1c (Langzeitblutzucker), Insulin, HOMA-Index bei Verdacht auf Insulinresistenz (Vorstufe von Diabetes)
Literatur
- Dobiasova M, Frohlich J. The plasma parameter log(TG/HDL-C) as an atherogenic index: correlation with lipoprotein particle size and esterification rate in apoB-lipoprotein-depleted plasma (FERHDL). Clin Biochem. 2001;34(7):583-588. https://doi.org/10.1016/S0009-9120(01)00263-6