Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) – Labordiagnostik

Beachte: Bei einer akuten Meningoenzephalitis (Hirnhaut- und Gehirnentzündung) sollten umgehend zwei Sets Blutkulturen entnommen und eine rasche Liquoruntersuchung (Nervenwasseruntersuchung) angestrebt werden. Bei deutlicher Bewusstseinseinschränkung, fokal-neurologischen Defiziten oder neu aufgetretenen epileptischen Anfällen muss eine zerebrale Bildgebung (Darstellung des Gehirns durch Computertomographie oder Magnetresonanztomographie) vor Durchführung der Lumbalpunktion (Rückenmarkspunktion) erfolgen.

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Antikörper gegen FSME-Virus (Abwehrstoffe gegen FSME-Virus): FSME-spezifische Immunglobulin-M- (IgM) und IgG-Antikörper im Serum (ggf. auch aus Liquor (Nervenwasser))
    • IgM: Nachweis meist 2-4 Wochen nach Zeckenstich
    • IgG: Auftreten ca. 1-2 Wochen nach IgM
    • Kontrolle: Wiederholung der IgM- und IgG-Testung nach 1-3 Wochen zur Dokumentation des Anstiegs
    • Sicherung der Diagnose: gleichzeitig signifikanter Nachweis von IgM- und IgG-Antikörpern oder signifikanter IgG-Anstieg in der Verlaufskontrolle
    • Serologie in der Prodromalphase (Frühstadium) meist negativ
  • FSME-RNA-Nachweis im Liquor (Nervenwasser) mittels PCR – v. a. in der Frühphase (Prodromalphase) sinnvoll, wenn noch keine Antikörper oder keine Pleozytose (erhöhte Zellzahl im Nervenwasser) nachweisbar sind
  • Kleines Blutbild (Basisuntersuchung der Blutzellen) – Leukozytose (Erhöhung der weißen Blutkörperchen), Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen)
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein), BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Blutkulturen (Blutuntersuchung auf Bakterien) – obligat bei akuter Meningoenzephalitis

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Borrelien-Serologie (Antikörpertest auf Borreliose) – Abgrenzung zur Neuroborreliose (neurologische Erkrankung, die durch eine Lyme-Borreliose verursacht wird, wenn die Bakterien das Nervensystem befallen)
  • Liquorpunktion (Entnahme von Nervenwasser) zur Liquordiagnostik
    • Nahezu alle Patienten: Pleozytose (erhöhte Zellzahl im Nervenwasser), extrem selten normale Zellzahl
    • Akute Krankheitsphase: in ca. 50 % IgM-Synthese, gelegentlich IgA- und IgG-Synthese
    • Ab ca. 15 Tagen: Liquor/Serum-Antikörper-Index für FSME bei fast allen Patienten erhöht
  • Impfstatus – Kontrolle des Impftiters
  • Tumorassoziierte Ursachen:
    • Lymphome (bösartige Erkrankung der Lymphzellen) – atypische ZNS-Lymphome können eine meningoenzephalitische Symptomatik imitieren
      • Kleines Blutbild – Anämie (Blutarmut), Leukopenie (Verminderung weißer Blutkörperchen), Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen)
      • LDH (Laktatdehydrogenase) [↑]
      • β2-Mikroglobulin [↑]
      • Liquorzytologie (mikroskopische Untersuchung des Nervenwassers) – Nachweis maligner Lymphomzellen
    • Paraneoplastische Syndrome (nervliche Begleitsyndrome bei Tumorerkrankungen) – z. B. paraneoplastische limbische Enzephalitis oder meningoenzephalitisartige Syndrome
      • Paraneoplastische Antikörper im Serum (Blut) und Liquor (Nervenwasser) (z. B. Hu, Yo, Ri, Ma2/Ta, CV2/CRMP5, Amphiphysin)
      • Tumorsuche (z. B. Hodenkarzinom, kleinzelliges Bronchialkarzinom (Lungenkrebs), Mammakarzinom (Brustkrebs)) in Bildgebung ergänzend notwendig

Impfung und Impftiter

Impfung Laborparameter Wert Bewertung
FSME FSME-IgG-ELISA > 18,0 Ausreichender Impfschutz anzunehmen

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). (AWMF-Registernummer: 030-035), Januar 2020 Langfassung