Sick-Sinus-Syndrom – Einleitung

Das Sick-Sinus-Syndrom (SSS) – umgangssprachlich als Sinusknotensyndrom bezeichnet – ist eine Herzrhythmusstörung, die durch eine Fehlfunktion des Sinusknotens verursacht wird. Dieser ist der natürliche Schrittmacher des Herzens und reguliert die Herzfrequenz. Beim SSS kommt es zu einer gestörten Reizbildung, die zu einer Kombination aus langsamen (bradykarden) und schnellen (tachykarden) Herzrhythmen führen kann.

Synonyme und ICD-10: Bradykardie-Tachykardie-Syndrom; Charcot-Weiss-Baker-Syndrom; Sinusknotenerkrankung; ICD-10-GM I49.5: Sick-Sinus-Syndrom

Formen der Erkrankung

Unter dem Sick-Sinus-Syndrom werden verschiedene Funktionsstörungen des Sinusknotens zusammengefasst:

  • Sinusbradykardie: Herzfrequenz < 60 Schläge pro Minute [1]
  • Intermittierender SA-Block (sinuatrialer Block) oder Sinusarrest: Vorübergehender Stillstand des Sinusknotens [1]
  • Bradykardie-Tachykardie-Syndrom: Wechsel zwischen langsamen und schnellen Herzschlägen (bradykard < 60 Schläge/min, tachykard > 100 Schläge/min) [2, 3]; oft verbunden mit chronotroper Inkompetenz (unzureichender Anstieg der Herzfrequenz bei Belastung)

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Das SSS tritt hauptsächlich ab dem 50. Lebensjahr auf. Bei Kindern kann es nach operativen Eingriffen am rechten Vorhof im Rahmen von angeborenen Herzfehlern auftreten.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz des Sick-Sinus-Syndroms nimmt mit dem Alter zu. Schätzungen zufolge sind etwa 0,03-0,05 % der Bevölkerung von dieser Erkrankung betroffen. Bei älteren Personen über 65 Jahre steigt die Prävalenz auf etwa 0,2-0,4 %.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenzrate des Sick-Sinus-Syndroms variiert stark, liegt aber in den meisten Studien bei 0,02-0,2 % pro Jahr in der allgemeinen Bevölkerung. Ältere Menschen sind signifikant häufiger betroffen.

Altersabhängigkeit: Die Inzidenz des SSS steigt signifikant mit dem Alter, was darauf hinweist, dass degenerative Veränderungen des Sinusknotens eine Rolle bei der Entwicklung der Erkrankung spielen.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Das SSS kann chronisch verlaufen, mit phasenweise auftretenden Symptomen wie Schwindel (Vertigo) und kurzzeitige Bewusstlosigkeiten (Synkopen) aufgrund von symptomatischen Bradykardien (Herzschlag < 60/Minute).

Prognose

  • Bei einem chronischen Sick-Sinus-Syndrom mit symptomatischen Bradykardien ist häufig die Implantation eines Herzschrittmachers erforderlich. Ca. 29 % aller Herzschrittmacher-Implantationen werden aufgrund eines Sick-Sinus-Syndroms durchgeführt.

Komorbiditäten

Typische Begleiterkrankungen sind:

  • Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
  • Diabetes mellitus
  • Herzinsuffizienz (Herzschwäche)
  • Koronare Herzkrankheit (KHK; Herzkranzgefäßerkrankung)

Literatur

  1. Ferrer M: Sick sinus syndrome in atrial disease. JAMA 1968; 206:645-646
  2. Kaplan BM, Langendorf R, Lev M, Pick A: Tachycardia-bradycardia syndrome (so-called "sick sinus syndrome"). Am J Cardiol 1973; 31:497-508 doi: http://dx.doi.org/10.1016/0002-9149(73)90302-0
  3. Alpert MA, Flaker GC: Arrhythmias associated with sinus node dysfunction. JAMA 1983; 250:2160-2166

Leitlinien

  1. Link M: 2018 ‘Guideline on Evaluation and Management of Patients with Bradycardia and Conduction Delay’ – What You Need to Know. Clinical Heart and Vascular Center November 2018
  2. S2k-Leitlinie: Bradykarde Herzrhythmusstörungen im Kindes- und Jugendalter sowie bei jungen Erwachsenen mit einem angeborenen Herzfehler (EMAH). (AWMF-Registernummer: 023 - 023), April 2019 Langfassung
  3. European Society of Cardiology: 2021 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. ESC Clinical Practice Guidelines August 2021