Gestagentest

Der Gestagentest ist ein funktioneller Hormontest zur Beurteilung der endometrialen Reaktionsfähigkeit (Reaktionsfähigkeit der Gebärmutterschleimhaut) bei ausbleibender Menstruation (Amenorrhoe). Er dient der Abklärung, ob eine endogene Östrogenproduktion (körpereigene Bildung weiblicher Hormone) vorliegt und ob das Endometrium (Gebärmutterschleimhaut) auf Gestagene (Gelbkörperhormone) mit einer Abbruchblutung reagiert.

Gestagene (Gelbkörperhormone) gehören zur Gruppe der weiblichen Sexualhormone (Geschlechtshormone) und werden physiologischerweise im Corpus luteum (Gelbkörper) nach dem Eisprung gebildet. Der maximale Serumspiegel wird etwa am 5.-8. Tag nach der Ovulation (Eisprung) erreicht. In der Schwangerschaft steigen die Gestagenspiegel deutlich an, insbesondere durch Progesteron aus dem Corpus luteum (Gelbkörper) und später der Plazenta (Mutterkuchen). Progesteron ist essenziell für die Umwandlung des Endometriums (Gebärmutterschleimhaut) in das sekretorische Stadium (Zyklustag 14-28), die Nidation (Einnistung) und die Aufrechterhaltung der Frühgravidität (Frühschwangerschaft).

Synonyme

  • Progesteron-Entzugstest
  • Gestagenentzugstest
  • Abbruchblutungstest

Das Verfahren

  • Vorbereitung des Patienten
    • Durchführung bei sekundärer Amenorrhoe (≥ 3 Monate ohne Menstruation)
    • Schwangerschaft vorab sicher ausschließen (β-hCG-Test)
  • Störfaktoren
    • Vorangegangener Östrogenmangel (unzureichender Aufbau der Gebärmutterschleimhaut)
    • Endometrialatrophie (Verkümmerung der Gebärmutterschleimhaut, z. B. nach Kürettage oder Bestrahlung)
    • Adhäsionen/Synechien (Verwachsungen) – z. B. beim Asherman-Syndrom
  • Methode
    • Orale Gabe eines Gestagens (z. B. Medroxyprogesteronacetat 5-10 mg/d oder Dydrogesteron 10 mg/d)
    • Einnahme über 5–10 Tage
    • Beobachtung auf Abbruchblutung innerhalb von 2-7 Tagen nach Absetzen

 

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Sekundäre Amenorrhoe (Ausbleiben der Monatsblutung) zur orientierenden Abklärung
  • Differenzierung zwischen Östrogenmangel (Hormonmangel) und anatomischen Endometriumveränderungen (Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut)
  • Überprüfung der Reaktivität des Endometriums (Gebärmutterschleimhaut)
  • Bestandteil der hormonellen Funktionsdiagnostik (ggf. in Kombination mit Östrogen-Gestagen-Test)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere Leberfunktionsstörungen (Lebererkrankungen)
  • Aktive oder vorausgegangene Thromboembolien (Blutgerinnsel)
  • Mamma- oder Endometriumkarzinom (Brustkrebs oder Gebärmutterkrebs)
  • Schwere arterielle Hypertonie (starker Bluthochdruck)
  • Unklare vaginale Blutung (ungeklärte Blutungen aus der Scheide)

Interpretation

  • Positiver Test (gestagenpositive Amenorrhoe)
    • Innerhalb von 2-7 Tagen nach Absetzen tritt eine Abbruchblutung auf
    • Hinweis auf ein durch Östrogene (weibliche Hormone) zuvor ausreichend aufgebautes, reaktionsfähiges Endometrium (Gebärmutterschleimhaut)
    • Endogene Östrogenproduktion durch funktionelle Follikelaktivität (Eibläschenreifung) ist vorhanden
    • Anatomische Störungen (z. B. Synechien) weitgehend ausgeschlossen
  • Negativer Test (gestagennegative Amenorrhoe)
    • Keine Blutung nach korrekt durchgeführter Gestagengabe
    • Möglicher Östrogenmangel (Mangel an weiblichen Hormonen) → Endometrium nicht ausreichend proliferiert (aufgebaut)
    • Nächster Schritt: Durchführung eines Östrogen-Gestagen-Tests zur Beurteilung der endometrialen Reaktion nach exogener Hormonstimulation

Weiterführende Diagnostik

  • Östrogen-Gestagen-Test (zur weiteren Differenzierung bei negativem Gestagentest)
  • Hormonstatus: FSH (follikelstimulierendes Hormon), LH (luteinisierendes Hormon), Prolaktin, TSH (Schilddrüsenstimulierendes Hormon), Östradiol
  • Transvaginale Sonographie (Ultraschalluntersuchung durch die Scheide; zur Beurteilung der Gebärmutterschleimhaut)
  • Hysteroskopie (Gebärmutterspiegelung) bei Verdacht auf Synechien (Verwachsungen)
  • MRT (Magnetresonanztomographie) der Hypophyse bei Verdacht auf zentrale Störung (z. B. Prolaktinom)