Cholera – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Beschreibung des Erregers

  • Erreger: Vibrio cholerae ist ein gramnegatives, kommaförmiges Bakterium, das sich mit einem polaren Flagellum (Geißel) aktiv fortbewegen kann.
  • Serotypen: Nur die Serogruppen O1 und O139 verursachen schwere Cholera-Epidemien. Innerhalb der Serogruppe O1 gibt es zwei Biotypen: Classical und El Tor.
  • Pathogenität: Die Virulenz (Infektionskraft) wird durch das Choleratoxin (CT) vermittelt, das die Hauptursache der charakteristischen Durchfallsymptome darstellt.

Epidemiologie und Übertragungsweg

  • Verbreitung: Cholera tritt gehäuft in Regionen mit schlechter Trinkwasserversorgung und unzureichender Abwasserentsorgung auf, insbesondere in Teilen von Afrika, Südasien und Südamerika.
  • Übertragungsweg: Fäkal-orale Übertragung – insbesondere durch den Verzehr von kontaminiertem Wasser und Lebensmitteln. Häufig ist auch der direkte Kontakt mit infektiösen Fäkalien.
  • Infektiosität: Die Infektiosität (Ansteckungsfähigkeit) von Vibrio cholerae ist relativ gering, da die meisten Bakterien durch die Magensäure abgetötet werden. Ein höheres Infektionsrisiko besteht bei Menschen mit reduzierter Magensäureproduktion (Hypochlorhydrie).

Eintrittspforte des Erregers

  • Haupteintrittspforte: Verdauungstrakt (über den Verzehr kontaminierter Lebensmittel oder Wasser).
  • Nebeneintrittspforten: Keine bedeutenden Nebeneintrittspforten bekannt.

Pathogenese des Erregers

  • Initiale Vermehrung und Ansiedlung:
    • Überwindet der Erreger den Magen, so heftet er sich mithilfe von Adhäsinen an die Enterozyten (Saumzellen) des Dünndarms an.
    • Er bleibt jedoch meistens an der Mukosa (Schleimhaut) und dringt nicht in tiefere Schichten des Gewebes ein.
  • Toxinproduktion:
    • Vibrio cholerae produziert das Choleratoxin (CT), welches die Adenylatzyklase in den Enterozyten aktiviert.
    • Diese Aktivierung führt zu einer Erhöhung des intrazellulären cAMP-Spiegels, was eine massive Sekretion von Wasser, Natrium- und Chlorid-Ionen in das Darmlumen bewirkt.
  • Ausbreitungsmechanismus:
  • Das Toxin wirkt lokal im Darmtrakt und bewirkt keine systemische Ausbreitung des Erregers.

Wirtsreaktion

  • Lokale Immunantwort: Es kommt zu einer Aktivierung der lokalen Immunzellen (Makrophagen, neutrophile Granulozyten; spezielle weiße Blutkörperchen) und einer entzündlichen Reaktion in der Darmschleimhaut.
  • Systemische Immunantwort: Das Toxin induziert eine vermehrte Produktion von Antikörpern gegen Vibrio cholerae, insbesondere gegen das Choleratoxin.
  • Anpassungsmechanismen des Erregers: Vibrio cholerae hat mehrere Virulenzfaktoren (z. B. Toxin-coregulated pilus, TCP), die eine Adhäsion an die Darmwand und die Umgehung der Mukosaabwehr ermöglichen.

Organaffinität und Gewebeschäden

  • Bevorzugte Zielorgane: Dünndarmepithel (Enterozyten; Darmzellen), an denen sich das Bakterium anheftet und das Toxin freisetzt.
  • Resultierende Gewebeschäden: Keine direkten Gewebeschäden durch die Bakterien selbst. Der Hauptschaden wird durch das Choleratoxin verursacht, welches die Ionensekretion und die Barrierefunktion der Darmzellen verändert.

Klinische Manifestation

  • Symptomatologie: Plötzlicher Beginn von wässrigem, „reiswasserähnlichem“ Durchfall, oft begleitet von Übelkeit und Erbrechen.
  • Komplikationen: Massive Dehydratation (Austrocknung), Hypokaliämie (Kaliumverlust), metabolische Azidose (stoffwechselbedingte Übersäuerung) und hypovolämischer Schock (Schockzustand durch vermindertes Blutvolumen).
  • Verläufe und Schweregrade: Von milden Durchfällen bis zu schweren, lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen.

Prognosefaktoren

  • Wirtsfaktoren: Alter (Säuglinge und ältere Menschen sind besonders gefährdet), Begleiterkrankungen wie Hypochlorhydrie (verminderte Magensäureproduktion), Ernährungsmangelzustände.
  • Erregerfaktoren: Virulenz der infizierenden Vibrio cholerae-Stämme (Serotyp und Toxingen).

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Cholera ist eine akute Durchfallerkrankung, die unbehandelt in wenigen Stunden tödlich verlaufen kann. Die Pathogenese wird maßgeblich durch die Wirkung des Choleratoxins bestimmt, das über die Aktivierung von Adenylatzyklase zur massiven Wasser- und Elektrolytsekretion führt.

Eine frühzeitige Rehydrationstherapie (Flüssigkeitszufuhr) ist die wichtigste lebensrettende Maßnahme. In Hochrisikogebieten sind Präventionsmaßnahmen wie Zugang zu sauberem Trinkwasser und Impfprogramme von großer Bedeutung.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Sozioökonomische Faktoren – niedrige soziale Schichten mit eingeschränkten hygienischen Bedingungen

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung ‒ Genuss von rohen, kontaminationsverdächtigen Speisen und Getränken in Endemiegebieten

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Mangelernährung (Malnutrition)

Daneben beeinflussen Grunderkrankungen aller Art das Ausmaß und den Ausgang der Infektion.