Sichelzellenkrankheit (Sichelzellenanämie) – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild – mikrozytäre (kleine) hypochrome (blasse) Anämie (Blutarmut); Retikulozyten (unreife rote Blutkörperchen) ↑ (kompensatorisch)
  • Differentialblutbild – Nachweis von Zielscheibenzellen (Target Cells), Erythroblasten (Vorstufen roter Blutkörperchen), polychromatischen Erythrozyten (unreif gefärbte rote Blutkörperchen)
  • Blutausstrich – Sichelzellen (verformte rote Blutkörperchen), Poikilozytose (unterschiedliche Zellformen), Anisozytose (unterschiedliche Zellgrößen)
  • Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Nitrit, Eiweiß, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm – Empfindlichkeitsprüfung von Bakterien gegenüber Antibiotika) – bei Verdacht auf Hämaturie (Blut im Urin), Proteinurie (Eiweiß im Urin), Harnwegsinfekt (Blasenentzündung)
  • Hb-Elektrophorese – Nachweis von Sichelzell-Hämoglobin (HbS) [HbS > 50 % bei homozygoten Formen]
    • Beachte: Bei HbS-Trägerschaft liegt der HbS-Anteil zwischen 35-45 %.
    • Ist der HbS-Anteil < 35 %, kann ein Eisenmangel oder eine α-Thalassämie (erblich bedingte Blutbildungsstörung) vorliegen.
    • Im subsaharischen Raum besteht bei etwa 30 % der Bevölkerung eine genetisch und klinisch meist irrelevante hetero- oder homozygote α-Thalassämie, die zu einer Mikrozytose (mittleres Erythrozytenvolumen (MCV) < 80 fl) ohne Anämie führt.
  • Hb-Löslichkeitstest – zur Abgrenzung von HbS gegenüber nicht sichelnden pathologischen Hämoglobinen (abweichenden Blutfarbstoffen) mit identischen elektrophoretischen oder chromatographischen Eigenschaften
  • Leberparameter – Alanin-Aminotransferase (ALT, GPT), Aspartat-Aminotransferase (AST, GOT), Glutamat-Dehydrogenase (GLDH), Gamma-Glutamyl-Transferase (Gamma-GT, GGT), alkalische Phosphatase, Bilirubin (Gallenfarbstoff) [indirektes Bilirubin ↑ bei Hämolyse (Zerfall roter Blutkörperchen)]
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance – zur Beurteilung hämolytisch-renaler Komplikationen (Nierenbeteiligung durch Blutzerfall) oder nephropathischer Veränderungen (Nierenschäden)

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese (Krankengeschichte), der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Molekulargenetische Untersuchung – DNA-Analyse des β-Globin-Gens (HBB-Gen, Chromosom 11) zur Bestätigung und Differenzierung von HbS-, HbC-, HbD-, HbE- und Thalassämie-Mutationen (Veränderungen des Erbguts)
  • Familienuntersuchung (Screening) – zur Identifikation von HbS-Trägern (heterozygot, mit nur einem veränderten Gen) im Rahmen genetischer Beratung und Familienplanung
  • Neugeborenenscreening – in Ländern mit hoher Prävalenz (z. B. USA, Großbritannien, Frankreich) Bestandteil des nationalen Screenings; in Deutschland derzeit kein Bestandteil des Neugeborenenscreenings (Stand 2025)

Zusatzuntersuchungen bei Sichelzellkrisen

  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein), BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
  • Haptoglobin [↓] – Zeichen der Hämolyse (Blutzerfall)
  • Laktatdehydrogenase (LDH) [↑] – Hämolysemarker (Hinweis auf Blutzerfall)
  • Retikulozyten [↑] – gesteigerte Erythropoese (vermehrte Bildung roter Blutkörperchen)
  • Bilirubin [↑] – indirekte Hyperbilirubinämie (Erhöhung des Gallenfarbstoffs) infolge Hämolyse