Apolipoprotein A1 (ApoA1)
Apolipoprotein A1 (ApoA1) ist das Leitenzym der High-Density-Lipoproteine (HDL) (hochdichte Lipoproteine, „gutes Cholesterin“) und spielt eine zentrale Rolle im reversen Cholesterintransport – dem Rücktransport überschüssigen Cholesterins aus dem peripheren Gewebe zur Leber. ApoA1 besitzt antiatherogene, antioxidative und entzündungshemmende Eigenschaften und gilt als negativer Risikomarker für atherosklerotisch bedingte kardiovaskuläre Erkrankungen (Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Gefäßverkalkung). In der Labordiagnostik dient ApoA1 zur Differenzierung von Dyslipidämien (Störungen des Fettstoffwechsels) sowie zur kardiovaskulären Risikostratifizierung.
Synonyme
- ApoA1
- Apolipoprotein AI
Das Verfahren
- Benötigtes Material
Serum oder EDTA-Plasma (Blutbestandteile ohne Zellen) - Vorbereitung des Patienten
Nüchternblutabnahme empfohlen (mindestens 12 Stunden), insbesondere bei gleichzeitiger Lipid- und Apolipoprotein-Bestimmung - Störfaktoren
- Akute Infektionen und Entzündungen senken ApoA1-Konzentrationen temporär
- Leberfunktionsstörungen und nephrotisches Syndrom (Eiweißverlust über die Nieren) können Werte verfälschen
- Nikotinabusus (Rauchen) reduziert ApoA1
- Medikamente (z. B. Anabolika, Betablocker) beeinflussen die Konzentration
- Hämolyse (Zellzerfall im Blut) kann die Messung stören
- Methode
Immunnephelometrie oder Immunoturbidimetrie (spezielle Labormessmethoden zur Proteinanalyse)
Normbereiche (je nach Labor)
Personengruppe | Referenzbereich ApoA1 (mg/dl) |
---|---|
Männer | 110–180 |
Frauen | 120–200 |
Kinder | 90–140 |
Die Referenzbereiche können je nach Labormethode leicht variieren.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Kardiovaskuläre Risikostratifizierung (Abschätzung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
- Diagnostik familiärer HDL-Störungen (vererbte Störungen im „guten Cholesterin“, z. B. Tangier-Krankheit)
- Metabolisches Syndrom (Stoffwechsellage mit Übergewicht, hohem Blutdruck, gestörtem Blutzucker und Fettstoffwechsel)
- Verlaufskontrolle bei lipidsenkender Therapie (z. B. mit Statinen oder Fibraten)
Interpretation
- Erhöhte Werte
- Intensive körperliche Aktivität
- Östrogeneinnahme (z. B. orale Kontrazeptiva [Anti-Babypille])
- Lipidsenkende Therapie (z. B. Statine [Cholesterinsenker], Fibrate)
- Leichter bis moderater Alkoholkonsum
- Erniedrigte Werte
- Genetischer ApoA1-Mangel, HDL-Mangel (z. B. bei Tangier-Krankheit)
- Leberzirrhose (fortgeschrittener Leberschaden)
- Nephrotisches Syndrom
- Akute und chronische Inflammationen (Entzündungsprozesse)
- Nikotinabusus
- Unkontrollierter Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Klinische Relevanz
Ein erniedrigter ApoA1-Wert stellt einen unabhängigen Risikofaktor für koronare Herzkrankheit, Myokardinfarkt (Herzinfarkt) und andere atherosklerotische Erkrankungen (Gefäßverkalkung) dar. Die Bestimmung von ApoA1 kann in Kombination mit ApoB (Apolipoprotein B – Transportprotein des „schlechten Cholesterins“) zur Berechnung des ApoB/ApoA1-Quotienten verwendet werden, der als starker prädiktiver Marker für das kardiovaskuläre Risiko gilt:
- < 0,6: niedriges Risiko
- 0,9: hohes Risiko
Im Vergleich zur HDL-Cholesterinmessung liefert ApoA1 besonders bei Patienten mit chronischen Entzündungen oder fortgeschrittener Lebererkrankung oft robustere Ergebnisse.
Weiterführende Diagnostik
- Apolipoprotein B (ApoB) – zur Bestimmung der atherogenen LDL-Belastung (schädliche Cholesterinfraktion)
- Lipoprotein(a) – genetisch bestimmter Risikomarker
- Klassisches Lipidprofil – Gesamtcholesterin, LDL, HDL, Triglyzeride (Fettwerte im Blut)
- hs-CRP – hochsensitiver Entzündungsmarker zur Einschätzung entzündlicher Gefäßprozesse
Literatur
- Walldius G, Jungner I. The apoB/apoA-I ratio: a strong, new risk factor for cardiovascular disease and a target for lipid-lowering therapy – a review of the evidence. J Intern Med. 2006;259(5):493-519. https://doi.org/10.1111/j.1365-2796.2006.01643.x