Kapillarelektrophorese

Die Kapillarelektrophorese (Trennverfahren zur Analyse von Molekülen im elektrischen Feld) ist ein hochauflösendes Trennverfahren zur Analyse von Molekülen nach ihrer Größe, Ladung und Form. Sie stellt eine Weiterentwicklung der klassischen Elektrophorese (Trennverfahren im Gel) dar und wird vorrangig für die Trennung von Proteinen, Nukleinsäuren (Erbsubstanz), Medikamenten und kleinen Molekülen eingesetzt. In der klinischen Labordiagnostik kommt sie insbesondere zur Analyse von Eiweißfraktionen im Serum (Blutflüssigkeit ohne Zellen), Liquor (Nervenwasser) und Urin zum Einsatz.

Das Verfahren

Synonyme

  • CE (Capillary Electrophoresis)
  • Kapillarzonenelektrophorese (CZE)

Benötigtes Material

  • Blutserum (z. B. für Serumelektrophorese)
  • Urin (z. B. für Urin-Elektrophorese)
  • Liquor (z. B. zur Oligoklonale-Banden-Diagnostik)

Vorbereitung des Patienten

  • Keine spezielle Vorbereitung erforderlich
  • Bei Proteinanalytik ggf. nüchterne Blutentnahme empfohlen

Störfaktoren

  • Hämolyse (Zerfall roter Blutkörperchen) – beeinträchtigt die Interpretation durch freies Hämoglobin
  • Lipämie (fetthaltiges Blut) – stört die Detektion
  • Präzipitate (Ausfällungen) oder zu hohe Proteinkonzentration – können die Kapillare blockieren
  • Unsachgemäße Lagerung – kann die Proteinstruktur verändern

Indikationen

  • Diagnostik von Paraproteinämien (krankhafte Eiweißvermehrung, z. B. beim Multiplen Myelom)
  • Differenzierung von Proteinurieformen (Eiweißausscheidung im Urin: glomerulär, tubulär, gemischt)
  • Nachweis oligoklonaler Banden (mehrere spezifische Eiweißbänder) bei Multipler Sklerose
  • Erweiterte Eiweißdiagnostik bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen
  • Hämoglobinanalyse (Blutfarbstoffuntersuchung) zur Differenzierung von Hb-Varianten

Interpretation

Serum-Protein-Elektrophorese (Kapillarverfahren)

  • Albumin – verminderter Anteil z. B. bei Leberzirrhose oder nephrotischem Syndrom (Eiweißverlust über die Niere)
  • α1-Globuline – Erhöhung bei akuter Phase, z. B. bei Entzündungen
  • α2-Globuline – Erhöhung bei nephrotischem Syndrom
  • β-Globuline – Erhöhung z. B. bei Eisenmangelanämie, Fettstoffwechselstörung
  • γ-Globuline – Erhöhung bei chronischen Entzündungen oder monoklonaler Gammopathie (krankhafte Antikörperbildung)

Liquor-Kapillarelektrophorese

  • Oligoklonale Banden – Hinweis auf IgG-Bildung im Gehirn, typisch bei Multipler Sklerose
  • Albuminquotient (QAlb) – Bewertung der Funktion der Blut-Hirn-Schranke

Urin-Kapillarelektrophorese

  • Selektive Albuminurie – typisch bei Nierenschäden
  • α1-Mikroglobulin, β2-Mikroglobulin – bei Schädigung der Nierentubuli
  • Bence-Jones-Proteine (freie Leichtketten) – bei Plasmazellerkrankungen

Vorteile des Verfahrens

  • Hohe Auflösung und Reproduzierbarkeit
  • Automatisierung und Standardisierung
  • Geringe Probenmengen erforderlich
  • Schnelle Analysenzeit (typisch 3-10 Minuten pro Probe)

Grenzen des Verfahrens

  • Nachweis sehr kleiner Mengen erfordert Zusatzmethoden (z. B. Immunfixation)
  • Interpretation benötigt Erfahrung
  • Spezialanwendungen erfordern methodisches Know-how

Weiterführende Diagnostik

Bei auffälligen Ergebnissen der Kapillarelektrophorese kann folgende Zusatzdiagnostik erforderlich sein:

  • Immunfixationselektrophorese – genauere Eiweißuntersuchung bei krankhaften Banden
  • Freie Leichtketten im Serum und Urin – Mengenbestimmung von Antikörper-Bestandteilen
  • Liquor-Serum-Quotienten (IgG, IgA, IgM, Albumin) – zur Beurteilung der Immunlage im Gehirn
  • Spezifische Hämoglobinanalyse – bei Verdacht auf Erbkrankheiten des roten Blutfarbstoffs