Urin-Elektrophorese

Die Urin-Elektrophorese ist ein labordiagnostisches Verfahren (Untersuchungsmethode im Labor) zur qualitativen Analyse von Eiweißfraktionen (verschiedene Eiweißarten) im Urin. Sie dient der Abklärung unklarer Proteinurien (Eiweißausscheidung im Urin) und der Differenzierung glomerulärer, tubulärer und postrenaler Ursachen (Schädigung der Nierenfilter, -kanälchen oder Harnwege). Insbesondere bei Verdacht auf monoklonale Gammopathien (krankhafte Bildung identischer Antikörper) wie dem Multiplen Myelom (Plasmazellkrebs) kann die Methode einen ersten Hinweis auf die Ausscheidung freier Leichtketten (kleine Antikörperbestandteile) liefern. Neben der Serumelektrophorese (Eiweißuntersuchung im Blut) ergänzt sie die Diagnostik von Paraproteinämien (krankhafte Eiweißvermehrung).

Das Verfahren

Synonyme

  • Harn-Elektrophorese
  • Urin-Protein-Elektrophorese
  • Eiweißelektrophorese im Urin

Benötigtes Material

  • Spontanurin (vorzugsweise Morgenurin)
  • Alternativ: 24-Stunden-Sammelurin (gesammelter Tagesurin)
  • Mindestens 10 ml, keine Zusätze

Vorbereitung des Patienten

  • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
  • Idealerweise konzentrierter Urin (z. B. Morgenurin)
  • Keine hohe Flüssigkeitsaufnahme unmittelbar vor der Probengewinnung

Störfaktoren

  • Verdünnter Urin – Abschwächung pathologischer Bande
  • Hämaturie (Blut im Urin) – Störband durch Hämoglobin
  • Leukozyturie (weiße Blutkörperchen im Urin) – zusätzliche Proteinkomponenten
  • Mikrobielle Kontamination – unspezifische Bande
  • Unsachgemäße Lagerung – Proteinabbau, Artefaktbildung

Indikationen

  • Differenzierung unklarer oder persistierender Proteinurien
  • Verdacht auf glomeruläre oder tubuläre Nierenschädigung (Störung der Filterfunktion oder Rückresorption)
  • Abklärung von Paraproteinurie (Ausscheidung krankhafter Eiweiße)
  • Verlaufskontrolle bei bekannter Gammopathie
  • Ergänzung zur Serumelektrophorese bei Verdacht auf monoklonale Gammopathien

Interpretation

Urin-Elektrophorese (klassisches oder kapillares Verfahren)

  • Albuminband (isoliert): Normalbefund oder selektive glomeruläre Proteinurie
  • Vermehrte α1- und β-Fraktionen: Hinweis auf tubuläre Proteinurie (z. B. bei interstitieller Nephritis [Nierenkanälchenentzündung])
  • Breites Bandenmuster: Gemischte Proteinurie
  • Schmales monoklonales Band in β- oder γ-Zone: Verdacht auf Bence-Jones-Proteinurie (freie Leichtketten im Urin)
  • Freie Leichtketten (Kappa/Lambda): Pathognomonisch (typisch) für Plasmazellerkrankungen

Vorteile des Verfahrens

  • Frühzeitiger Hinweis auf monoklonale Gammopathien
  • Differenzierung von glomerulären vs. tubulären Ursachen der Proteinurie
  • Visualisierung spezifischer Muster zur Therapieüberwachung
  • Geringe Probenanforderungen
  • Ergänzend zur quantitativen Urinproteinanalyse

Grenzen des Verfahrens

  • Geringe Sensitivität bei stark verdünntem Urin
  • Kein quantitativer Nachweis (nur ungefähre Einschätzung)
  • Zusätzliche Immunmethoden zur Differenzierung notwendig
  • Unspezifische Muster bei kontaminiertem Material
  • Interpretation erfordert klinischen Kontext und Erfahrung

Weiterführende Diagnostik

Bei pathologischen Mustern der Urin-Elektrophorese können folgende Zusatzuntersuchungen angezeigt sein:

  • Immunfixationselektrophorese (IFE) im Urin – zur Typisierung monoklonaler Leichtketten
  • Freie Leichtketten (Kappa/Lambda) im Serum und Urin – quantitative Analyse bei Myelomverdacht
  • Serumelektrophorese + IFE im Serum – zur Systemdiagnostik bei Gammopathien
  • α1- und β2-Mikroglobulin im Urin – zur Differenzierung tubulärer Proteinurie
  • Albumin-Kreatinin-Quotient (UACR) – standardisierte Proteinquantifizierung