Kardiogener Schock – Einleitung

Der kardiogene Schock (CS) ist eine Form des Schocks, die durch ein Pumpversagen des Herzens ausgelöst wird. Dabei ist das Herz nicht mehr in der Lage, das benötigte Herzzeitvolumen (HZV) zur Aufrechterhaltung einer adäquaten Gewebeperfusion bereitzustellen. Hämodynamisch wird ein kardiogener Schock definiert als ein anhaltender systolischer Blutdruck < 80 mmHg oder als arterieller Mitteldruck < 60 mmHg.

Synonyme und ICD-10: kardialer Schock; kardiorespiratorischer Kollaps; kardiovaskulärer Schock; ICD-10-GM R57.0: Kardiogener Schock

Formen des kardiogenen Schocks

  • Infarktbedingter kardiogener Schock (IkS)
    • Diese Form tritt am häufigsten auf und ist eine direkte Folge eines akuten Myokardinfarkts (Herzinfarkt). Sie entsteht durch die massive Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens aufgrund von Ischämie und Nekrose des Myokards.
    • Weitere Einteilungen
      • Linksventrikulärer Schock: Bedingt durch eine schwere Linksherzinsuffizienz (Linksherzschwäche), bei der das linke Herz nicht mehr in der Lage ist, das Blut ausreichend in den systemischen Kreislauf zu pumpen.
      • Rechtsventrikulärer Schock: Seltener als der linksventrikuläre Schock und tritt bei Ischämien (Minderdurchblutung) des rechten Ventrikels (Herzkammer) auf, wodurch die Pumpleistung in den Lungenkreislauf beeinträchtigt wird.
  • Mechanischer kardiogener Schock
    • Verursacht durch mechanische Komplikationen eines Myokardinfarkts oder anderer kardiovaskulärer Erkrankungen.
    • Beispiele:
      • Ventrikelseptumruptur: Ein Riss im Septum (Scheidewand) zwischen den Ventrikeln, der zu einem starken Blutfluss zwischen den Kammern führt und die Effizienz des Herzzeitvolumens erheblich reduziert.
      • Papillarmuskelruptur: Führt zu einer akuten Mitralinsuffizienz (Mitralklappenschwäche), wodurch das Blut in den linken Vorhof zurückfließt und das Herzzeitvolumen drastisch abnimmt.
      • Freie Wandruptur: Eine Ruptur der Herzwand, die zu einer Herzbeuteltamponade (Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel) und einem abrupten Verlust der Pumpfunktion führt.
  • Arrhythmiebedingter kardiogener Schock
    • Diese Form wird durch schwere Herzrhythmusstörungen verursacht, die die Pumpleistung des Herzens erheblich beeinträchtigen können.
    • Beispiele:
      • Ventrikuläre Tachykardie (schnelle Rhythmusstörungen aus den Ventrikeln/Herzkammern) oder Kammerflimmern: Führen zu einer unkoordinierten Kontraktion der Herzkammern und damit zu einer unzureichenden Auswurfleistung.
      • Bradykardie: Eine stark reduzierte Herzfrequenz, die das Herzzeitvolumen nicht ausreichend aufrechterhalten kann.
  • Obstruktiver kardiogener Schock
    • Tritt auf, wenn eine physische Blockade den Blutfluss durch das Herz verhindert.
    • Beispiele:
      • Lungenembolie: Führt zu einer Blockierung des Blutflusses durch die Lungenarterien, was die rechte Herzkammer überlastet und zu einem Schockzustand führen kann.
      • Herztamponade: Eine übermäßige Flüssigkeitsansammlung im Perikardraum, die die Füllung und Kontraktion des Herzens behindert.

Ursachen

Die häufigsten Auslöser eines kardiogenen Schocks (CS) bei Myokardinfarkt (MI; Herzinfarkt), auch bekannt als infarktbedingter kardiogener Schock (IkS), sind [4]:

  • Linksherzinsuffizienz (unzureichende Pumpleistung des linken Herzens): 78,5 %
  • Mitralinsuffizienz (Schlussunfähigkeit der Mitralklappe zwischen dem linken Vorhof und dem linken Ventrikel): 6,9 %
  • Ventrikelseptumruptur (Herzkammerscheidewandriss; schwerwiegende Komplikation des akuten Myokardinfarkts): 3,9 %
  • Rechtsherzinsuffizienz (unzureichende Pumpleistung des rechten Herzens): 2,8 %
  • Herztamponade (Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel): 1,4 %
  • Andere Ursachen: 6,7 % 

Bei einem Myokardinfarkt sollte die Diagnose "infarktbedingter kardiogener Schock" auf Basis klinischer Symptome und nichtinvasiver hämodynamischer Messungen gestellt werden.

Epidemiologie

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Bei einem Myokardinfarkt (MI) tritt in etwa 10 % der Fälle ein kardiogener Schock (CS) auf [3].

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): 5-10 % aller Herzinfarkt-Patienten entwickeln akut oder innerhalb der ersten Tage einen kardiogenen Schock [1].

Letalität (Sterblichkeit)

  • Historisch (1975-2005): 50-80 % der Patienten mit kardiogenem Schock verstarben [1].
  • Aktuell bei Patienten mit akutem ST-Strecken-Hebungs-Infarkt (STEMI): Die Letalität liegt bei 10 % [2].
  • Bei Myokardinfarkt (MI) mit kardiogenem Schock (CS): Die Letalität beträgt weiterhin ca. 50 % [3].

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Der Verlauf eines kardiogenen Schocks hängt maßgeblich von der Ursache und dem Zeitpunkt der Intervention ab.
  • Bei einem infarktbedingten kardiogenen Schock ist eine schnelle Revaskularisierung (Maßnahme zur Wiederherstellung oder Verbesserung der Durchblutung eines Gewebes) entscheidend für den Verlauf.

Prognose

  • Die Prognose des kardiogenen Schocks bleibt trotz Fortschritten in der Therapie ernst.
  • Bei akutem STEMI konnte die Letalität in den letzten Jahrzehnten signifikant gesenkt werden, und sie liegt bei ins Krankenhaus eingelieferten Patienten heute bei etwa 10 % [2].
  • Eine frühzeitige Intervention verbessert die Überlebenschancen erheblich, doch bei schweren Fällen, insbesondere bei einer späten Diagnose, ist die Prognose nach wie vor schlecht.
  • Bei einem Myokardinfarkt (MI) mit kardiogenem Schock bleibt die Letalität (Sterblichkeit) jedoch mit ca. 50 % weiterhin hoch [3].

Literatur

  1. Goldberg RJ et al.: Thirty-year trends (1975 to 2005) in the magnitude of, management of, and hospital death rates associated with cardiogenic shock in patients with acute myocardial infarction: a population-based perspective. Circulation. 2009 Mar 10;119(9):1211-9. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.108.814947. Epub 2009 Feb 23.
  2. Nabel EG, Braunwald E: A tale of coronary artery disease and myocardial infarction. N Engl J Med 2012 Jan 5;366(1):54-63. doi: 10.1056/NEJMra1112570.
  3. Thiele H et al.: Intra-aortic balloon counter-pulsation in acute myocardial infarction complicated by cardiogenic shock (IABP-SHOCK II): final 12 month results of a randomised, open-label trial. Lancet 2013 Nov 16;382(9905):1638-45. doi: 10.1016/S0140-6736(13)61783-3. Epub 2013 Sep 3.
  4. Hochman JS et al.: Cardiogenic shock complicating acute myocardial infarction–etiologies, management and outcome: a report from the SHOCK Trial Registry. Should we emergently revascularize occluded coronaries for cardiogenic shock. J Am Coll Cardiol 2000 Sep;36(3 Suppl A):1063-70.

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Infarkt-bedingter kardiogener Schock – Diagnose, Monitoring und Therapie. (AWMF-Registernummer 019-013) Februar 2019 Kurzfassung Langfassung